Den FC Bayern kann zurzeit nichts und niemand aufhalten. Fast nichts. "Ich hoffe, das geht jetzt so weiter", sagte Franck Ribéry Mittwochnacht im Souterrain des Gladbacher Stadions, "dafür brauchen wir nun aber auch eine gute Regeneration." Der Satz war kaum zu Ende gesprochen, da wurde Ribéry auch schon weggezerrt. Man habe es eilig.
FC Bayern in der Einzelkritik:Blendend im Tor, grobschlächtig im Angriff
Robben und Ribéry haben es jeweils mit vier Gegenspielern zu tun, Mario Gomez steht verlassen im Gladbacher Abwehrpulk und Thomas Müller wirkt vor dem Spiel am lockersten und verteilt während der Partie Komplimente. Am Ende an seinen Torhüter, der das DFB-Pokalfinale im Elfmeterschießen sichert. Der FC Bayern beim Sieg in Gladbach in der Einzelkritik.
Als die Helden im Bus saßen, ging allerdings lange erst mal gar nichts. Den FC Bayern kann zurzeit nur der Verkehr aufhalten, und der war nach dem Pokaltriumph der Münchener im Elfmeterschießen gegen Borussia Mönchengladbach rund um das Stadion zusammengebrochen. Erst gegen Ende der Geisterstunde rollte das rote Gefährt vom Stadionparkplatz. Die müden Insassen trösteten sich mit den Gedanken an den vorangegangenen Krimisieg ebenso wie mit der Vorfreude auf ein Pokal-Endspiel gegen Borussia Dortmund am 12. Mai in Berlin. "Das hat es ja schon lange nicht mehr gegeben", sagte der Klubpräsident Uli Hoeneß: "Die beiden besten Mannschaften treffen sich im Endspiel."
Schwergetan haben sie sich, die beiden besten Mannschaften Deutschlands. Dem 1:0 der Dortmunder in der letzten Sekunde der Verlängerung in Fürth ließen die Münchener am Mittwoch ein 0:0 nach 120 Minuten in Mönchengladbach folgen. Über das anschließende 2:4 seiner Borussia im Elfmeterschießen sagte Gladbachs Sportdirektor Max Eberl hinterher trotzig: "Das war keine Heimniederlage."
"Ein außergewöhnlicher Pokalfight"
De facto war es zwar schon Gladbachs erste Heimniederlage seit einem Jahr, doch Eberl wollte etwas anderes sagen: eine echte Niederlage war das nicht - schon eher ein gerechtes Unentschieden mit unvermeidbarem Elfmeterglücksspiel. "Eine sehr, sehr gute Partie von beiden Seiten", lobte Hoeneß. "Ein außergewöhnlicher Pokalfight", zeigte sich der Trainer Jupp Heynckes begeistert. "Beide Mannschaften haben ein gutes Spiel mit viel Tempo gezeigt", fand auch Gladbachs Trainer Lucien Favre.
Bleibt die Frage, was den Unterschied ausgemacht hat. Oder anders: Hatte das Spiel einen Heroen, einen Pokalhelden? Die Bayern fanden: ja, und waren sich einig: "Manuel Neuer war der Matchwinner", sagte Heynckes. "Er ist der beste Torwart überhaupt", sagte Ribéry. "Der beste Deutschlands, vielleicht der Welt", ergänzte Mario Gomez.
Dass die Münchner Neuer derart überschwänglich feierten, hatte einen konkreten Grund: Die beiden Liga-Niederlagen der Bayern gegen Gladbach im ersten (0:1) und achtzehnten (1:3) Saisonspiel hatte Neuer durch jeweils einen Fehler vor dem 0:1 entscheidend mitverschuldet. Jetzt, im dritten Aufeinandertreffen, konnte er sich rehabilitieren. "Das ist heute deine Zeit in diesem Stadion", hatte Gomez vor dem Elfmeterschießen zu Neuer gesagt.
Und Neuer hielt, nach zuvor ebenfalls überragenden 120 Minuten, Gladbachs vierten Elfmeter, indem er Håvard Nordtveits mittig platzierten Schuss mit dem linken Fuß abwehrte. "Den hab' ich mit links gehalten", sagte er hinterher grinsend. Zuvor hatte Dante den dritten Gladbacher Elfmeter über das Tor gedroschen. "Mich freut's, dass der Manuel heute seinen Gladbach-Fluch eindrucksvoll überwunden hat", sagte Münchens Offensivspieler Thomas Müller und fasste die Quintessenz eines zwar torlosen, aber dennoch packenden Spiels in eine würdige Formel.
Dante schießt kraftvoll über das Tor
Das reizvoll ausgestaltete Taktikspiel mit hohem Tempo und vielen Chancen auf beiden Seiten hätte auch 2:2 ausgehen können oder, wenn allein Arjen Robben seine viereinhalb Möglichkeiten genutzt hätte, auch 4:2 für München. Aber weil Gladbachs Torwart Marc-André ter Stegen seinem Kontrahenten Neuer in nichts nachstand, ging es mit einem gerechten 0:0 in ein Elfmeterschießen, in dem ausgerechnet jener Brasilianer namens Dante zur tragischen Figur wurde, dem Teile der Presse seit Wochen einen Wechsel von Gladbach zum FC Bayern im kommenden Sommer andichten.
"Ich habe keinen Kontakt zu Bayern", sagte Dante nach dem Spiel unschuldig, außerdem sei "ein Elfmeter ein Elfmeter", und da gebe es vor so einem wichtigen Entscheid nichts zu zögern. Dante lief selbstbewusst an und schoss den Ball kraftvoll über das Tor, wodurch Neuer mit seiner anschließenden Parade gegen Nordtveits Schuss bereits beim vierten Elfmeter zum Helden wurde.
Hinterher freute sich Franck Ribéry vor allem darüber, dass es nun "weiter um drei Titel" gehe und man nicht vorhabe, einen von diesen dreien so schnell aufzugeben. Mit genau dieser Entschlossenheit verließen die Münchner Mittwochnacht Mönchengladbach und haben trotz 120 torloser Minuten weiteres Selbstvertrauen getankt. Niemand soll den FC Bayern jetzt noch aufhalten. Nach einer Stunde im stehenden Bus löste sich weit nach Mitternacht ja dann untertänigst auch der Stau rund ums Stadion auf.