Bundesliga:Das Ende der Rotation belebt den FC Bayern

Lesezeit: 3 min

Bayern-Trainer Niko Kovac. (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Der FC Bayern gewinnt in der Bundesliga 3:0 gegen den 1. FC Nürnberg.
  • Trainer Niko Kovac hat die Rotation der Münchner gestoppt. Das erklärt einerseits den Aufschwung der Bayern - erzeugt aber auch Verlierer.
  • Hier geht es zur Tabelle der Bundesliga.

Aus dem Stadion von Maik Rosner, München

Arm in Arm aufgereiht hatten sich die Spieler des FC Bayern vor der Südtribüne, dann begannen sie, gemeinsam im Takt der Fans zu hüpfen. "Super-Bayern", das war das Lied, das sie hörten. Es war einer jener Momente, die das Publikum so ähnlich schon oft erlebt hat in der Münchner Arena. Doch diesmal kam die ausgelassene Szenerie durchaus ungewohnt daher - genau wie die Tabelle der Bundesliga. Dort steht der FC Bayern mal wieder auf Platz zwei, zumindest vorübergehend.

Genau genommen begleiteten das 3:0 (2:0) gegen den 1. FC Nürnberg mehrere Ausnahmen von den Regeln, die zuletzt für die Münchner zu gelten schienen (mal abgesehen von jener, dass der Borussia Dortmund weiterhin neun Punkte vor den Münchner liegt). Erstmals seit dem 3:1 gegen Bayer Leverkusen am 15. September hatten die Bayern wieder ein Ligaheimspiel gewonnen, also nach fast drei Monaten Wartezeit. Erstmals seit dem 2:0-Sieg beim FC Schalke 04 am 22. September hatten sie zudem kein Gegentor in einem Bundesligaspiel hinnehmen müssen, also seit zweieinhalb Monaten oder neun Spielen.

Und vor allem: Diesmal hatte Trainer Niko Kovac exakt dieselbe Elf aufgeboten, die vor einer Woche 2:1 bei Werder Bremen gewonnen hatte. Das stellte ebenfalls eine Ausnahme von der lange praktizierten Rotations-Regel dar. "Ich sehe, dass die Mannschaft immer mehr Strukturen hat, immer mehr Abläufe verinnerlicht", sagte Kovac nun, vier Tage vor dem Spiel in der Champions League bei Ajax Amsterdam, in dem der Gruppensieger ermittelt wird.

Erst weniger Rotation, nun gar keine Rotation: Kovac, 47, entschied sich für die naheliegende Deutung, dass diese Maßnahmen beigetragen haben zum Aufschwung der Münchner - mit drei Siegen in Serie nach den vorangegangenen Krisenwochen. Zumal seine Stammelf diesmal keinen Zweifel am souveränen Sieg gelassen hatte.

"Die Mannschaft hat sich gefunden", sagt Sportdirektor Salihamidzic

Den 2:0-Vorsprung nach nicht einmal einer halben Stunde durch die Tore von Robert Lewandowski (9./27.) überführten die Münchner trotz des gedimmten Tempos in der zweiten Halbzeit in einen völlig ungefährdeten Erfolg. Franck Ribéry sorgte bald nach dem Seitenwechsel für den Endstand (56.), der mit etwas mehr Konsequenz, Gier und Glück bei Joshua Kimmichs Schlenzer ans Lattenkreuz (90.) durchaus doppelt so hoch hätte ausfallen können. Dennoch, ohne großen Widerspruch befürchten zu müssen, konnte Lewandowski bilanzieren: "Wir haben wieder unseren Rhythmus." Man sei defensiv stärker geworden und in der Offensive kreativer. Kurzum: "Der Automatismus kommt wieder." Dann verabschiedete er sich zufrieden in die interne Weihnachtsfeier der Bayern. Ebenso wie der Sportdirektor Hasan Salihamidzic, der befand: "Die Mannschaft hat sich gefunden."

Tatsächlich hatten die Münchner nicht nur deutlich stabiler gewirkt als noch vor 14 Tagen beim 3:3 gegen den anderen Aufsteiger Fortuna Düsseldorf und bei den vorherigen Enttäuschungen vor eigenem Publikum gegen Augsburg (1:1), Mönchengladbach (0:3) und Freiburg (1:1). Auch der Kombinationsfluss geriet nun schwungvoller, Fehlpässe und Missverständnisse nahmen ab, die Spielfreude kehrte zurück - all das besonders in der ersten Halbzeit.

"Insgesamt sieht's ganz gut aus", sagte Thomas Müller, "wir hatten auch Spaß miteinander." Für die hoffnungslos unterlegenen Nürnberger galt das weniger, aber zumindest ihre Einordnungen fielen ähnlich aus. "Das bringt einen schon auf den Boden der Tatsachen", sagte Sebastian Kerk über die geschlossene Leistung der Bayern, "Respekt, was die auf den Platz bringen. Das ist schon erste Sahne." Sein Kollege Robert Bauer befand gar über die Münchner: "Die Abstimmung bei denen ist perfekt."

Wie werden Hummels und Martínez mit der neuen Situation umgehen?

Offen bleibt vorerst allerdings, wie viel der Klassenunterschied zwischen den Münchnern und Nürnbergern beigetragen hatte zum weitgehend überzeugenden Eindruck und ob die verbesserte Zusammenarbeit gegen stärkere Gegner ähnlich erfolgreich greift. Und ebenso muss abgewartet werden, wie lange der Rotationsstopp Bestand haben und wie das Bankpersonal damit umgehen wird.

Glücklich sah etwa Mats Hummels nach 90 Minuten unfreiwilliger Dienstbefreiung nicht aus, als er als einer der ersten aus dem Kabinentrakt trat. Ebenso wie die anderen Verlierer des Rotationsstopps, Javi Martínez und Renato Sanches, die ebenfalls nicht zum Einsatz gekommen waren. Zumindest die eingewechselten Kingsley Coman und Thiago Alcántara dürfen hoffen, sich bald einen Platz in der ersten Elf zu erkämpfen, vielleicht auch der noch wegen Oberschenkelbeschwerden fehlende Arjen Robben. In der Rückrunde werden zudem die Langzeitverletzten James Rodríguez und Corentin Tolisso Ansprüche auf einen Stammplatz erheben.

Und womöglich wird die aktuelle Belegschaft für die Rückrunde ja doch nicht nur um das bereits verpflichtete Außenstürmer-Talent Alphonso Davies, 18, ergänzt. Salihamidzic ließ jedenfalls anklingen, sich um Zugänge zu bemühen. Er sagte aber zugleich zum Rotationsstopp des Trainers: "Ich unterstütze das." Vermutlich zumindest so lang Erfolge wieder zur Regel werden.

© SZ vom 09.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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