FC Augsburg:Blick über den großen Teich

Lesezeit: 3 min

Verlässt den FC Augsburg im Sommer: Rani Khedira zieht es wohl zu Union Berlin. (Foto: Tom Weller/dpa)

Der FC Augsburg stellt sich in der Corona-Krise mit einem neuen US-Gesellschafter für die Zukunft auf, der Anteile in Höhe von 5,5 Millionen erwirbt. Kurzfristig geht es gegen Bielefeld darum, nicht doch noch in den Abstiegskampf gezogen zu werden.

Von Maik Rosner

Von Entwicklungszielen sprechen sie beim FC Augsburg schon länger, und so langsam wird deutlich, wie sie diese zu erreichen gedenken. Das gilt besonders für die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die sich in der Corona-Pandemie quer durch die Branche verschlechtert haben. Beim FCA kalkulieren sie für den Zeitraum von März 2020 bis zum Ende dieser Saison mit Umsatzeinbußen in Höhe von 35 Millionen Euro. Derzeit geht der Fußball-Bundesligist auch für die kommende Spielzeit davon aus, einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag zu verlieren.

Dennoch blicken sie beim FC Augsburg mit einiger Zuversicht in die Zukunft, weit über das Heimspiel gegen Arminia Bielefeld an diesem Samstag hinaus. Teils speist sich ihr mittel- und langfristiger Optimismus sogar aus der aktuellen Situation in der Corona-Krise. "Wir sind stabiler als andere Vereine", sagte Finanz-Geschäftsführer Michael Ströll der Augsburger Allgemeinen und versicherte, man wolle auch künftig "keine Steuergelder indirekt in Anspruch nehmen".

Präsident Klaus Hofmann fügte hinzu, der vergleichsweise glimpfliche Abschwung erkläre sich durch die erzielten Gewinne aus der Zeit vor der Pandemie. "Der Abschmelzungsprozess durch Corona hat bei uns also von einem höheren Level begonnen", sagte er der Augsburger Allgemeinen und kritisierte bei dieser Gelegenheit erneut manch einen Konkurrenten scharf: "Es war schon entlarvend, dass zwei Wochen nach den Einschränkungen durch Corona im April 2020 einige Vereine Staatshilfen beantragen mussten. Das führt zu einer gewissen Wettbewerbsverzerrung, die eigentlich nicht zu akzeptieren ist. Von diesem unsäglichen Geschwätz von der Solidarität 2020 ist doch nichts übrig geblieben."

Investor Blitzer ist bereits an den Philadelphia 76ers, den New Jersey Devils und Crystal Palace beteiligt

Beim FCA zusätzlich abfedernd wirken soll derweil der Einstieg des neuen Gesellschafters Bolt Football Holdings des US-Milliardärs David S. Blitzer, 51, über den zunächst Bild und Kicker berichtet hatten. Dieser erwarb 45 Prozent der Anteile im Wert von 5,5 Millionen Euro an Hofmanns Investoren GmbH, die wiederum 99,4 Prozent der Aktien an der FC Augsburg GmbH und Co. KGaA hält. Hofmann, 53, besitzt als Geschäftsführer der Gesellschaft 30,56 Prozent der Anteile in Wert von 3,75 Millionen Euro. Auf zwei weitere Teilhaber (Project Green GmbH und Thilo Sautter) entfallen die restlichen 24,44 Prozent der Anteile.

Doch es ist vor allem Blitzer, von dem sich die Augsburger viel erhoffen. Denn Blitzer ist bereits an anderen Sportvereinen beteiligt, darunter im Basketball an den Philadelphia 76ers aus der NBA, im Eishockey an den New Jersey Devils aus der NHL und im Fußball an Crystal Palace aus der englischen Premier League. Und nun also am FCA, bei dem sie sich von Blitzers Knowhow und Netzwerk versprechen, neue Einnahmequellen zu erschließen. Beispielsweise auf dem US-Markt, durch den die Augsburger ohne Corona bereits im Sommer 2020 getourt wären. Sie blicken also schon länger über den Tellerrand und großen Teich.

Alle jene Fans, die nun fürchten, in Augsburg sei eine Heuschrecke aus dem entfesselten Fußball-Kapitalismus eingefallen, versucht der FCA zu beruhigen. Wie bei den anderen Gesellschaftern handelt es sich bei Blitzer um einen Bekannten Hofmanns. Beide kennen sich schon seit 20 Jahren. Zudem bleibt die 50+1-Regel unberührt, Blitzers Bolt Football Holdings erhält keinen Sitz im Aufsichtsrat oder sonstigen Gremium und zumindest keinen direkten Einfluss. Indirekt allerdings natürlich schon, zumal sich die Macht beim FCA auf Präsident Hofmann konzentriert, der zugleich der Vorstandsvorsitzende ist. Ein Freundschaftsdienst allein ist Blitzers Engagement nicht, und spannend wird zu beobachten sein, ob und welche Veränderungen sich womöglich ergeben. In jedem Fall erhofft sich der FCA ein wirtschaftliches Wachstum, durch das die angestrebten sportlichen Entwicklungsziele erreicht werden können.

Die Chancen, Felix Uduokhai, zu halten, könnten durch den neuen Gesellschafter gestiegen sein

Rani Khedira, 27, auch das gaben die Augsburger in dieser Woche bekannt, wird dazu von der kommenden Saison an nicht mehr beitragen. Der defensive Mittelfeldspieler verabschiedet sich mit Ablauf seines Vertrages, Union Berlin gilt als sein Ziel. Die Chancen, Felix Uduokhai, 23, zu halten, könnten durch den neuen Gesellschafter derweil durchaus gestiegen sein. An dem Innenverteidiger soll unter anderem Dortmund Interesse haben.

Doch zunächst einmal geht es um die kurzfristigen Ziele. Im Ligaspiel gegen Bielefeld steht die Mannschaft von Trainer Heiko Herrlich voraussichtlich vor der Herausforderung, als Favorit eine Partie zu gestalten. Zuletzt bei der 0:1-Niederlage auf Schalke hatte dies zum wiederholten Male nur bedingt funktioniert. Das gelte es nun zu verbessern, gab Herrlich am Freitag in Auftrag, zumal jeder wisse, "was für eine Riesenchance wir in dem Spiel haben". Mit einem Sieg wäre die Abstiegsgefahr wohl gebannt, bei einer Niederlage könnte es noch einmal eng werden. Im Sinne des neuen Gesellschafters wäre das eher nicht.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: