FC Bayern in der Champions League:An Schrecken eingebüßt

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Vor der Auslosung zum Champions-League-Viertelfinale redet beim FC Bayern plötzlich niemand mehr vom Titelgewinn. Das Spiel gegen Arsenal zeigte: Auf hohem Niveau sind die Münchner noch nicht in der Lage, Rückstände zu drehen. Die kleine Formdelle sollte der Klub aber wertschätzen.

Ein Kommentar von Andreas Burkert

Der große Uwe Seeler ist gerade miesepetrig, wegen des Sportchefs seines HSV, der ihm zu viel daherredet und zu wenig leistet. Es ist deshalb sinnvoll, Seeler eine kleine Freude zu bereiten mit etwas PR für sein Altherrenteam, laut Selbstbeschreibung "das Original - die bekannte deutsche Traditionself mit den großen Fußball-Idolen vergangener Zeiten". Uli Hoeneß war nun so freundlich, an Seelers Benefiztruppe zu erinnern, in deren Kader heute einstige Ikonen wie Günter Hermann, Lothar Sippel oder Silvio Meißner geführt werden.

"Einen Dreck" spiele sein FC Bayern neuerdings zusammen, ätzte der Präsident, wenn man weiter so spiele, werde man nichts holen in Europa. Hoeneß zitierte damit Vorgänger Franz. I., der im März 2001, nach einem 0:3 in Lyon, seinen Leuten die Leviten las: "Das ist nicht Fußball, das ist Uwe-Seeler-Traditionsmannschaft", kredenzte Beckenbauer auf dem Bankett, "wenn ihr so weiter spielt, werden die ganzen Trophäen nicht nach München gehen." Die Rede gilt unter Historikern als Grundstein für den Triumph von 2001, auf einer Stufe mit dem 1999 durchlebten Finaldrama gegen Manchester.

Vom nächsten Gewinn der Henkelvase redet nun also plötzlich niemand der Bayern mehr nach diesem irritierenden 0:2 gegen ein allenfalls solides Arsenal. Das ist erstaunlich, wo doch erst kürzlich die (nationale) Machtübernahme ausgerufen wurde - von Hoeneß, nach dem Pokalerfolg über Dortmund - und der große Favorit FC Barcelona inmitten einer Sinnkrise dem europäischen K.o. zustrebte. So schnell geht's eben manchmal im Fußball, das ist eine seiner faszinierenden Seiten. Das weiß jemand wie Hoeneß, der nun die Launen des Trends fürchtet, nur zu genau.

Die Bayern haben seltsam ausgesehen gegen Arsenal, das stimmt. Und gegen ein Team aus Düsseldorf sind sie in der Lage, Rückstände zu drehen; auf höherem Niveau fällt das den 1:0-Bayern eher schwer. Zudem bezahlten sie gegen Arsenal sicher auch dafür, dass sie diese Saison kaum Widerstände zu brechen hatten. Die Katastrophenschutzübung, die jeder Betrieb regelmäßig durchführt, blieb ihnen bisher vorenthalten.

Einzelkritik FC Bayern
:Weißer Rauch und roter Wein

Mario Mandzukic agiert wie die Kardinäle im Vatikan, Manuel Neuer schafft kein Fallrückzieher-Tor, David Alaba wartet 90 Minuten lang auf weißen Rauch über der Arena. Javi Martínez hätte ein Schlückchen Rotwein durchaus geholfen. Die Spieler des FC Bayern beim 0:2 gegen Arsenal in der Einzelkritik.

Aus dem Stadion von Saskia Aleythe

Auch das 1:0 im Pokal gegen den BVB war eher eine Zäsur fürs Ego; den Spannungsabfall, den Hoeneß jetzt in seiner kalkulierten Tirade beklagt, musste es danach geben. Die kleine Formdelle sollten die Bayern aber wertschätzen: Siegeszüge ohne Rückschläge sind ungesund.

Viel ist bisher also nicht passiert in München, außer, dass Heynckes' Rekord-FCB auf dem Kontinent vielleicht etwas an Schrecken verloren hat. Was möglich ist nach einer Enttäuschung, wie sie die Sinne wieder schärfen kann, das hat das wunderbare Barça soeben gezeigt.

© SZ vom 15.03.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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