FC Bayern:Bayern und Guardiola trudeln krawallfrei ins Ziel

Lesezeit: 3 min

  • Die Bayern bedanken sich bereits bei ihrem scheidenden Trainer Pep Guardiola.
  • Vor dem Pokal-Duell mit dem BVB sind sie erst einmal froh, die Trennung harmonisch moderiert zu haben.

Von Klaus Hoeltzenbein

Kurz wusste auch Pep Guardiola nicht, wohin. Da hielt er dieses überdimensionierte Bierglas in den Händen wie ein Pubertierender den Wassereimer beim Wet-T-Shirt-Contest in der Strandbar. Er suchte ein Opfer. Noch eines, dem er die Flüssigkeit übers Haupt kippen konnte, was auf den Klamotten einen unangenehmen Effekt auslöst, wie Guardiola später feststellte: "Es ist kalt und stinkt."

Aber solche Bierduschen sind halt Brauch in diesem Land, in dem er drei Jahre lebte und arbeitete. Und in dem er auch an diesem Nachmittag, an dem der FC Bayern seine dritte Guardiola-Meisterschaft pflichtgemäß ertränkte, immer noch ein bisschen fremdelte. Gut, er hatte Xabi Alonso erwischt, seinen Mittelfeldspieler, und Hermann Gerland übergossen, seinen Assistenten, aber das nächste Opfer ließ auf sich warten. Guardiola schaute forschend nach links, nach rechts, das Bierglas wie eine Kanone in der Hand haltend, die jedoch nicht mehr zum Abschuss kam.

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Trotz des verpassten Champions-League-Sieges wird man sich in München bald mit Wehmut an Pep Guardiola erinnern - und umgekehrt.

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Denn da kamen sie schon, stürmten heran, die Anhänger der Münchner, die zu Hunderten die Zäune überklettert hatten - und der FC Bayern erlebte in einem routinierten Ritual dann doch etwas Neues: einen wilden Platzsturm. Und, schwupps, war Guardiola verschwunden, verschluckt im Bauch der Arena. So endete seine Zeit an diesem Ort mit einem 3:1-Sieg gegen Hannover und einer Flucht vom Rasen, die nicht geplant gewesen war. Auch an diesem Abschiedswochenende war der Katalane für die rot-weiße Fan-Gemeinde nicht zu greifen.

Am Tag danach hielt Guardiola weiterhin Distanz. Kurz zeigte er sich auf dem Münchner Rathausbalkon, präsentierte die Schale, doch sprach er von dort oben kein Wort. "Ich liebe diese Stadt", erklärte er später am Mikrofon des Bayerischen Rundfunks. Guardiola aber wäre nicht Guardiola, ließe sich hinter seinem defensiven Auftritt nicht ein kalkulierter Plan vermuten. Er hofft, noch einmal dorthin zurück zu kehren - mit ganz fetter Beute.

Auch wenn die Meisterschale jetzt vergeben ist, steht das Spiel das Jahres erst noch an. Zwar eine Nummer kleiner als erhofft, nicht in der Champions League in Mailand gegen Madrid, sondern eine Woche zuvor, am Samstag in Berlin gegen Borussia Dortmund. Fürs deutsche Pokalfinale hat Karl-Heinz Rummenigge einen unmissverständlichen Auftrag an Guardiola erteilt: "Das ist ein wichtiges Spiel, das weißt du! Das Double in Deutschland zählt sehr viel", sagte der Bayern-Vorstand auf der Meisterparty im Münchner Postpalast. Zugleich zog er aber schon mal das Fazit der Zusammenarbeit: "Du wirst immer, das kann ich dir versprechen, ein großer Freund des FC Bayern bleiben. Vielen Dank, lieber Pep." Es klang wie ein ganz großer Seufzer.

Sie scheinen es - die Münchner und ihr erster Angestellter - geschafft zu haben, ihre Beziehung ohne öffentlichen Krawall ins Ziel zu retten. Das schien anfangs nahezu unmöglich zu sein, nachdem Guardiola trotz aller Münchner Avancen im Winter das Projekt für befristet und seinen Umzug zu Manchester City erklärt hatte.

Geht nun die Pokalsause in Berlin schief, bleibt die Bierdusche dort aus, dann ziehen alle direkt aus der Hauptstadt weiter zur EM oder in die Ferien - und am 11. Juli wird der Kader von Carlo Ancelotti übernommen. Gelingt aber ein Pokal-Triumph, hat Rummenigge beim Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter bereits einen Antrag deponiert: "Ich hoffe, Sie sperren noch mal das Rathaus auf, und dann würden wir noch mal eine Party hier feiern - und es richtig krachen lassen."

Das Schöne an einer solchen Trophäen-in-Serie-Sammelei, wie sie der FC Bayern betreibt, ist ja, dass man alles dosieren, dass man sogar in mehr Teilstücken feiern kann, als die Tour de France Etappen hat. Am Ende spricht Guardiola vielleicht doch noch mal zum Volk. Und wiederholt direkt von der Empore jenes Fazit, das er jetzt am BR-Mikrofon zog. Er habe sein Bestes gegeben, sagte Guardiola, aber "es tut mir leid", dass es mit dem Europa-Titel nichts geworden sei. Real Madrid, FC Barcelona, zuletzt Atlético Madrid - das waren seine spektakulären Niederlagen.

Sie belegen indirekt aber auch, auf welches Niveau der Bayern-Kader im vergangenen Jahrzehnt entwickelt wurde, der nun gleich fünf Mal in Serie das Champions-League-Halbfinale erreichen konnte. Auch deshalb folgert Guardiola: "Ein Verein wie Bayern München muss absolut alles gewinnen. Wenn man das drei Jahre nicht schafft, muss ein anderer Trainer kommen." Er hoffe - "tief in meinem Herzen" - Nachfolger Ancelotti werde erreichen, woran er gescheitert sei.

Jenseits von all diesem Pathos wurde am Wochenende noch einmal deutlich, wie sehr neben den großen auch die vermeintlich kleinen Wegmarken zählen. So schilderte Kapitän Philipp Lahm, wie eindringlich, wie zielgerichtet die letzte Halbzeitansprache Guardiolas in der Bundesliga ausgefallen sei. Nachdem Robert Lewandowski gegen den sich tapfer wehrenden Absteiger Hannover bereits mit dem 1:0 seine persönliche 30-Tore-Marke geknackt hatte, sollte mit aller Macht ein Rekord verteidigt werden, der auf ewig mit der Pep-Auswahl verbunden bleiben könnte: Keine Meisterelf zuvor musste in 34 Spielen nur 17 Gegentore akzeptieren.

Da bleibt nicht mehr viel Spielraum. Doch wer weiß das schon? Die Generation Beckenbauer, Müller, Maier, Schwarzenbeck, die drei Meistertitel hintereinander gewann, galt lange als unübertrefflich. Nie hätte in den gloriosen Siebzigerjahren jemand vermutet, dass eine Generation Lahm&Müller&Ribéry folgen werde, die die Schale vier Mal in Serie heben konnte.

© SZ vom 17.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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