Nübel beim FC Bayern:Das deutsche Fußball-Pendant zu Prince Charles

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Hart gelandet: Torwart Alexander Nübel kommt beim FC Bayern kaum zum Einsatz. (Foto: ActionPictures/Imago)

Als zweiter Mann hinter Manuel Neuer kommt Alexander Nübel beim FC Bayern fast gar nicht zum Einsatz. Das hätte der Thronanwärter aber auch früher wissen können.

Kommentar von Philipp Selldorf

In aller Welt haben deutsche Torhüter ein Ansehen wie deutsche Autos: Sie werden als Markenprodukt mit Qualitätssiegel geschätzt. Nun hat ein führender Experte vor Gefahren für den Industriestandort Deutschland gewarnt. Andreas Köpke, Torwarttrainer der Nationalmannschaft, sieht "Probleme nach der Generation Neuer/ter Stegen" heraufziehen. Vielversprechende Nachwuchsleute bekämen zu wenig Spielpraxis, klagte Köpke und nannte dabei die Namen Lennart Grill (Leverkusen) und Alexander Nübel (FC Bayern).

Während der 22-jährige Grill aktuell zumindest als Ersatzmann des verletzten Hradecky Verwendung findet, ist Nübel gerade erst aus einer Pause zurückgekehrt. Dass er seit Ende Januar verletzt gefehlt hatte, ist aber nur den Insidern aufgefallen. Beim FC Bayern hat er sich bisher lediglich im Trainingsbetrieb bewähren dürfen, dort soll er, so erzählen Augenzeugen, einen geradezu fabelhaften Eindruck hinterlassen. Auch die Zusammenarbeit mit Manuel Neuer ist angeblich ganz hervorragend und ungeheuer harmonisch - was aber Neuer nicht dazu veranlasst, dem lieben Kollegen hin und wieder ein Spiel zu überlassen.

Statt der zugesagten zehn Spiele wurden es für Nübel bisher zwei

Dass Neuer in jedem Spiel spielen möchte, das war schon immer so und wird womöglich 2026 noch so sein, wenn er als 40-Jähriger zur WM in die USA reist und der Kronprinz Marc-André ter Stegen, 34, sich noch mehr als heute wie Prince Charles vorkommt: Als Thronanwärter, der den Thron sehen, aber nicht auf ihm sitzen darf.

Nübel hat gewusst, dass es kein Vorbeikommen am einzigartigen Neuer gibt, als er einem weiteren Engagement als Stammkeeper bei Schalke 04 - damals noch Eurocup-Anwärter - den Vertrag als Nummer Zwei beim FC Bayern vorzog. Aber er hat sich auf die Zusage verlassen, dass er in München mehr sein werde als der stille Reservemann. Die Bayern hatten ihm Einsätze versprochen, doch das Versprechen haben sie nicht gehalten. Statt der zugesagten zehn Spiele sind es bisher zwei, eines davon im DFB-Pokal gegen Düren.

Verstehen sich angeblich prima, die Münchner Torleute Alexander Nübel und Manuel Neuer. Das verhilft Nübel aber auch nicht zu Einsätzen. (Foto: Philippe Ruiz/Imago)

Am Ende ist Nübel natürlich selbst schuld, dass er sich auf dieses Märchen eingelassen hat, und den Bayern ist insofern kein Vorwurf zu machen, da sie lediglich ihre eigenen Interessen realisiert haben: Ablösefrei haben sie sich einen überall begehrten Spieler gesichert. Dass damit dem interessantesten deutschen Torwarttalent ein bis zwei wichtige Entwicklungsjahre verlorengegangen sind, ist für sie zweitrangig. Nübel strebt jetzt offenbar für nächste Saison eine Ausleihe an. Er will spielen. Köpke wird das begrüßen.

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