FC Bayern in der Champions League:Guardiolas Grübelspiel

Lesezeit: 3 min

Pep Guardiola (re.): Immerhin im Tor ohne Nöte (Foto: dpa)
  • Plan A, B, C oder D? Aufgrund der prekären Personalsituation ist Pep Guardiola in Porto mehr als je zuvor in seiner Bayern-Zeit als Taktiker gefragt.
  • Daraus könnten sich sogar Vorteile ergeben.
  • Statistiken und Tabellen zur Champions League finden Sie hier.

Von Jonas Beckenkamp, Porto

Draußen vor den Toren der Stadt Porto, wo das Meer gegen das Festland peitscht, lässt sich wunderbar grübeln. Der Blick auf den Atlantik lädt zum Schwelgen ein und so trifft es sich gut, dass der FC Bayern dieser Tage im Sheraton Hotel Quartier bezogen hat. Von hier führt die Avenida da Boavista schnurstracks hinunter zur Flussmündung des Douro. Ein Leuchtturm, ein paar Fisch-Restaurants, kilometerlange Küstenlandschaft - wer einen Plan aushecken will, findet dort ein schmuckes Umfeld zum Nachdenken.

Ob Pep Guardiola ein ähnlicher Strandjogger ist wie Joachim Löw, konnten Pepologen bisher nicht abschließend klären, aber in Planungsfragen ticken beide Trainer durchaus ähnlich. Und der Katalane braucht diesmal einen weltmeisterlichen Plan, schließlich ist der FC Porto nicht Dortmund und schon gar nicht Frankfurt. Es lässt sich sogar die Feststellung geltend machen: Das Viertelfinal-Hinspiel an diesem Abend im Estadio do Dragao ist das tüftelintensivste Spiel in Guardiolas Zeit als Bayern-Coach.

Ein derart zusammengeschrumpftes Personalkorsett gab es seit Peps Mondlandung auf Planet Bayern noch nie. Verletzungen und Viruserkrankungen haben leitende Angestellte des Vereins zuletzt reihenweise aus dem Verkehr gezogen: Martínez, Robben, Ribéry, Benatia, Schweinsteiger, Alaba - sie alle sind gar nicht erst mit ins Flugzeug gestiegen. Doch jammern will Guardiola nicht. "Wir haben genug über die Situation gesprochen", erklärte er und winkte beim Thema Ausfälle dezent gelangweilt ab, "wir werden das Bestmögliche versuchen." Was sollte er auch tun? Den Fado singt man bekanntlich eher in Lissabon.

Am Ende hatten sich ja gerade noch 17 Unverwüstliche gefunden, die schon am Montag mit nach Portugal aufgebrochen waren. Die frühe Anreise hat auch damit zu tun, dass Guardiola sich Zeit nehmen wollte beim Ausklügeln seiner Strategie. Große Überraschungen dürfte es bei der Aufstellung diesmal nicht geben, es spielen halt die, die gesund sind. Dass dies trotzdem kein Problem ist, versicherte Karl-Heinz Rummenigge mit einer blumigen Ansprache bei der Anreise. "Der Trainer ist der Schlüssel von allem. Er hat ja nicht nur Plan A, B oder C, sondern das ganze Alphabet hoch und runter. Ich glaube, der Gegner weiß im Moment nicht, mit welcher Taktik Pep antreten wird."

Zuletzt hatte er bekanntlich seine eigene Philosophie über den Haufen geworfen. Angreifen, Einschnüren, Tiki Taka - der Pep-Fußball hatte zumindest in den Partien gegen Dortmund und Leverkusen eine Pause bekommen. Stattdessen erzog Guardiola seine Elf um: Abwarten, lange Bälle Richtung Robert Lewandowski und eine Prise "Ab durch die Mitte", so lautete die ungewöhnliche Rezeptur. Verständlich, denn die Turbofraktion (Robben/Ribéry) auf den Flügeln fällt ja bis auf weiteres aus. Thomas Müller sieht darin auch Vorteile: "Lewi und ich können so mehr in die Tiefe gehen, es gibt mehr Flanken von außen, dafür wird aktuell weniger gedribbelt."

Tatsächlich nutzte in den vergangenen Spielen vor allem jener Lewi den neu gewonnen Platz im Zentrum. Mit bemerkenswerter Präsenz führte Robert Lewandowski vor, wie sehr ihm diese Spielweise liegt. "Natürlich ändert sich da die Spielanlage mit anderen Charakteren," folgerte Müller, der den Polen gemeinsam mit den übriggebliebenen Edelfüßen Mario Götze, Thiago und Philipp Lahm füttern soll. Bei allen Umstellungen im eigenen System kommt es den Bayern entgegen, dass der FC Porto eine durchaus angriffslustige Abenteuer-Elf ins Rennen schickt. Sollten die Portugiesen die Initiative übernehmen, wird den Münchnern das Recht sein, denn dann könnte es so wie beim 1:0 in Dortmund laufen. Bayern kann lauern, während der Gegner sich selbst einschläfert.

Nur wissen sollte das auf Porto-Seite vorher niemand. Auf der abschließenden Pressekonferenz war Guardiola entschieden bemüht, Auskünfte über die eigene Vorgehensweise zu vermeiden. Stattdessen schwärmte er vom Gegner, von dessen "hohem Niveau", dessen Offensiv-Mut und ihm wohl bekannten Spielern. Anders als der FC Bayern ist der FC Porto in dieser Champions-League-Saison noch ungeschlagen - was auch an der Physis und technischen Klasse vieler Profis liegt.

Allerdings fehlt Dribbelwusler Cristian Tello (ihn kennt Guardiola aus Barcelona) verletzt, dazu ist Torjäger Jackson Martinez nach einer Wadenverletzung ohne große Spielpraxis. "Sie sind keine Kontermannschaft. Sie wollen mit dem Ball spielen", sagte Guardiola, bevor er sich wieder zum Grübeln zurückzog. Da wusste er noch nicht, was kurz danach die medizinische Abteilung mitteilte: Ersatzstürmer Claudio Pizarro, der gerade wieder genesen war, plagen muskuläre Probleme. Ein Glück, dass der Peruaner in den Planungen des Trainers wohl nur eine Nebenrolle spielt.

© SZ.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: