FC Barcelona:Messi liebt Siege im Bernabéu

Lesezeit: 3 min

Wenn Messi am Sonntag gegen Real gut drauf sein sollte, muss sich kein Barça-Trainer weitere Gedanken um Taktik und Strategie machen. (Foto: AP)
  • Der FC Barcelona hat offiziell den teuersten Kader der Welt - und pfeift vor dem Clásico bei Real Madrid personell trotzdem aus dem letzten Loch .
  • Trainer Quique Setién holt sich vorsichtshalber Tipps bei Pep Guardiola.
  • Doch wenn Messi ab 21 Uhr gut drauf sein sollte, muss sich kein Barça-Trainer Gedanken um Taktik und Strategie machen.

Von Javier Cáceres, Madrid

Quique Setién, seit Mitte Januar Trainer des FC Barcelona, weilte am Mittwochabend im Estadio Santiago Bernabéu. Als Kundschafter in eigener Sache. Setién, 61, beobachtete den nächsten Gegner seiner Mannschaft, Real Madrid, im Achtelfinalhinspiel der Champions League gegen Manchester City (1:2). Ein Barça-Trainer als Spion im Bernabéu, der Heimstatt des Erzrivalen? Nur ein paar Tage vor dem Clásico am Sonntag, ab 21 Uhr? Derlei hatte man, wenn überhaupt, seit Jahren nicht mehr gesehen.

Doch nicht nur auf die eigenen Erkenntnisse wollte er sich verlassen. Denn nach der Partie holte er sich noch Tipps in einem Fünfsternehotel in Madrid ab, beim bestmöglichen Experten für Siege im Bernabéu: City-Trainer Pep Guardiola, der in neun Partien im Stadion von Real Madrid (mit dem FC Barcelona, dem FC Bayern und eben mit City) sechs Siege holte. Und Guardiola gab bereitwillig Auskunft, es war nicht einmal nötig, die Zunge durch einen vorzüglichen Rotwein zu lösen. Denn Barça ist, wie Guardiola in Madrid sagte, "der Klub meines Herzens".

Es gibt absurdere Ideen, als sich mit Guardiola über Fußball zu unterhalten. Und ein paar Ratschläge kann Setién ziemlich gut gebrauchen, auch wenn er selbst als Trainer ungeschlagen ist im Bernabéu. Mit dem heutigen Zweitligisten UD Las Palmas verspielte Setiéns Mannschaft (zusammen mit dem ehemaligen Bundesligaprofi Kevin-Prince Boateng) eine 3:1-Führung, als Reals damaliger Topstürmer Cristiano Ronaldo mit zwei Toren noch den Ausgleich fabrizierte. Bei seinen letzten beiden Visiten, mit dem andalusischen Traditionsklub Betis Sevilla, holte er zwei Siege.

Schiedsrichter Brych
:Einmal noch Messi sehen

Schiedsrichter Felix Brych stellt beim Spiel Neapel gegen Barcelona einen Rekord auf - mit dem 57. Champions-League-Spiel unter seiner Leitung. Seit seiner Premiere vor zwölf Jahren hat sich für Referees viel verändert.

Von Christof Kneer

Gleichwohl: Die Zweifel am Spiel des FC Barcelona sind noch immer groß, und sie wurden nach dem Dienstag nicht kleiner, als Barcelona beim SSC Neapel in der Champions League ein sehr bräsiges 1:1-Unentschieden holte. "Barcelona hat uns nur gekitzelt", sagte Neapels Trainer Gennaro Gattuso. Was vielleicht auch damit zu tun hatte, dass Barças Spieler sich über Ablenkung nicht beklagen können.

