FC Augsburg:Aufbruch im Zeitraffer

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Positive Zwischenbilanz: Marinko Jurendic hat sich beim FCA schnell zurechtfinden müssen. (Foto: Eduard Martin/Jan Huebner/Imago)

In seinen ersten vier Monaten hat der neue Sportdirektor Marinko Jurendic beim FC Augsburg viel erlebt - und doch soll das erst der Anfang gewesen sein. Den Kader will er nun für die Nachwuchsförderung optimieren, gleichzeitig strebt der Verein an, sich in die Top Ten der Bundesliga einzureihen.

Von Maik Rosner

In der Politik wird üblicherweise nach 100 Tagen die erste Zwischenbilanz gezogen, egal wie aussagekräftig sie da sein kann. Marinko Jurendic hat die 100-Tage-Marke als Sportdirektor des FC Augsburg schon um gut drei Wochen überschritten, doch das ist längst nicht der einzige Grund, wieso sein Start beim FCA dringend eine Betrachtung verdient. In seinen ersten Monaten ist hier nämlich so viel passiert wie andernorts oft nicht in Jahren.

"Es sind sehr ereignisreiche Monate gewesen", bestätigt er, "gerade in den ersten Wochen war es intensiv." Wenn die Mannschaft von Trainer Jess Thorup am Sonntag (19.30 Uhr) Eintracht Frankfurt empfängt, ist es auf den Tag genau vier Monate her, dass der FCA Jurendic als neuen Sportdirektor vorstellte. Als der Verein sich damals bei ihm meldete, hatte er sich Augsburgs Lage auf der Landkarte erst einmal ergoogeln müssen. Viel Zeit, sich zurechtzufinden, hatte der 46-Jährige dann aber nicht. Ankunft und Aufbruch fanden in einer Art Zeitraffer statt.

Jungen Spielern zum Durchbruch zu verhelfen, "dafür muss der FCA stehen", findet Jurendic

Als Jurendic eintraf, hatte er bei seinem vorherigen Arbeitgeber FC Zürich gerade die Kaderplanung abgeschlossen. Beim FCA ging es damit sofort weiter, dann galt es seinen langjährigen Vertrauten Heinz Moser, 56, als neuen Leiter Entwicklung einzuarbeiten, um den Nachwuchs besser mit den Profis zu verzahnen. Und plötzlich war Jurendic alleinverantwortlicher Sportdirektor, weil sich Stefan Reuter nach mehr als zehn Jahren überraschend als Geschäftsführer Sport zurückzog. Im Oktober musste er weitreichende Personalien entscheiden, er beurlaubte Trainer Enrico Maaßen und warb Thorup als Nachfolger an. Mit dem 53 Jahre alten Dänen gelangen den Augsburgern bisher zwei Siege und drei Unentschieden. Man habe damit das erreicht, "was wir uns vom Trainerwechsel erhofft haben", sagt Jurendic: "dass die Stabilität wiedergefunden wird, der Trend nach oben geht und die Mannschaft das Vertrauen in sich zurückgewinnt. Es ist wieder zu sehen, was die Mannschaft wirklich leisten kann."

Jurendic sei "klar in der Denke, strukturiert und ambitioniert", stellt Geschäftsführer Michael Ströll fest. Vor allem ist er gerne gut vorbereitet. Er führt eine Liste mit interessanten Spielern und Trainern. Vor der Suche nach Maaßens Nachfolger habe er sich die Fragen gestellt, "in welcher Phase befindet sich unsere Mannschaft, was braucht unsere Mannschaft aktuell", erklärte Jurendic jüngst im BR-Fernsehen, "für uns war es auch wichtig, unsere langfristige Entwicklung nicht aus den Augen zu verlieren." Auch dazu soll Thorup mit seiner Erfahrung und seinem Geschick in der Talentförderung beitragen. Seine eigene Hauptaufgabe sieht Jurendic darin, die Strukturen zu schaffen, damit der Verein prosperieren kann.

Die erste Personalie saß: Nach der Trennung von Enrico Maaßen hat das FCA-Team mit dem neuen Trainer Jess Thorup (rechts) für Spiele nicht verloren. (Foto: Klaus Rainer Krieger/Krieger)

Den FCA auf eine neue Stufe zu heben, genau dafür haben sie den in Bosnien geborenen Schweizer ja verpflichtet, der im Fußball als Profi, Trainer und Sportdirektor ebenso viel erlebt hat wie außerhalb der Branche. Er ist Lehrer, hat auch Wirtschaft und Jura studiert, leitete ein Bildungsinstitut und unterstützte nach seiner Spielerkarriere zunächst benachteiligte Jugendliche auf dem Weg in den Beruf. "Ich war in meinem Leben immer mehrschichtig unterwegs", sagt Jurendic. Das passt vielleicht ganz gut zum FCA, für den es immer Priorität hat, die Zugehörigkeit zur Bundesliga zu sichern, der aber auch Sehnsucht nach Höherem hat.

Ströll betont im 13. Bundesligajahr des Vereins "das Mindset, dass wir mehr wollen". Er verweist vor der Mitgliederversammlung am Dienstag auf die wirtschaftlichen Kennzahlen, mit denen man sich im Bereich von Platz zwölf und 13 der Bundesliga befinde. Das mittelfristige Ziel sei, "dass wir die Top Ten in Deutschland anstreben und uns da auch dauerhaft etablieren", sagt Ströll, "dafür ist es notwendig, dass wir Gas geben und nicht zufrieden sind mit dem, was in den letzten Jahren war."

Jurendic und sein Team sind nun maßgeblich verantwortlich für den erhofften Aufschwung. Im Winter steht für den 32-köpfigen Profikader eine Verschlankung durch Ausleihen an, vielleicht auch eine punktuelle Verbesserung. Regionale, nationale und teils auch internationale Talente sollen künftig verstärkt eingebaut werden. Es sei "eine Win-win-Situation, wenn wir Karrieren vorbereiten können", findet Jurendic, wenn "Spieler beim FCA zu Durchbrüchen in der Bundesliga kommen oder über den FCA einen nächstgrößeren Schritt machen. Dafür muss der FCA stehen."

Die Erfahrung dafür bringen er und Moser mit vom FC Zürich, bei dem teilweise rund 50 Prozent des Profikaders aus der Akademie stammten. Übergeordnet gelte es, "ein dauerhafter Bundesliga-Verein zu bleiben und noch mal ein oder zwei Schritte nach vorne gehen zu können", sagt Jurendic. Über zu wenig Arbeit dürfte er sich auch in den kommenden Monaten kaum beklagen können.

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