FC Bayern:Manuel Neuer hält schneller als sein Schatten

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Gegen Ingolstadt nicht mehr ganz so beschäftigungslos und einsam im eigenen Strafraum: Manuel Neuer. (Foto: Alexander Hassenstein/Getty Images)

In vielen Bayern-Spielen muss der Torhüter aufpassen, dass er nicht einschläft. Anders gegen Ingolstadt.

Aus dem Stadion von Matthias Schmid, München

Bisher sind alle renommierten Wissenschaftler des Planeten daran gescheitert, von Manuel Neuers Tonfall oder Körpersprache auf dessen Erregungsgrad schließen zu können. Der Torhüter des FC Bayern München spricht jedenfalls nach jedem Spiel so unaufgeregt und leise, als ob er gerade mit ein paar Kumpels ein paar Kilometer südlich des Münchner Stadions im Englischen Garten gekickt hätte.

Auch Neuers Mimik und Gestik sind stets gleich, sie lassen keine Rückschlüsse auf die Partie zu, die er soeben beendet hat. Ob sie am Ende aufregend für ihn war oder eher, wie so viele Spiele in der Bundesliga in den vergangenen Jahren, doch etwas langweilig.

Am Samstag nach dem 3:1-Sieg des FC Bayern gegen den FC Ingolstadt sprach Neuer dann wieder mal so unprätentiös und beiläufig vor den Journalisten. Dabei war Neuer, 30, dieses Mal der auffälligste Spieler seiner Mannschaft gewesen, die weit entfernt war von ihrer Bestform. Neuer hatte einen intensiven Arbeitstag erlebt. Er selbst wird sich wohl gar nicht mehr daran erinnern können, wann er zuletzt so vielen renitenten Gegenspielern im eigenen Strafraum begegnet war. Zumindest mit dem FC Bayern in der Bundesliga. Bei der WM vor zwei Jahren im Achtelfinale, ja, da war die Partie gegen die Algerier ähnlich ereignisreich. Aber sonst?

In vielen Bundesligaspielen muss Neuer aufpassen, nicht einzuschlafen

Allein fünfmal tauchte nun am Samstag ein Ingolstädter Spieler ungedeckt vor seinem Tor auf, viermal blieb Neuer Sieger, einmal musste er den Ball aus dem Netz holen, gleich nach sieben Minuten zum 0:1. Es war das erste Gegentor überhaupt in dieser Spielzeit für ihn und München im sechsten Pflichtspiel. Ein Gegentor bringt Neuer aber natürlich nicht aus seinem buddhistischen Gleichgewicht. "Ein Tor kannst du immer kassieren", sagte er hinterher. Es klang wie ein Mantra.

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"Es ist nicht immer möglich, gut zu spielen", sagt Bayern-Trainer Carlo Ancelotti. Seine Mannschaft zeigt einen fahrigen Auftritt und hat Glück, dass der starke FC Ingolstadt seine Chancen nicht nutzt.

Von Maik Rosner

Mitunter tut Neuer einem ja leid, wenn er während vieler Bundesligaspiele so verloren im eigenen Strafraum steht und sich mit komischen gymnastischen Verrenkungen ablenken muss, um nicht einzuschlafen. Doch gegen Ingolstadt war alles anders, hektischer. Und das konnte nicht nur an den Absenzen von Philipp Lahm, Thomas Müller und David Alaba gelegen haben, die eine Magen-Darm-Grippe auskurieren. Oder am Fehlen von Mats Hummels, der noch an den Folgen eines Fußtritts leidet. "Ich würde jetzt nicht sagen, dass wir verunsichert waren", bekannte Neuer, "aber unser Passspiel von hinten raus war nicht so gut heute."

Er analysierte den schwächeren Münchner Auftritt natürlich auch in diesem angenehmen Neuer-Plauderton, der zu jeder Gelegenheit passt und aus dem weder Verärgerung noch etwas anderes herauszuhören ist. Schon in der ersten Hälfte gegen Schalke "hatten wir da Fehler", fügte Neuer also hinzu. Gegen Ingolstadt waren es sogar ein paar Fehler mehr.

Es dürfte nicht oft vorgekommen sein seit dem Beginn der Erhebung der Spieldaten im Fußball, dass ein Gästeteam mehr Torschüsse hatte als die Bayern. Doch Ingolstadt kam auf 13, fünf davon flogen aufs Tor. Bayern nur auf zehn. "Ingolstadt hat uns schwer gefordert", gab Neuer zu. Er hätte auch sagen können: ihn stark gefordert. Das tat er natürlich nicht.

Neuer würde nie auf die Idee kommen, sich selbst zu loben für eine Faustabwehr oder eine astreine Grätsche außerhalb des Strafraums. Das Ringen um Superlative überlässt er lieber den anderen. "Wir hatten so viele Riesendinger. Irgendwann hat Manuel dann halt mal seine Weltklasse gezeigt", bekannte Ingolstadts Verteidiger Marvin Matip, und Bayern-Außenverteidiger Rafinha suchte erst gar nicht nach einer irdischen Antwort: "Gott sei Dank haben wir Manuel Neuer im Tor."

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Aus dem Stadion von Matthias Schmid

Vor allem kurz nach der Pause beim Schuss von Mathew Leckie hielt Neuer einen sogenannten Unhaltbaren, es wäre das 2:2 gewesen, Leckie hatte sich fast schon jubelnd abgewendet, als Neuer noch irgendwie seine rechte Hand hochriss - schneller als sein Schatten.

Neuer ging dann einfach nach Hause, ohne Umweg über das Oktoberfest

Vergleiche mit Comic-Helden mag Bayern-Trainer Carlo Ancelotti nicht. Doch als Bewunderer von Neuer outete er sich trotzdem. "Manuel Neuer war wirklich gut", fand der Italiener und fügte hinzu: "Jeder weiß, dass er der beste Torwart der Welt ist."

Der beste Torwart der Welt ging dann einfach nach Hause, ohne großes Getöse. Ohne Umweg über das Oktoberfest. "Ich werde heute nicht und auch morgen nicht auf die Wiesn gehen", kündigte Neuer an. Ruhig und sachlich sagte er das. Ob das Spiel nun aufregend war oder nicht.

© SZ vom 18.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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