Mit großer Spannung verfolgen auch sie die Neuigkeiten rund um Barçagate, das fast täglich neue Nachrichten produziert. Barçagate, so wird die Affäre rund um einen umstrittenen Vertrag Barças mit einer Firma genannt, die dem Verein für eine Million Euro zu Diensten war und missliebige Journalisten, oppositionelle Vereinspolitiker und auch Spieler im Internet attackierte, zum Beispiel wegen außerfußballerischer Aktivitäten. Wäre diese Praxis nicht aufgeflogen - es währe wohl ein gefundenes Fressen gewesen, dass Verteidiger Gerard Piqué, 33, nach der Rückkehr aus Neapel am Mittwoch nach Andorra weiterreiste. Ihm gehört dort ein Fußballklub, der gerade den Trainer rausgeworfen hat. Am Freitag wiederum gab Piqués Firma Kosmos bekannt, dass sie einen neuen Markenmanager hat - abgeworben beim FC Barcelona. Was immerhin als Beleg dafür dienen könnte, dass in der Kabine nicht alle Managementmitarbeiter des Klubs für inkompetent und fantasielos gehalten werden.

Reicht's für einen Sieg bei Real Madrid?

Der Eindruck konnte in den letzten Wochen entstehen. Es gibt im Grunde keinen Führungsspieler mehr, der sich nicht öffentlich über die Chefs beklagt hätte. Nachdem Sportdirektor Eric Abidal der Mannschaft vorgeworfen hatte, zu lau zu trainieren, fuhr ihm Kapitän Lionel Messi, 32, über den Mund. Abidal solle Namen nennen, "andernfalls besudelt er alle". Dann sprach Piqué eine Wahrheit aus: "In den letzten Jahren hat die Mannschaft mit ihren Ergebnissen den Klub gestützt." Und in Neapel ritt Sergio Busquets, 31, eine neue Attacke gegen Abidal, die das Schisma zwischen Team und Vereinsführung noch ein wenig mehr vergrößerte. "Leider haben wir keinen sonderlich breiten Kader; die Planung war halt so", sagte Busquets. Der frühere Schalker Ivan Rakitic, 31, blies ins gleiche Horn: "Die Verantwortlichen wissen, dass wir einen kleinen Kader haben."

In der Tat: Wegen diverser Verletzungen - zum Beispiel der Stürmer Luis Suárez und Ousmane Dembélé - kommt Barcelona nur auf 13 Profi-Feldspieler, die nach Madrid reisen können; fürs Rückspiel gegen Neapel käme man aktuell wegen der Sperren für Busquets und Arturo Vidal sowie der fehlenden Spielberechtigung für den gerade erst eingekauften Stürmer Martin Braithwaite auf lächerliche zehn. Das mutet wie ein besserer Witz an. Laut offiziellen Zahlen hat Barça Personalkosten in Höhe von 633 Millionen Euro - und damit größere als jeder andere Klub der Welt. Trotz dieser gewaltigen Summe sagte Lionel Messi jüngst in einem Interview: "Im Moment reicht es nicht, um die Champions League zu gewinnen." Aber vielleicht reicht's für einen Sieg bei Real Madrid?

Zumindest würde der FC Barcelona mit einem Dreier einer Gewohnheit entsprechen. Die letzten vier Liga-Clásicos im Bernabéu endeten ausnahmslos mit Siegen für die Katalanen. Ein fünfter würde überdies die Bilanz der gewonnen Duellen in der Liga erstmals in der Geschichte zugunsten des FC Barcelona verschieben. Zurzeit stehen für beide Klubs 72 Siege zu Buche. Das mögliche Überholmanöver ist natürlich auf Messi zurückzuführen. Im Jahr seines Debüts (2005) lag Barça noch sieben Siege hinter Real (58:65). Und eins ist klar: Wenn Messi am Sonntag gut drauf sein sollte, muss sich kein Barça-Trainer weitere Gedanken um Taktik und Strategie machen. Denn wenn man etwas aus vergangenen Jahren weiß, dann dies: Messi liebt Siege im Bernabéu.

© SZ vom 01.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusMotivation im Sport
:"Der Trainer ist der Verbündete"

Der Sportpsychologe Philipp Laux spricht über die Qualitäten von Chefs wie Jürgen Klopp, das Geheimnis von Spitzenteams - und wie man im Fußball eine Mannschaft baut.

Interview von Gerald Kleffmann

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: