FC Bayern:"Die müssen kein Liebespaar sein"

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Komplizierte Beziehung: Hasan Salihamidzic, Hansi Flick - und in der Mitte Hermann Gerland, von dem nur die Mütze zu sehen ist. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Bayern-Präsident Hainer gibt vor dem Champions-League-Rückspiel gegen Paris Einblicke in das Verhältnis zwischen Flick und Salihamidzic. Es stellt sich die Frage, ob der Konflikt auch sportlichen Einfluss hat.

Von Sebastian Fischer, München

Die wichtige Rolle von Hermann Gerland beim FC Bayern ist in ihrer ganzen Vielfalt schon häufig beschrieben worden. Als ehemaliger Trainer der Amateure hat er Größen wie Thomas Müller die Grundlagen des Spiels gelehrt, er ist auf dem Trainingsgelände in der Säbener Straße der Wächter über ein legendäres Kopfballpendel und Erfinder der angeblich lieb gemeinten Fußballerbeschimpfung "Osterhasen".

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Derzeit ist allerdings womöglich auch seine Autorität auf der Bank des FC Bayern gefragt. Gerland sitzt dort als Assistenztrainer auf dem Platz zwischen Chefcoach Hansi Flick und Sportvorstand Hasan Salihamidzic, wohl auch am Dienstag im Champions-League-Viertelfinal-Rückspiel in Paris. Am Samstag, beim 1:1 gegen Union Berlin, sah er, Spitzname "Tiger", dabei aus wie ein Aufpasser in der Mitte.

Für den FC Bayern bricht nun die womöglich wichtigste Woche der Saison an, es gilt, gegen Paris Saint-Germain trotz des 2:3 im Hinspiel noch ins Halbfinale einzuziehen. Das ist schon allein deshalb kompliziert, weil für das Unterfangen, gleichzeitig die unkontrollierbaren Stürmer Kylian Mbappé und Neymar zu kontrollieren und zwei Tore mehr als der Gegner schießen zu müssen, zahlreiche Spieler fehlen, am prominentesten weiterhin Weltfußballer Robert Lewandowski im Sturm, darüber hinaus auch Verteidiger Niklas Süle und Flügelspieler Serge Gnabry.

Immerhin kam am Wochenende wohl kein Ausfall hinzu, die ausgewechselten Kingsley Coman und Jérôme Boateng dürften fit werden, bei Verteidiger Lucas Hernández (Rippenprellung) und Mittelfeldspieler Leon Goretzka (muskuläre Probleme) besteht noch Hoffnung auf einen Einsatz.

Er gehe "fest" davon aus, dass Flick seinen bis 2023 laufenden Vertrag erfülle, sagt Hainer

Das Spiel in Paris könnte allerdings auch im Erfolgsfall kompliziert werden. Bei mindestens zwei benötigten Toren müssten Flick und Salihamidzic mindestens zweimal so jubeln, dass sie sich unauffällig aus dem Weg gehen. Oder würden sie sich vielleicht doch überwinden, einander die Hand zu reichen?

Am Sonntag war es Klubpräsident Herbert Hainer, der in diplomatischer Mission in einer Talkshow beim TV-Sender Sky saß, um über das Dauerthema dieser Tage zu sprechen, den Streit zwischen Flick und Salihamidzic und dessen Bedeutung für die Zukunft des FC Bayern. Es handle sich um einen "vermeintlichen Konflikt", in den viel hineininterpretiert werde, sagte Hainer erst mal. Intern sei das Verhältnis intakt. Doch bei dieser Version konnte selbst der routiniert antwortende ehemalige Adidas-Konzernchef nicht ohne Einschränkung bleiben.

Flick und Salihamidzic seien sich nicht gerade innig verbunden, gab er zu. "Die müssen auch kein Liebespaar sein, wichtig ist, dass sie professionell zusammenarbeiten", sagte er. "Natürlich", sagte er außerdem, "arbeiten wir daran", dass dies auch wieder "aus Freude und Überzeugung" geschehe. Er gehe "fest" davon aus, dass Flick seinen bis 2023 laufenden Vertrag erfülle, unter Sportvorstand Salihamidzic.

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Mit jedem Tag, an dem Flick gerade unweigerlich auf das Thema angesprochen wird, scheint dieses Szenario allerdings gerade unwahrscheinlicher zu werden.

Am Samstag machte der Trainer seine Ankündigung aus der Pressekonferenz vor dem Spiel am Freitag wahr, auf alle Andeutungen zu seiner Zukunft in München oder als Bundestrainer und zu seinem Verhältnis zu Salihamidzic mit "Nächste Frage" zu antworten. Nur einmal versuchte er im Sky-Interview seine Aussage einzuordnen, dass die Qualität der Mannschaft im vergangenen Jahr besser gewesen sei als in diesem, was er ebenfalls am Freitag gesagt hatte.

Dies sei nicht als Angriff auf den für den Kader verantwortlichen Sportvorstand zu werten gewesen, sagte er. Er habe damit "einfach dokumentieren" wollen, "wie geil diese Mannschaft ist und welche Mentalität sie hat". Schließlich sei der FC Bayern ja auch in diesem Jahr wieder Tabellenführer und könnte noch ins Halbfinale der Champions League einziehen.

Rechtsverteidiger Bouna Sarr spielt erst zum sechsten Mal in der Bundesliga

Bei der Betrachtung des Spiels konnte man allerdings auch ohne entsprechende Zitate darauf kommen, dass es bei der Zusammenstellung dieser Mannschaft unterschiedliche Auffassungen zwischen Trainer und Sportvorstand gibt. Es brauchte, um nur ein Beispiel zu nennen, den Anlass der Nominierung einer B-Elf mit am Ende drei Spielern aus der zweiten Mannschaft, um dem Rechtsverteidiger Bouna Sarr seinen erst sechsten Bundesliga-Einsatz zu ermöglichen; jenem Spieler, den die Bayern im vergangenen Oktober als Ergänzung verpflichtet und mit einem Vierjahresvertrag ausgestattet hatten.

Eine nicht ganz unwichtige Frage für das Spiel am Dienstag ist nun, ob der im Kleinen und Großen immer wieder aufflackernde Konflikt inzwischen auch die Mannschaft in ihrer Konzentration auf den Sport stört. "Das Thema ist nicht so groß, wie man sich das vorstellen kann", sagte dazu zwar Torwart Manuel Neuer. Er merkte allerdings auch an, dass "alle Sachen, die von außen auf uns einprasseln, natürlich nicht vonnöten" seien. Und er sagte: "Ich denke, dass Hansi Flick der richtige Trainer für uns ist."

Als Flick am Samstag darauf angesprochen wurde, ob das Thema die Mannschaft beeinflusse, sagte er: "Nein, das Gefühl habe ich nicht." Davor hatte er bereits erklärt, dass er spüre, dass sich die Spieler auf das Spiel gegen Paris freuen. Er selbst lächelte dabei nicht.

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