FC Bayern in der Einzelkritik:Ribéry genießt die Gesänge der Südkurve

Der Franzose schenkt den Fans gegen Hannover ein Tor. Jérôme Boateng wird vom Videobeweis überführt und Leon Goretzka huft einfach mal drauf. Der FC Bayern in der Einzelkritik.

Aus dem Stadion von Jonas Beckenkamp

Sven Ulreich

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Ist ein wackerer Neuer-Ersatz, muss aber immer wieder miterleben, wie beim FC Bayern Namen anderer Neuer-Ersätze kursieren. Könnte als Nummer zwei bald enteignet werden, dabei macht er eigentlich wenig falsch. Hätte sich bestimmt gerne ausgezeichnet, stand aber 90 Minuten unbeschäftigt im Regen. Man war versucht, ihm eine Kopie von "Das Kapital" zum Schmökern zuzuwerfen - oder wenigstens ein paar Bälle zur Kollektivierung seines tristen Torhüterdaseins. Beim Elfmeter tauchte er diskurssicher nach links - Jonathas schoss nach rechts.

Joshua Kimmich

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(Foto: REUTERS)

War zuletzt Ersatz, als in Deutschland gefühlt noch mit D-Mark bezahlt wurde. Machte bislang alle Saisonspiele in der Liga mit und beschäftigte auch diesmal die Hannoveraner Arbeiterklasse. Irgendwie logisch, dass seine Flanke zu Lewandowski das 1:0 einleitete. Gab diesmal ein paar Antworten an all jene, die ihm zuletzt sanfte Vorwürfe in Sachen "überspielt sein" gemacht hatten. Auf rechts mit gehörigem Aktionsradius (wie auch bei Jonathas' Platzverweis, als ihn der Stürmer mit dem Ellbogen traf), mit einigen hübschen Kringeln und fast immer fehlerfrei unterwegs.

Niklas Süle

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(Foto: REUTERS)

Ist längst kein Ersatz mehr, muss seine Einsatzzeiten demnächst aber mit den Herren Hernandez und Pavard teilen - und vielleicht ja auch noch mit ein paar de Ligts. Erlebte mit Hannovers Stürmer Weydandt einen Gegner, der fast so riesig ist wie er selbst. Verlor gegen ihn ein Duell an der Außenlinie, schmiss dann aber den Turbo an und grätschte Weydandt konterrevolutionär um. Hat viel flinkere Füße als man ihm oft zutraut - aber Hannovers Lüftchen von Offensive stellte ihm auch keine großen Aufgaben.

Jérôme Boateng

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(Foto: Matthias Balk/dpa)

Sollte die Systemerweiterung in der Bayern-Abwehr weiter fortschreiten, wird es eng für ihn. Durfte diesmal aber zeigen, dass er noch bayerisches Volkseigentum ist und organisierte den Spielaufbau wie ein Schichtführer in der Planwirtschaft: Immer zur Stelle, aber selten innovativ. Griff deshalb auch mal auf das Produktionsmittel des Gewaltschusses zurück, mit dem er fast traf. Wurde dann wie aus dem Nichts vom Videobeweis des Handspiels überführt und ermöglichte so das 1:2. War danach einigermaßen fassungslos. Musste sich ansonsten nicht verausgaben und konnte sich Gedanken über die nächste Coverstory seines Magazins "Boa" machen.

David Alaba

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(Foto: REUTERS)

Ihn kann auf links keiner so bald enteignen. Es sei denn, es kommt einer wie Kevin Kühnert. Spielte mit Coman eifrig Ping Pong und hielt seine Seite schadlos. Zeigte abgesehen von zwei gefährlichen Linksschüssen aber eine Partie, bei der es selbst die akribischsten Geheimdienste schwierig gefunden hätten, Auffälligkeiten zu entdecken.

