FC Bayern:Guardiola ist ein Glücksfall

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Pep Guardiola hat München viel gegeben, nur den Titel in der Champions League konnte er nicht gewinnen. (Foto: REUTERS)

Trotz des verpassten Champions-League-Sieges wird man sich in München bald mit Wehmut an Pep Guardiola erinnern - und umgekehrt.

Kommentar von Thomas Hummel

Dreimal in Serie ist der FC Bayern nun im Halbfinale der Champions League gescheitert. Das ist angesichts der Qualität der handelnden Personen eine Enttäuschung. Doch wem ist das eigentlich anzulasten? Wer ist schuld?

Diese Frage ist sehr groß, und weil Pep Guardiola zu wissen glaubte, dass die deutsche Öffentlichkeit ganz alleine ihm die Schuld geben würde, ging er nach dem Spiel gegen Atlético Madrid in den Verteidigungsmodus. Der Trainer hatte das in München schließlich einige Male erlebt. Halbfinale 2014 gegen Real? Vercoacht! Halbfinale 2015 in Barcelona? Verrückt offensiv, aber vercoacht! Hinspiel Halbfinale 2016 bei Altético? Den Müller draußen gelassen! Und wieder: vercoacht!

München wird Guardiola vermissen

Was Guardiola direkt nach dem schlimmen Aus am Dienstag noch nicht wusste: Diese Fußballwoche würde auch deshalb so wunderbar sein, weil sie die Schuldfrage vertreiben sollte. Ja, der FC Bayern hat zum dritten Mal das Finale verpasst. Dieser sehr schlaue Trainer hat es mit seiner sehr tollen Mannschaft nicht geschafft. Wenn am 28. Mai die beiden Madrids in Mailand auf den Platz gehen, wird den Münchnern der Frust im Hals stecken. Der große Triumph bleibt aus.

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Das Finale der Champions League lautet erneut Real gegen Atlético Madrid, weil die Königlichen ManCity klar dominieren. Die Engländer enttäuschen beim 0:1 mit Angsthasen-Fußball.

Dennoch überstrahlt der fantastische Fußballabend die Niederlage. Und die Erkenntnis, dass man sich in München bald mit Wehmut an Pep Guardiola erinnern wird.

Sie reifte spätestens am Mittwochabend. Real Madrid und Manchester City boten im zweiten Halbfinale einen derart lauen Kick, dass man sich fragte, ob das der gleiche Wettbewerb war wie tags zuvor in München. Vor allem die Vorstellung von Manchester war gruselig emotionslos, behäbig, konzeptlos, schwach. Das soll die neue Mannschaft von Pep Guardiola sein? Vielleicht wird sich auch der Trainer bald mit Wehmut an München erinnern.

Dass sich Pep Guardiola während seines Sabbat-Jahres in New York für den FC Bayern entschied, muss trotz des fehlenden Champions-League-Sieges als historischer Glücksfall für den Klub gewertet werden. Zunächst war es aus Marketing-Sicht der größtmögliche Coup, durch diesen Trainer stieg der FC Bayern zur Weltmarke auf. Plötzlich interessierte sich der ganze Fußballglobus für ihn. Mit der Aufmerksamkeit stiegen die Einnahmen weiter, viel stärker als es das Produkt Bundesliga alleine hergegeben hätte. Spieler kamen, wegen Guardiola. Oder sie blieben wegen Guardiola, obwohl sie gewaltige Angebote anderer Vereine vorliegen hatten.

Auf dem Fußballfeld hat der Katalane die Erwartungen sogar noch übertroffen.

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Die Schuldfrage muss nicht immer gestellt werden

Es gab in seiner Ära Spiele, die man nicht vergessen wird. Allein in dieser Saison: Die erste Halbzeit im Pokalspiel in Wolfsburg. Die erste Halbzeit im Champions-League-Achtelfinale in Turin. Die erste Halbzeit am Dienstag gegen Atlético. Besser, dominanter kann man auf diesem Niveau gar nicht spielen.

Guardiola hat den teilweise schon vorher hochdekorierten Spielern so viel Neues beigebracht, hat der Mannschaft ein Dutzend Spielpläne zur Hand gegeben. Hat dabei aber nicht vergessen, dass zum Fußball auch Enthusiasmus, Selbstvertrauen und Glaube gehören. Der FC Bayern wird noch einige Zeit vom Wirken dieses Fußball-Philosophen profitieren.

Vielleicht nutzt ja sogar Karl-Heinz Rummenigge die letzten Tage mit diesem Guardiola, um zu lernen, dass man nicht immer die Schuldfrage stellen muss, wenn der FC Bayern ausscheidet. Dem Schiedsrichter nach diesem Spiel öffentlich die Schuld zu geben, war eines Weltklubs nicht würdig.

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