European Championships:Münchner Artisten

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BMX-Fahrer Paul Thölen (links) und Ruderin Alexandra Föster. (Foto: Kai Pfaffenbach/Reuters, Wolfgang Rattay/Reuters)

Luftsprünge am Lenker, Verfolgungsjagden im Boot, und dann gibt es noch das sportive Multitasking. Bei den European Championships wird pausenlos Erstaunliches geboten - fünf Münchner Kurzgeschichten.

Von SZ-Autoren

Vom Rudern auf der Regattastrecke über BMX im Park bis zum Tischtennis in der Halle: Erfolge, Erlebnisse und Episoden von der Münchner Multi-EM .

Stark im Überfall

Alexandra Föster. (Foto: Memmler/Eibner/Imago)

Als nach drei Vierteln des Rennens die Österreicherin Magdalena Lobnig in Reichweite kam, da packte Alexandra Föster doch die Hoffnung. Eine Bootslänge war die Einer-Ruderin aus Meschede/Sauerland zurückgelegen, dann überraschte sie Lobnig und schob sich vor der Ziellinie noch vorbei zu Bronze. Damit hat Föster im zarten Ruder-Alter von 20 Jahren nach dem Überraschungssieg von Luzern auch vor großem Publikum Talent bewiesen. Eine Stärke ist ihr überfallartiger Schlusssprint. Wirklich überraschend war die Bronzemedaille aber nicht, denn Föster hat als Heranwachsende bereits Erfolge und Titel errungen: 2018 holte sie WM-Silber im Junioren-Doppelvierer, 2019 WM-Gold erstmals im Junioren-Einer, 2020 Silber bei der U-23-EM, dann wurde sie 2021 EM-Siebte bei den Erwachsenen - und nun EM-Dritte. Wie das weitergeht, ist wohl nicht schwer zu erraten. Volker Kreisl

Fliegender Stilpapst

Paul Thölen. (Foto: Matthias Schrader/AP)

Paul Thölen zitterte da oben am Olympiaberg. Der 23-jährige Viersener, den sie in der BMX-Szene "Stylepapst" nennen, gab das nach dem Freestyle-Finale gerne zu. 14 000 Zuschauer hatten die höchste Erhebung Münchens am Samstag zum Beben gebracht. Zu viel war das für Thölen, der sonst selten aufgeregt ist, diesmal aber nur Achter wurde. "Ich finde es einfach geil, dass es hier keine Tribünen gibt, sondern alle auf den Wiesen sitzen und stehen Bier trinken", sagte Thölen später - und holte sich selbst schnell ein Beruhigungsbier. Der spektakuläre Wettkampf, in dem die Athleten Salti zeigten und nur am Lenker hängend durch die Luft flogen, steht nun für den Boom der jungen Sportarten bei den European Championships. Europameister wurde, wie 2019 und 2021, der Franzose Anthony Jeanjean. Die Deutsche Kim Lea Müller hatte bei den Frauen am Freitag Silber gewonnen. Sebastian Winter

Doppelschicht

Elia Viviani. (Foto: Pavel Golovkin/AP)

Wer 207 Kilometer durch Oberbayern strampelt, inklusive einer Fünfrundenhatz durch München samt kraftraubendem Massensprint, hat sich zumindest eine Massage verdient. Eine Mahlzeit, Erfrischung, Ruhe. Der Italiener Elia Viviani hingegen legte nach dem hervorragenden siebten Platz im Straßenrennen keinesfalls die Füße hoch. Er fuhr vom Odeonsplatz zur Messehalle und saß gleich wieder im Sattel - diesmal auf der Holzbahn im Ausscheidungsrennen. Es zeigte sich, dass es für ein EM-Rennen auf der Bahn offenbar keine bessere Vorbereitung gibt als viereinhalbstunden Asphalttreterei: Viviani, 33, Olympiasieger 2016, sicherte sich die Goldmedaille vor Theo Reinhardt aus Berlin. "Ich wollte Italien und dieser fantastischen Mannschaft ein Trikot schenken", sagte er nach der Doppelschicht: "Sie haben es verdient." Danach hatte er immer noch genug Luft für ein paar Ehrenrunden. Barbara Klimke

Pizza als Lohn

Das Triathlon-Team mit Laura Lindemann (Mitte). (Foto: Kai Pfaffenbach/Reuters)

Laura Lindemann war gut drauf, nicht nur sportlich. Als sie am Sonntag beim Mixed Relay vor der vollbesetzten Tribüne ins Ziel lief, winkte sie lachend in die Menge. Dort angekommen, wurde die Schlussläuferin von ihrem Team, Valentin Wernz, Nina Eim und Simon Henseleit, in die Arme geschlossen. Alle vier waren stark geschwommen, gefahren und gelaufen - eine verdiente Silbermedaille, und für Laura Lindemann schon die zweite in drei Tagen. "Es war einfach ein richtig schönes Rennen, es hat richtig Spaß gemacht in dieser Kulisse", sagte die 26-jährige Triathletin nach ihrem Einzelerfolg. Auch ihre Teamkollegin Nina Eim machte ein starkes Einzelrennen und lief als Vierte durchs Ziel. Paris 2024 ist das Ziel der beiden, aber erst einmal feierte Laura Lindemann die Silbermedaillen: "Ich werde eine große Pizza mit meinem Freund essen und einfach den Abend genießen." Karoline Kipper

Kurze Auszeit

Dang Qiu (rechts) und Nina Mittelham. (Foto: Sven Beyrich/dpa)

Das Timeout. 60 wertvolle Sekunden. Klug eingesetzt, kann es eine Partie im Tischtennis drehen, den Rhythmus des Gegners entscheidend stören, eine neue taktische Idee erbringen. Freilich kann sich auch das Gegenüber in dieser Zeit neu sortieren. Im Mixed-Achtelfinale waren es die Gegner aus Österreich, die im vierten Satz eine Auszeit nahmen, um die Aufholjagd von Dang Qiu und Nina Mittelham zu unterbrechen. Auch die Titelverteidiger aus Deutschland gingen also noch einmal in sich, noch war ja nichts verloren. Am Ende der 60 Sekunden aber unterlief Qiu - ein Aufschlagfehler. "Nicht gut", sagte er später trocken. Beide deutsche Mixed-Paarungen waren damit vorzeitig ausgeschieden, kurz zuvor hatte es auch Sabine Winter und Benedikt Duda schon erwischt. Eine Medaillenhoffnung des DTTB blieb also bereits unerfüllt. Vier weitere Bewerbe kommen noch. Andreas Liebmann

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