FC Bayern München:Zwei Schüsseln für die Balkon-Feier

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Gemischtes Doppel: Manuel Neuer und Lina Magull, Spielführerin der Bayern-Frauen, präsentieren auf dem Münchner Rathaus-Balkon die Meisterschalen - die Fußballerinnen des FCB feiern den insgesamt fünften Bundesliga-Titel, für die Männer ist es der elfte in Serie. (Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

Die Frauen zeigen den Männern beim FC Bayern, wie es geht: Nach einem 11:1 gegen Absteiger Potsdam ist die Elf von Alexander Straus zum fünften Mal Meister - nach einer souveränen Saison.

Von Christoph Leischwitz, München

Das Campus-Stadion des FC Bayern liegt von Köln aus gesehen ideal, um auf dem Weg zum Marienplatz gleich noch eine Schale einzupacken, eine, die der Meisterschale für die Männer ähnlich sieht, allerdings eher wie eine Radkappe aussieht als wie eine Salatschüssel. Sie funkelte in der Sonne, als Kapitänin Lina Magull sie in die Höhe reckte, die Männer hatten ein Spalier geformt hin zur Bühne, sie hatten auch ihre Schale mitgebracht und zuvor auf der Haupttribüne kleine, weiße Fähnchen geschwenkt, auf denen "grow together" stand. So stellt man sich das in München vor, wie Dinge zusammenwachsen: zwei Schalen in einem Stadion, zwei Meistertitel an einem Wochenende.

Die Stimmung nach dem gnadenlos souveränen 11:1 der Frauen gegen Turbine Potsdam war zwar nicht 11:1-like, dafür war dieser Sieg zu erwartbar, der nötig war, um Verfolger Wolfsburg auf Distanz zu halten. Doch sie schien die Stimmung im Verein zu heben. Während man bei den Männern das Gefühl hatte, dass sie mit und trotz ihrer Schale irgendwie auch im Salat sitzen, rollte die Bundesliga-Saison der Frauen beständig dahin. Sie gewannen alle Heimspiele, zuletzt blieb die Mannschaft 16 Ligaspiele in Serie ungeschlagen. "Ich bin sehr glücklich und auch ein bisschen erleichtert", sagte Trainer Alexander Straus nach dem Spiel - für den 47-jährigen Norweger war es das erste Jahr in München, doch er sagte prompt schon einige Bayern-typische Sätze: "Wir werden nächstes Jahr besser sein. Und wir würden das hier gerne wiederholen."

Zu Beginn hatte es so gewirkt, als würden die Männer am Sonntagmittag den Frauen die Show stehlen. Gerade als die Spielerinnen zum letzten Saisonspiel aufs Feld kamen, traf der Meister-Tross aus Köln ein, inklusive dem verbliebenen Chef-Tross um Präsident Herbert Hainer. Sie nahmen gerade Platz, als unten auf dem Rasen Laura Benkarth, Ivana Rudelić, Saki Kumagai und Emelyne Laurent verabschiedet wurden - Letzteres interessierte die zahlreichen Fotografen und die Zuschauer nicht.

Die Japanerin Kumagai war mit den Worten verabschiedet worden, dass sie eine Abwehrstütze gewesen sei, aber durchaus auch torgefährlich. Passenderweise erzielte ausgerechnet sie nach vier Minuten die Führung und nahm den letzten Rest Spannung aus der Meisterfrage. Tatsächlich war die 32-Jährige ein wichtiger Faktor in der Mannschaft des neuen Trainers Straus: ganze acht Gegentore hat die Mannschaft in 22 Ligaspielen kassiert. Nach den vielen Toren zollten die Männer aber Respekt, klatschten artig, während die Frauen tanzend von Tribüne zu Tribüne zogen, Leroy Sané und einige andere schossen noch Fußbälle ins Publikum.

Die nun zu Ende gegangene Bundesliga-Saison nach der medial so erfolgreichen Fußball-EM im vergangenen Sommer war ein Riesenschritt in Richtung Professionalisierung des Frauenfußballs in Deutschland - vor allem für den FC Bayern. Mit zwei Champions-League-Spielen in der Allianz Arena (24 000 und 20 000 Zuschauer) wurden alte Rekorde pulverisiert. Auch im Umland tut sich einiges. So stieg zum Beispiel die U17 des FC Forstern, 45 Kilometer östlich von München gelegen, in die Bundesliga auf. Die Mädchen wurden auf der Rückreise vom Entscheidungsturnier am Vereinsgelände mit einem Bengalo-Spalier begrüßt, der Hype um die Mannschaft ist enorm. Künftig hat nun auch die eine oder andere Bayern-Spielerin die Möglichkeit, dorthin zu wechseln, anstatt bei den Bayern möglicherweise auf der Bank zu sitzen. Mit anderen Worten: Das Niveau steigt. Bleibt die Frage, ob sich noch ein Abnehmer für die TV-Rechte an der im Sommer stattfindenden WM findet - ansonsten droht der Entwicklung eine abrupte Bremsung.

Angesichts des Männer-Frauen-Doubles blieb einiges Randnotiz. So war es auch der letzte große Arbeitstag für Managerin Karin Danner. Sie war 28 Jahre lang in leitender Position bei den Bayern tätig, es ist legitim zu sagen, dass die 64-Jährige den deutschen Frauenfußball ein Stückweit mit aufgebaut hat. Und dann war da natürlich noch der Gegner Turbine Potsdam, ein Dino, der sich nun nach einem 1:11 aus der Bundesliga verabschieden muss; ein sechsmaliger DDR- und sechsmaliger bundesweiter Meister sowie zweimaliger Europapokal-Sieger, der Opfer der rasanten Entwicklung wurde: Während die Bayern, der VfL Wolfsburg oder auch FFC Frankfurt (die mit der Eintracht fusionierten) auf der Infrastruktur der männlichen Profis aufbauen, bestand in Brandenburg diese Möglichkeit nicht.

"Wir haben einkalkuliert, dass es keine leichte Saison wird - neuer Trainer, neue Spielidee", sagte die sportliche Leiterin Bianca Rech, Danners Nachfolgerin. Sie kündigte für die kommenden Tage die Bekanntgabe weiterer Verpflichtungen an. Der Kader soll tiefer werden, wie man so sagt. Das wurde auch schon für den Männerkader angekündigt, allerdings in einem sehr viel ernsteren Ton.

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