FC Bayern:Bei Alaba überlegt der Ball länger

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David Alaba (vorne) lässt sein Geschoss gen Schalker Tor rauschen. (Foto: imago/Nordphoto)
  • David Alaba schießt beim 2:0 des FC Bayern gegen Schalke so gefährliche Freistöße, dass sich auch der gegnerische Torwart wundert.
  • Der Österreicher ist bei den Münchnern derzeit ohnehin gut drauf.
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Von Philipp Selldorf, Gelsenkirchen

Was von David Alabas Freistößen zu halten sei, hat man Ralf Fährmann gefragt, und Schalkes Torwart hat nicht gezögert, die volle Wahrheit und nichts als die Wahrheit zu sagen: "Die sind kacke", sagte er. Es klang fast vorwurfsvoll.

Die beiden Freistöße, die Alaba auf Fährmanns Tor feuerte, gehörten zu den stillen Höhepunkten des Abends. Der erste flog gegen die Latte (29.), den zweiten wehrte Fährmann mit erstklassiger Flugparade ab (78.). Wie ein Frosch war er plötzlich in die Luft geschnellt und hatte den rasenden Ball zur Seite befördert, wobei er sich die Aufgabe selbst erschwert zu haben schien, weil er relativ spät auf die Gefahr reagierte.

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Der späte Abflug beruhte aber nicht auf Trägheit, sondern auf der Eigengesetzlichkeit von Alabas hinterhältigen Flatterbällen. Faustregel, so Fährmann: Je größer die Distanz, "desto mehr Zeit hat der Ball zu überlegen". Sodass auch der Torwart grübelt, während sich die unkalkulierbar hin und her und rauf und runter flatternde Kugel nähert.

Alabas Zick-Zack-Kurs

Fährmann weiß: "Es ist gewollt, dass die Bälle so fliegen, das ist ja Alabas Klasse. Du machst dann einen Schritt nach links und dann wieder einen Schritt nach rechts - und am Ende kommst du vielleicht zu spät." Ihm sei es lieber, wenn Alaba aus elf Metern aufs Tor schieße statt aus 35 Metern, sagte er.

Alaba beherrscht auch diese Freistöße, die als filigrane Zirkelbälle mit Schnitt und Präzision unter die Latte oder ins Eck fallen. In Gelsenkirchen jedoch waren es Langstrecken-Geschosse aus 30 bis 40 Metern Entfernung. Sie sahen aus wie Lenkflugkörper, die von einem Steuerungsgerät im Zickzack-Kurs Richtung Zielobjekt manövriert wurden. Nur dass Alaba keine Fernbedienung in der Hand hielt, mit der er den Ball gezielt verwirrend auf Umwege schickte, er erledigt das alles mit seinem linken Fuß, der für die Bayern nie so unbezahlbar und unersetzlich war wie heute.

Man kann sich bei Bayern inzwischen sogar ein Team ohne Manuel Neuer und ohne Robert Lewandowski vorstellen, ihren Posten übernehmen dann Sven Ullreich oder Sandro Wagner. Doch zu Alaba gibt es nach dem Verkauf von Juan Bernat nach Paris und der langwierigen Verletzung von Rafinha vorerst keinerlei Alternative, zumindest keine, die nicht nach notdürftigster Improvisation aussieht. Alaba ist in München zurzeit mal wieder in vielerlei Hinsicht einzigartig: Als Linksverteidiger wie als Spezialist für Spektakelfreistöße. Mit dem 2:0 war er unzufrieden, "heute war ich nicht so glücklich", klagte er. Für Ralf Fährmann muss das wie Hohn klingen.

© SZ vom 24.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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