Dortmund in der Europa League:Reich im Cup der Verlierer

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Zufrieden: Jonas Hofmann (links) und Pierre-Emerick Aubameyang vor wenigen Tagen (Foto: AFP)
  • Mit der in der Klopp-Ära aufgebauten Finanzkraft kann der BVB auch eine Saison ohne Champions League gut überstehen.
  • Dank seiner vielen Zuschauer kann Dortmund auch in der Europa League bis zu 45 Millionen Euro verdienen.

Von Freddie Röckenhaus, Dortmund

Dreißig Minuten lang ging es drunter und drüber bei Borussia Dortmund. Sportlich hätte man den zwischenzeitlichen 0:3-Rückstand gegen die Norweger von Odds BK als Debakel wegstecken können: passiert halt. Wirtschaftlich aber wäre ein Ausscheiden schon in der Qualifikation zur Europa League mit einer kolossalen Einbuße verbunden gewesen. Dortmunds Chefs wurden also beim Stand von 0:3 ungewohnt nervös. Für Topklubs wie Dortmund oder München sind Europacup-Einnahmen eine feste Budget-Position.

Vor dem Rückspiel an diesem Donnerstag gegen Odds BK ist Ruhe eingekehrt. Aus 0:3 wurde noch ein 4:3, der BVB kann eigentlich schon mit den Einnahmen aus der Gruppenphase der Europa League planen. "Jeder andere Klub in Deutschland", sagt Dortmunds Boss Hans-Joachim Watzke, "hätte bei so einem Ereignis wie unserem Verpassen der Champions League die Kosten gesenkt, also den Kader verkleinert. Wir mussten das nicht tun. Der BVB ist da in einer ganz besonderen Lage."

5,5 Millionen Nettogewinn, 50 Millionen Festgeld

Der einstige Champions-League-Dauergast dürfte nach der verpassten Qualifikation zur Königsklasse etwa 20 bis 25 Millionen Euro an möglichen Erlösen verlieren. Andererseits konnte Watzke bei der Verkündung der Unternehmenszahlen am vorigen Freitag 276 Millionen Euro Umsatz verkünden, 5,5 Millionen Nettogewinn und über 50 Millionen an Festgeld. Der sogenannte EBITDA, also der tatsächliche operative Überschuss vor Steuern, Zinsen (die es beim BVB nicht mehr gibt) und Abschreibungen, liegt gar bei über 50 Millionen. Mit solcher Finanzwucht, die Watzke und sein Team in den Jahren der Jürgen-Klopp-Ära aufbauten, lässt sich eine Saison im "Cup der Verlierer", wie Franz Beckenbauer die Klasse unter der Champions League einst nannte, ganz gut überstehen.

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Das Gefälle zwischen den Ausschüttungen des europäischen Verbandes Uefa an die 32 Teilnehmer der Champions League und den Töpfen für die Europa League ist an sich atemberaubend. Mit satten Steigerungen zur neuen Saison werden an die Champions-Ligisten 1,257 Milliarden Euro ausgeschüttet, etwa fünfmal so viel wie an die Europa-League-Teilnehmer - der BVB ist in der interessanten Sondersituation, in der Uefa-Rangliste auf Platz sieben geklettert zu sein. Der Finalist von 2013 wäre also in der Champions-League-Auslosung hoch gesetzt gewesen. Wenn er denn im Kreise der Großen mitspielen dürfte. Mindestens in dieser Saison aber ist Pause.

In der Europa League wird der BVB, vorausgesetzt im Rückspiel gegen Odds BK gibt es keinen neuerlichen Betriebsunfall, nun an Rang 1 gesetzt. Es ist deshalb nicht völlig vermessen, wenn sich der Klub schon heute mal ausrechnet, was er bis zum Finale am 18. Mai in Basel verdienen könnte: rund 45 Millionen Euro. Das wären fünf Millionen mehr, als der BVB in der vorigen Saison mit der Achtelfinal-Teilnahme in der Champions League bekam.

Der finanzielle Sonderstatus von Dortmund hat viel mit seinen Zuschauerzahlen im Stadion und im Fernsehen zu tun. In den vorgeschalteten Europa-League-Runden - mit Spielen gegen die international drittklassigen Klubs Wolfsberger AC/Österreich und Odds BK - hat der BVB bereits an die 4,5 Millionen Euro eingespielt. Gegen Wolfsberg war das Stadion ausverkauft, auch gegen Odds gingen im Vorverkauf 61 000 Karten weg. "Das gibt es in der Welt kein zweites Mal", sagt Watzke: "Wir werden durch unser Stadion in der Europa League mehr Geld als die meisten anderen verdienen können. Das ermöglicht uns, unseren Kader so zusammen zu halten, als würden wir in der Champions League spielen." Angesetzt sind aktuell 84 Millionen Euro für Spieler- und Trainergehälter.

Alle wichtigen Spieler gehalten

Auch bei den Sponsorenverträgen profitiert der BVB davon, dass seinen Profis in der Europa League mehr mediale Aufmerksamkeit zukommt als manchem Champions-League-Starter. In den Verträgen aller großen Klubs sind die Sponsoren-Zuwendungen präzise an sportliche Erfolge gekoppelt, bis hin zum Erreichen von Achtel-, Viertel- oder Halbfinale.Beim BVB gibt es zwar Abschläge für das Nicht-Erreichen der Champions-Klasse, aber sie sollen moderat sein. Für an die zehn Millionen Euro steht zudem eine Ausfallversicherung ein, die der BVB schon 2012 abgeschlossen hatte, um sich gegen eventuelle Ausfälle von Champions-League-Euros abzusichern. In der aktuellen Bilanz sind diese Beträge bereits angesetzt.

Ausgerechnet im Sommer nach der verkorksten Saison (Platz sieben) gelang es dem BVB, alle wichtigen Spieler zu halten. Marco Reus und Ilkay Gündogan verlängerten überraschend, Mats Hummels, Henrikh Mkhitaryan, Shinji Kagawa waren nicht loszueisen. Auch als englische Klubs und Paris Saint-Germain zwischen 40 und 50 Millionen Euro für Torjäger Pierre-Emerick Aubameyang boten, zuckte Dortmund nicht. Publikumsliebling Aubameyang verlängerte den Arbeitsvertrag bis 2020. Der BVB ist schuldenfrei. In Zinsen muss kein Cent mehr investiert werden. Ausgerechnet im Europa-League-Jahr fühlt sich der BVB deshalb wirtschaftlich stark wie nie zuvor.

© SZ vom 27.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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