FC Bayern München:Unter dem Joch

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Bayern-Präsident Uli Hoeneß und Trainer Louis van Gaal haben keinen Draht zueinander. Da droht eine Beziehung zu bersten, die im Kern eine Erfolgsgeschichte ist.

Klaus Hoeltzenbein

Neu ist das nicht. Die Beratungsresistenz des Louis van Gaal, die Uli Hoeneß beklagt, war ja schon im Herbst 2009 ein Thema. Sogar das beherrschende beim FC Bayern, es hätte fast zur Entlassung des Trainers geführt. Seitdem ist viel passiert, die Münchner wurden Pokalsieger, Meister, Champions-League-Finalist. Das Betriebsklima aber auf der Chefetage hat sich substantiell nicht geändert, Präsident und Trainer haben weiterhin keinen Draht zueinander.

Ein Bild aus besseren Tagen: Louis van Gaal (l.) und Uli Hoeneß beim Bankett nach dem 3:0-Sieg im Champions-League-Halbfinale in Lyon im April. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Natürlich hat Hoeneß Recht, wenn er sagt, einige Bayern-Akteure aus der zweiten Reihe seien nicht ausreichend gewürdigt und gefördert worden, und jetzt, da den Klub eine Verletzungswelle erfasst hat, müssten sie die Kohlen aus dem Feuer holen. Das aber ist, mit Verlaub, ihr Job - und ein extrem gut dotierter. Hoeneß' Kritik trifft, aber sie trifft lediglich einen (fast schon privaten) Teilaspekt.

Hoeneß hat den FC Bayern immer auch als Familienbetrieb geführt: Wer Sorgen hat, findet bei ihm allzeit ein väterliches Ohr. Van Gaal hat dies stets irritiert, er ist der Ansicht, unzufriedene Spieler sollten sich nicht an höherer Stelle ausweinen dürfen. Diese zwischenmenschliche Linie ist die große, gefährliche Bruchstelle zwischen den Beiden.

Hier droht eine Beziehung zu bersten, die ja im Kern eine Erfolgsgeschichte ist. Van Gaal hat den Klub sportlich professionalisiert, er hat die jahrzehntelange Geld-schießt- Tore-Star-Politik des FC Bayern um die Gruppendynamik erweitert. Mag auch mal das endlose Ballgekreisel langweilen, es gibt Sicherheit. Es ist die Basis dafür, dass die Elf Charakter und Wiedererkennungswert gewinnen konnte. In diesem System haben sich Schweinsteiger und Müller zur Weltklasse entwickelt. Dafür mussten sie viel spielen - und andere mussten draußen bleiben.

Auch deshalb hat Karl-Heinz Rummenigge jüngst den Vertrag mit van Gaal bis 2012 verlängert. Ob dem Vorstandschef Rummenigge jetzt gefällt, was der Präsident Hoeneß gesagt hat?

Wahrscheinlich ähnlich gut, wie es bei Hoeneß, dem damals verantwortlichen Manager, ankam, als Rummenigge im Herbst 2007 dem Trainer Ottmar Hitzfeld einen legendären Satz auferlegte: "Fußball ist keine Mathematik." Ein Satz, starr wie ein Joch, von dem sich der Coach nie mehr befreien konnte. Auch da ging es um eine Stilfrage: Hitzfeld hatte den Bayern damals zu viel im Personal rotiert; van Gaal tut es ihnen jetzt zu wenig.

Nun muss sich zeigen, ob aus der neuen, im Vorwurf einer van Gaalschen "One-Man-Show" gipfelnden Fundamentalkritik, die Hoeneß erhebt, ein ähnlicher Ballast für den Coach erwächst wie damals für den Mathematiklehrer Hitzfeld. Eine Last, die mit jedem Krisentag schwerer wiegen wird.

© SZ vom 02.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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