FC Bayern bei Donezk:Angesäuert vom Schiedsrichter

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  • Selbst schuld oder des Schiedsrichters Schuld? Der FC Bayern debattiert nach dem 0:0 bei Schachtjor Donezk über ein hart geführtes Spiel.
  • Vorstandsboss Rummenigge sagt: "Der Schiedsrichter war eine einzige Katastrophe."
  • Doch auch zum Spiel der Bayern gibt es kritische Stimmen.
  • Hier geht es zur Tabelle der Bayern-Gruppe in der Champions League.

Von Jonas Beckenkamp, Lwiw

Den internen Wettstreit um die eindruckvollste Gesichtsröte hatte Matthias Sammer knapp vor Karl-Heinz Rummenigge gewonnen. Daher lohnte es sich, zunächst der Manöverkritik des Sportvorstandes des FC Bayern zu lauschen. Sammer haderte mit dem gerade Erlebten gleich in dreifacher Ausführung. "Kein Wunschresultat" sei das 0:0 im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League gegen Schachtjor Donezk. Zudem ein "gefährliches Resultat" - aber eben auch ein "Scheinresultat".

Damit zählt Sammer zu der seltenen Spezies Mensch, die aus einem Fußballspiel gleich drei Ergebnisse ableiten können. Die Bayern haben es den Beobachtern aber auch schwergemacht mit diesem Auftritt, der am treffendsten zwischen mittelgut und weniger gut anzusiedeln ist.

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Von Jonas Beckenkamp, Lwiw

Dass aus Münchner Sicht an diesem klirrend kalten Abend in Lwiw keine Tore fielen, macht die Lage verzwickt - im Rückspiel muss nun ein Sieg her, sonst droht das sehr frühzeitige Aus. Sammer trug deshalb eine erhebliche Färbung auf seiner kahlen Stirn durch die Katakomben des Stadions. "Wir haben es kontrolliert und hinten nichts zugelassen", erklärte er, doch er schob gleich ein Aber hinterher: "Zum Toplevel fehlt uns ein ganzes Stück."

Und dann sagte der Chef-Kritiker noch einen dieser typischen Sammer-Sätze: "Wir müssen zusehen, dass die Antennen draußen sind." Als Hauptsensor in vereinseigenen Antennenfragen war Sammer zu dem Schluss gekommen, dass offenbar nicht alle Beteiligten ihre volle Schöpfungskraft entfaltet hatten.

Angesprochen durften sich gleich mehrere Antennenempfänger fühlen: Etwa Mario Götze, der nach dem Schönwetterspiel gegen den HSV erneut im Ernstfall weitestgehend abtauchte. Oder Bastian Schweinsteiger, der außer einem Akrobatikschüsschen zu Beginn nicht viel Esprit ausstrahlte. Oder Thomas Müller, dem Bälle versprangen, als habe ihn das Lampenfieber gepackt.

Lampenfieber bei Müller, so weit kommt's noch. Der Stürmer selbst verabschiedete sich im Gedränge der Lwiwer Arena mit "gemischten Gefühlen" in die Nacht, "es wurde alles ein bisschen hektisch", teilte er mit. Er meinte damit die wirren Offensiv-Versuche seines Teams, das vor allem in der zweiten Hälfte kaum Struktur in die eigenen Angriffe brachte.

Weil die Ukrainer (angetreten mit sechs Brasilianern) aufs Fußballspielen größtenteils verzichteten, musste Guardiolas Elf anrennen. Doch es fehlte ein Plan, wie das gehen soll. Es fehlten Wumms, Ordnung und Finesse - es fehlte ein Tor. "Schade, dass wir es vorne nicht hinbekommen haben", sagte Schweinsteiger.

Zerfahren gestaltete sich die Angelegenheit aus der Sicht vieler Münchner aber auch wegen eines Mannes namens Alberto Undiano Mallenco. Der spanische Schiedsrichter habe die Partie zur Klopperei entgleisen lassen, so die Stimmungslage. Erst kringelte sich Franck Ribery nach einigen Tritten am Boden. Dann zankte sich David Alaba mit Schachtjors schlachterprobtem Kapitän Darijo Srna. Und schließlich flog Xabi Alonso nach einem Zupfer gegen Teixeira mit Gelb-Rot vom Feld (65. Minute). Der Baske hatte bis dahin elanvoll die Kulturtechnik der Risiko-Grätsche erprobt - den Platzverweis verdiente er sich wegen eines taktischen Fouls.

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Es war die Szene, die Vorstandsboss Rummenigge immerhin zu Platz zwei in der Kategorie Zornesröte verhalf. "Ein komisches Spiel, aber ich muss auch ganz klar sagen: Der Schiedsrichter war eine einzige Katastrophe", klagte er und attestierte Undiano "kein Champions-League-Format." Eine ähnliche Sicht hatte auch Müller, der nach insgesamt sieben verteilten gelben Karten zu dem verklausulierten Schluss kam: "Der Schiri hat leider nicht deeskalierend wirken können." Zur Wahrheit dieses überaus kernigen Fußballspiels zählt aber auch, dass der Referee eben keine der beiden Mannschaften wirklich bevorteilte.

Das sahen weitere Kronzeugen aus dem Bayern-Lager anders. "Ich weiß nicht, ob der Schiedsrichter in jeder Situation Herr der Lage war," lautete Schweinsteigers Einschätzung, der im Mittelfeld einige Treteinlagen aus der Nähe beobachten konnte. Aus etwas größerer Entfernung hatte Matthias Sammer seine eigene Sicht auf die Dinge. Er habe den Schiedsrichter "als merkwürdig eingestuft", ließ er leicht verschwörerisch wissen.

Es war eben kein Wunsch-Schiedsrichter. Wobei noch zu klären wäre, ob es so etwas wie einen "gefährlichen Schiedsrichter" oder gar einen "Schein-Schiedsrichter" gibt.

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