FC Barcelona vor dem Spiel gegen Bayern:Dribbelprinz auf Mission Stolz

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Bekommt der FC Barcelona noch eine Chance gegen den FC Bayern? Falls ja, dürfte es an ihm liegen: Lionel Messi. (Foto: dpa)

Hat der FC Barcelona gegen die Bayern noch eine Chance? Die Stimmung in der Stadt ist nach dem 0:4 im Hinspiel gedämpft, der Respekt vor den Deutschen groß. Hoffnung verleiht einzig Lionel Messi - von ihm erwarten die Katalanen Heldentaten. Doch ein weiterer Ausfall plagt Barça.

Von Jonas Beckenkamp, Barcelona

Wer in diesen Tagen nach Barcelona kommt, muss sie erst ein wenig suchen, die Fußballbegeisterung. Normalerweise ist das anders in dieser vor Stolz funkelnden Stadt am Mittelmeer, wo eine Mannschaft in den vergangenen Jahren das Spiel neu erfunden hat. Doch die Halbgötter Barças sind etwas ermüdet, das 0:4 im Halbfinal-Hinspiel der Champions League gegen diese Kraftwalze aus München hat Spuren hinterlassen.

Sowas wollen sie hier nicht noch einmal erleben - wenn schon ausscheiden, dann bitte mit Anstand. Aber: Ist denn nicht vielleicht sogar mehr drin?

Wenn irgendein Fußballteam ein solches Resultat noch drehen kann, dann sicher nur der FC Barcelona, so hatte es sogar Arjen Robben gesagt und der spielt bekanntlich beim FC Bayern. Der Mann am Zeitungsstand kramt nach dem Wechselgeld und seufzt tief. "Dieses Ergebnis noch umbiegen? Madre mia, wie soll das gehen? Wir spielen ja nicht gegen irgendwelche Clowns, sondern gegen elf Deutsche!"

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Einige Deutsche werden an diesem Abend tatsächlich auf den Feld stehen bei den Bayern, aber eben auch so unüberwindbare Menschenwände wie der Brasilianer Dante oder der Baske Javier Martínez.

Barcelona, das ist in der Stadt zu spüren, glaubt nicht mehr so recht an diese "Remontada", die in fast allen Zeitungen besungene "Aufholjagd". Immerhin die Medien tun so, als täten sie es.

"Auf zur Heldentat" titelt Spaniens bedeutendste Sportpostille Marca, bei Mundo Deportivo heißt es "Barças Stolz - mit einem starken Messi und der Mannschaft in Bestform ist nichts unmöglich", während Sport an höhere Kräfte appelliert: "Barça braucht ein Wunder." Stolz, Wunder, Helden - daran klammern sich die wenigen Gläubigen, denen klar ist, dass nur ein sportliches Ereignis epischer Qualität noch helfen kann.

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Wie sollte es auch anders klappen, nach der vernichtenden Vorstellung vor einer Woche in München? Sicher, ein überirdischer Lionel Messi, der in der ersten Halbzeit zwei schnelle Tore aus dem Hemdärmel schüttelt, diese vage Hoffnung besteht ja durchaus.

Überhaupt, Messi. Der Dribbelprinz scheint so etwas wie Barças letztes Lebenselexir zu sein. Im Hinspiel tauchte er ab wie selten, er war nicht fit und konnte einem fast schon leid tun. Jetzt soll der Argentinier eine ganze Stadt vor dem Untergang retten. "Wir geben noch nichts verloren", sagt selbst der sonst zurückhaltende Barça-Coach Tito Vilanova. "Je besser Messi spielt, desto höher unsere Chancen."

Das sieht auch das Volk in den Bars so. "Wir haben eine kleine Hoffnung: So schlecht wie vor einer Woche spielen wir nicht noch einmal - und Messi ist wieder da", sagt Augusti, ein echter Katalane, der leider keines der knapp 100.000 Tickets im Stadion ergattern konnte. "Da will jeder hin und jeder kennt irgendwen, der an Karten kommt - aber ich ging leer aus." Auch ohne ihn werden die unverwüstlichen "cules" im Nou Camp, jener Kathedrale des Fußballs im Westen der Innenstadt, eine besondere Choreographie auf die Ränge zaubern.

Die Arena wird mit Kartonblättern in die Vereinsfarben Rot, Blau und Gelb gefärbt, der Schriftzug "Orgull Barça" soll alle noch einmal an den Stolz des Klubs erinnern. Mehr können sie nicht tun, als um ihre Ehre zu spielen. Ob es dann mit dem Unmöglichen hinhaut, liegt aber auch ein wenig an den restlichen zehn Männern neben Messi. Passgenie Xavi wird im Mittelfeld gemeinsam mit Iniesta wieder die Tiki-Taka-Lokomotive ankurbeln, hinten links ersetzt der Brasilianer Adriano den gesperrten (und im Hinspiel indisponierten) Jordi Alba und vorne erwarten viele Spaniens Nationalstürmer David Villa anstelle des Chilenen Alexis Sanchez.

Dass neben Kapitän Carles Puyol und Abwehrchef Javier Mascherano jetzt auch noch Sergio Busquets (Schmerzen am Schambein) ausfällt, trifft Barcelona hart. Der Mittelfeldstratege ist bei Barça so etwas wie Martínez bei den Bayern - enorm wichtig, vor allem in der Bewegung gegen den Ball. Wie gut der Kameruner Alex Song Busquets in der Zentrale ersetzen kann, dürfte mitentscheidend sein für das Gelingen der katalanischen Wiederauferstehung.

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Die spanischen Zeitungen freuen sich, dass Real Madrid den Stolz wiedergefunden hat. Nur ein wenig trauern sie den verpassten Chancen nach. Die britische Presse stört es gar nicht, dass ziemlich sicher zwei deutsche Teams zum Finale nach London reisen, sie fühlen sich vielmehr von Mourinho geschmeichelt.

Um überhaupt eine Chance zu haben, sollten ohnehin alle "den Tag angehen, als seien wir Kinder", sagte Verteidiger Gerard Piqué am Dienstag. "Wir müssen heute den gesunden Menschenverstand ausschalten, der einen manchmal bremst." So weit ist es gekommen: Die vielleicht beste Fußballmannschaft des Planeten spielt um ihr Leben - wie ein paar Racker auf dem Bolzplatz.

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