FC Bayern München:Ein bisschen van Gaal

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Der beurlaubte Louis van Gaal kommt noch einmal ans Trainingsgelände. Sein Interims-Nachfolger Andries Jonker zeigt Loyalität zum ehemaligen Chef - und bleibt dennoch länger beim FC Bayern.

Andreas Burkert

Um 10 Uhr 47 ist die Ära von Louis van Gaal dann endgültig beendet. Er gibt einem der Ordner die Hand und winkt zum Abschied; das heißt, eigentlich winkt er gar nicht, er bewegt nur die mächtigen Finger seiner Hand. Das sieht sehr lustig aus. Sagen möchte er aber nichts mehr, "nein" entgegnet der Holländer auf eine Anfrage der Fernsehleute.

FC Bayern: Louis van Gaal
:Feierbiest und Sturkopf

Van Gaals Ära beim FCB war ein ständiges Auf und Ab. Er kam als dominanter Fußballlehrer, stand kurz vor dem Aus - und führte den Klub ins Finale der Champions League. Jetzt muss er gehen. Seine Zeit beim Rekordmeister in Bildern.

Jürgen Schmieder

Van Gaal schaut in diesem Moment über deren Köpfe und Mikrophone hinweg, hinüber zur Trainingswiese. Dort geht der Betrieb jetzt ohne ihn weiter, unter der Anleitung von Andries Jonker, van Gaals bisherigem Assistenten, der sich abgenabelt hat von seinem Chef. Vorhin die Verabschiedung von den Spielern in der Kabine, die Jonker angeregt hatte, nun der letzte, keineswegs sehnsüchtige Blick zur Mannschaft. Dann entschwindet van Gaal in seinem cremefarbenen Sommersakko in die Tiefgarage. Er wird nun nie wieder hierher zurückkehren.

Montag, der Tag nach der offiziellen Trennung von van Gaal, nach der lärmenden Abrechnung des Vereinspräsidenten. Bei schönstem Wetter tritt also Jonker seine fünf Spiele währende Interimstätigkeit beim FC Bayern an. Sie haben die Wiese gemäht, es riecht nach frischem Gras. Mehr Symbolik ist nicht zu erkennen, es sei denn, man deutet die konzentrierte Arbeit der Bayern-Profis und ihre ordentliche Laune schon als jene Befreiung von "der Zwangsjacke", als "Explosion", die Präsident Uli Hoeneß am Sonntag in seiner wutrot gefärbten Bilanz avisiert hatte.

Es schaut aber eigentlich aus wie immer, es wird viel mit dem Ball gearbeitet, Passübungen, kleine Spiele. Jonker hat dieses Programm sehr häufig befehligt, als van Gaal noch amtierte, "das Gefühl ist jetzt nicht anders", wird er später versichern.

Nur van Gaals kehlige Stimme ist verstummt, die Sprüche und Frotzeleien des einstigen Dompteurs bleiben aus. Aber die angeblich so entsetzlich verunsicherten Spieler könnten ja gut darauf verzichten, heißt es nun im Nachspann der Trennung. Im Münchner Frühjahrsputz wird sicher noch etwas schmutzige Wäsche gereinigt werden, ganz bestimmt.

Von Jonker ist so etwas nicht zu erwarten, er gilt als loyale Person, und als diese gibt er sich auch am Mittag bei seiner Präsentation zu erkennen. Ein selbstbewusster Mann mit schmalen Schultern tritt dort auf, der sich seinem Arbeitgeber ebenso verpflichtet fühlt wie dem Freund Louis. Dessen Stab, "diese Gruppe", sagt Jonker, "sie ist auseinander gebrochen, das ist enttäuschend".

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Seine Stimme ist kräftig, und gleich zu Beginn stellt er klar, dass er am Samstagabend erst das Okay von van Gaal einholen wollte; zweimal hatten sie nach dessen Entlassung telefoniert. "Unsere private Relation muss so bleiben wie sie ist", sagt Jonker, darum habe er van Gaal gebeten: "Es war sehr wichtig für mich, dass er einverstanden ist."

Letzter Tag in München: Louis van Gaal verabschiedet sich. (Foto: AFP)

Einen Tag zuvor, am Freitag, hatte er allerdings bereits seine Zukunft ohne ihn gestaltet: Jonker nahm die Offerte von Sportchef Christian Nerlinger an, nächste Saison die Amateure zu übernehmen, mit der Option auf eine langfristige Zusammenarbeit.

Etwas van Gaal wird demnach zurückbleiben bei den Bayern, Jonker arbeitete ja früher in Amsterdam, später beim niederländischen Verband und vor München auch beim FC Barcelona mit seinem Landsmann zusammen. Van Gaal habe in München "sehr, sehr viele Sachen sehr gut gemacht", betont er; was weniger gut gewesen sei und er jetzt ändern will, mag er noch nicht sagen: "Was ich nach meiner Weise machen werde, darüber muss ich mir erst meine Gedanken machen."

Was sein Weg sein könnte, deutet Jonker allerdings an, als er auf den Vorstand angesprochen wird. Die meisten der Herren hätten "im Fußball sehr viel erreicht, deshalb dürfen sie eine Meinung haben, und ich werde versuchen, mir sie jede Woche anzuhören". Seine Tür sei immer offen, sagt Jonker, und seine Art "geradeaus".

Anders als van Gaal wird sein Nachfolger wohl mal einen Ratschlag der hohen Herren annehmen. Aber dass unter van Gaal zuletzt der Spaß gefehlt habe, wie Hoeneß gepoltert hatte, dazu schweigt er lieber. Jonker erinnerte aber an das jüngste 6:0 gegen den HSV. Spaß sei abhängig vom Resultat, sagt er vorsichtig.

Auch zur Torwartfrage mochte sich der 48-Jährige noch nicht erklären. Allerdings fehlte Thomas Kraft am Montag gleich mal, der Rücken, "er ist nicht fit", sagte Jonker. Jörg Butt wird am Sonntag gegen Leverkusen spielen, keine Frage. Doch um Einzelne gehe es ohnehin nicht, findet Jonker, sondern um die Qualifikation zur Champions League, um Rang drei. Den wollen alle erreichen, auch er: "Mein Ziel ist es, am 14. Mai am Abend nach Hause zu kommen, mich auf die Couch zu setzen und zufrieden zu sein."

So entspannt und gefasst wie Louis van Gaal am Montag abtrat, wird er dann wohl auch in seinem Ferienhaus in Portugal einen Rotwein trinken. Er ist an der Prämie beteiligt.

© SZ vom 12.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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