FC Bayern:Für Renato Sanches sind 35 Millionen Euro ein moderater Preis

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Renato Sanches, bei seinem Auftritt mit Benfica in München. (Foto: dpa)

Der FC Bayern gewinnt das Rennen um eines der größten Talente Europas. Renato Sanches von Benfica Lissabon beeindruckt die Fußballwelt. Nur sein Alter wirft Fragen auf.

Porträt von Thomas Hummel

In München gab es diesen Zweikampf. Douglas Costa bemühte sich um den Ball gegen Renato Sanches, der Brasilianer mit den Oberschenkeln aus Stahl und dem enormen Antritt gegen den 18-jährigen Portugiesen von Benfica Lissabon. Costa wuselte und hüpfte und drängelte - und hatte doch keine Chance. Am Ende fiel er fast tölpelhaft auf den Rücken von Renato Sanches und musste sich für das Foul entschuldigen.

Diese Szene aus dem Viertelfinal-Hinspiel der Champions League erzählt viel über Renato Sanches. Über seinen Behauptungswillen, seine Respektlosigkeit vor großen Namen, seine Kraft und Geschicklichkeit. Der junge Mittelfeldspieler war schon damals das neue Top-Spekulationsobjekt in einem entfesselten Fußballmarkt. Nun hat der FC Bayern Renato Sanches für 35 Millionen Euro zuzüglich möglicher Bonuszahlungen verpflichtet - wohl auch deshalb, weil er sich noch gut an die Duelle in der Champions League erinnert.

Dabei ist es nur ein gutes halbes Jahr her, dass Renato Sanches sein Debüt in der ersten Mannschaft von Benfica gegeben hatte, beim 2:2 in der Champions League in Astana. Doch diese kurze Zeit reichte aus, um die Fußballwelt mächtig zu beeindrucken. Der Aufstieg von Benfica nach einem schlechten Saisonstart an die Tabellenspitze der Primeira Liga und der Einzug in den Kreis der besten Acht in Europa ist eng mit seinen Leistungen verbunden. Seitdem er spielt, hat Benfica fast alle Spiele gewonnen.

"Renato spielt klasse, er macht eine klasse Entwicklung", sagte sein Trainer Rui Vitoria vor dem Rückspiel gegen die Bayern und prophezeite: "Eines kann ich sagen: Er hat eine glorreiche Karriere vor sich."

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Renato Sanches' Start ins Leben war wohl etwas beschwerlicher als der Beginn seiner Fußballprofi-Karriere. Geboren in eine Einwanderer-Familie im ärmlichen Lissaboner Außenbezirk Musgueira, trennten sich die Eltern bald. Renato, so berichten portugiesische Medien, wurde erst mit fünf Jahren offiziell registriert, was zu Zweifeln an seinem wahren Alter führte. Schließlich verfügt er mit seinen 18 Jahren zwar über ein jungenhaftes Gesicht, aber einen ungewöhnlich mächtigen Körperbau. Den nutzt er auf dem Platz dazu, sich immer und überall zu wehren; meistens setzt er sich durch. Ohne Angst und Scheu geht er in die Zweikämpfe, verfügt aber gleichzeitig über eine ausgefeilte Technik und Übersicht.

Mit neun Jahren war er vom Stadtteilklub Aguias da Musgueira zum gar nicht weit entfernt gelegenen Jugendzentrum von Benfica gewechselt. Der Legende nach für 750 Euro Ablöse. Er hat alle Jugendteams des Klubs durchlaufen, auch alle Junioren-Nationalmannschaften des Landes. Renato Sanches war in Lissabon das, was auch der FC Bayern gerne wieder häufiger hätte: ein selbst ausgebildeter Spieler mit großer Identitätswirkung auf das Umfeld. Doch während die Müllers und Lahms in München ihr ganzes Fußballerleben verbringen, wusste Benfica schnell, dass dieser 18-Jährige bald woanders spielen würde. Er ist einfach zu gut für den Klub.

"Ob er hier spielt im nächsten Jahr, damit beschäftigen wir uns jetzt nicht", erklärte Trainer Vitoria vielsagend. Renato Sanches hat einen der mächtigsten Spielerberater Europas an seiner Seite: Jorge Mendes, der unter anderem Cristiano Ronaldo, Ángel di María, James Rodriguez oder Trainer José Mourinho im Portfolio hat. Auch Ronaldo hatte Mendes bereits mit 18 Jahren zu Manchester United gelotst, obwohl damals viele rieten, er solle noch eine Weile bei Sporting Lissabon bleiben und sich entwickeln.

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Benfica wusste deshalb, was auf den Klub zukommt und stattete Renato Sanches nach nur wenigen Einsätzen mit einem neuen Vertrag bis 2021 aus. Doch Mendes installierte wie üblich eine Ausstiegsklausel. Zuerst war von 45 Millionen Euro die Rede, später von 80 Millionen Euro. Andere deuteten seine Rückennummer 85 so, als koste er entsprechend viele Millionen.

Die Scouts der Großklubs Europas drängelten sich seit Wochen auf der Tribüne, wenn Renato Sanches spielte. Als erster Interessent wurde stets Manchester United genannt. Doch nun haben die Münchner das Rennen gemacht. Die von ihnen angegebenen 35 Millionen Ablöse klingen angesichts der Preise, die gerade in England aufgerufen werden, noch moderat. Wobei die Höhe der "Bonuszahlungen" durchaus opulent sein dürfte. Und sie werden wohl nicht nur dann fällig, wenn Renato Sanches "in die Weltelf berufen wird, oder FIFA-Weltfußballer werden würde", wie der FC Bayern erklärt.

Die Saison in Portugal ist für Renato Sanches übrigens schon beendet. Am Wochenende sah er im Spiel bei CS Marítimo einmal Gelb wegen einer angeblichen Schwalbe und kurz darauf wieder wegen eines blöden Fouls. Er ist damit für den letzten Spieltag gesperrt und muss von der Tribüne aus zusehen, ob seine Mitspieler den Zwei-Punkte-Vorsprung auf Sporting ins Ziel bringen.

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