Leon Goretzka

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Neben Gnabry der einzige Münchner, der noch auf seine erste deutsche Meisterschaft wartet. Gab an der Seite von Thiago im Zentrum eine Art Arbeiterführer, war mit Riesenschritten unterwegs und schuftete zwischen den Linien. Nahm sich jedoch auch die Freiheit des Individuums und hufte einfach mal drauf - schwupps, stand es 2:0. Hatte sogar Chancen zu weiteren Treffern, doch immer kam ihm was dazwischen. Ist nur noch zwei Spiele von seinem ersten Meistertitel entfernt, den er sich mit seiner Systemtreue in dieser Saison redlich verdient hätte.

Thiago

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Im Bayern-Spiel so etwas wie der oberste Klassenkämpfer. Tat viel fürs Allgemeinwohl und den Ballbesitz, teilte aber auch gerne. Sah sogar dann halbwegs elegant aus, wenn er an hohen Bällen vorbei sprang. Wedelte viel mit den Armen, gab Kommandos und erledigte ohne den ganz großen Glanz seine Arbeit. Verbrachte einen Nachmittag im Sparmodus, aber er wollte sich halt auch nicht zu sehr in den Vordergrund drängen als tadelloser Gewerkschafter.

Thomas Müller

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Steht in München fürs Anarchische, wobei er manchmal auch ins Obskure abdriftet. Muss als bayerisches Original aber keine Enteignung im Kader befürchten. Scheiterte mehrmals alleine vor 96-Keeper Esser, als seine Haxen nur ein laues Schüsschen zustande brachten. Versuchte es danach mit etwas mehr Darwinismus, aber Esser blieb eine stete Spaßbremse. Rannte viel herum, suchte seinen Moment, doch es war kein Spiel für den Müllerthomas und seine Eigenheiten.

Serge Gnabry

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Hat den "cooking"-Jubel aus den USA nach Deutschland importiert - und ist damit oberster Imperialist der Bayern. Gilt als einer der Gewinner in dieser Bayern-Saison, lieferte diesmal aber wenig Gewinnbringendes. Demonstrierte bei einer Kopfballchance, dass er eher kein Kopfball-Ungeheuer mehr wird. Kochte diesmal kein Süppchen und ging verfrüht vom Feld. Ohne Abklatschen mit seinem Trainer.

Kingsley Coman

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(Foto: AP)

Beherrscht Haken wie ein Revoluzzer beim Sturm auf die Bastille, doch manchmal fehlt ihm ein wenig die Contenance in seinen Aktionen. Zeigte bei einer Chance, dass er auch den Kopfball im Repertoire hat, doch 96-Torwart Esser hielt wie ein strenger General. Tauchte in der zweiten Hälfte ab, weil er einfach nirgendwo Räume fand, um Tempo aufzunehmen.

Robert Lewandowski

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Ist eher kein Kollektivist, dafür ist ihm das eigene Kapital (Tore) zu wichtig. Verbringt abgesehen von den Dellen in der Champions League gegen Liverpool eine ertragreiche Saison und traf natürlich auch diesmal: Sein 22. Saisontor war ein unbedrängter Kopfball, den vielleicht auch der gute Karl Marx noch reingemacht hätte. Trat danach so wenig in der Sturmmitte in Erscheinung, dass man befürchten musste, er habe heimlich ausgestempelt.

Franck Ribéry

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Kam für Gnabry und genoss sofort die Gesänge der Südkurve, die ihn mit "ooooh, Franck Ribéryyyyy" begrüßte. Wer weiß, wie oft man sich unter Genossen noch begegnet in der Münchner Arena. Schenkte dem Volk noch ein Törchen und bedankte sich aufrichtig vor der Kurve.

Arjen Robben

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Und weil's eh schon grad so nostalgisch zuging, durfte auch er noch sein Comeback feiern. Oder war es schon der allerletzte Heim-Auftritt? Jedenfalls wurde es laut. Sehr laut.

Rafinha

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Kam auch noch aufs Feld, es war sein 500. Spiel in Europa, sagte der Stadionsprecher. Glauben wir ihm einfach mal unrecherchiert.

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