Es war einmal WM - 1954:"4:1 für Deutschland - ich bin sprachlos"

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Der österreichische Torwart Zeman kann auch den zweiten Elfmeter des deutschen Kaptitäns Fritz Walter mit seiner Parade nicht mehr erreichen. Der Ball geht zum 5:1 ins Tor. (Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb)

1954 sieht kaum jemand Fußball im Fernsehen, stattdessen lauschen Millionen Menschen den Radiokommentatoren. Diese jubeln, leiden und sorgen für emotionale Momente - so wie in einem DDR-Gefängnis, als Westdeutschland Weltmeister wird.

Es war einmal WM: In einer Serie blicken wir auf einige komische, merkwürdige, besondere Momente in der Geschichte der Fußball-Weltmeisterschaften zurück. Teil fünf beschäftigt sich mit legendären Rundfunk-Reportern bei der WM 1954 - in einer Zeit, in der noch Millionen Menschen gespannt den Radiogeräten lauschten.

Im Jahr 1954, lange vor dem Internet und auch lange vor den großen Zeiten des Fernsehens, waren die Rundfunkreporter während der Fußball-WM in der Schweiz die wichtigste Verbindung zum heimischen Publikum. 60 Millionen Deutsche hörten am Radiogerät in der ARD vom Gewinn der WM, Reporter Herbert Zimmermann wurde mit seiner euphorischen Ansage ("Aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen!") zur Legende.

Auch in anderen Ländern lauschten die Menschen am Radio gespannt den Spielen ihrer Nationalmannschaften. Manchmal konnten sie den Ansagern beim Leiden zuhören, wie im Fall des österreichischen Rundfunk-Reporters Heribert Meisel während der Halbfinal-Partie zwischen Deutschland und Österreich beim Stand von 3:1 für den nördlichen Nachbarn (Endstand 6:1):

"Schäfer halblinks, wieder nicht gedeckt genau. Der Schäfer wird schießen, schießt auch und schießt daneben - (er hebt die Stimme:) und der Zeman, der Zeman, mein Gott. Alles ist durcheinander, alles hat die Nerven verloren. Nur das kann ich sagen. Der Schäfer schießt aus 20 Meter Entfernung, der Ball geht zwei Meter neben unserem Tor ins Aus, und der Zeman hält noch den Fuß hin, damit's ja ein Eckball ist. Hat man sowas schon gesehen?

Eckstoß für Deutschland. Ein geschenkter Eckball. Würde mich wundern - würde mich nicht wundern - wenn jetzt das vierte Tor fallen würde. Fritz Walter schießt die Ecke mit dem rechten Fuß. Abgewehrt, Tor. Tor für Deutschland. Ottmar Walter. Ottmar Walter. 4:1 für Deutschland. Ich bin sprachlos."

Es war einmal WM - 1950
:No World Cups, please!

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Von Johannes Knuth

Vier Tage später stand Deutschland gegen Ungarn im Finale von Bern. Und so gerieten in der DDR die Radiokommentatoren mitten hinein in den Systemkonflikt zwischen Ost und West. Ihre richtigen Freunde seien die Ungarn: Mit dieser Verhaltensregel hatten DDR-Rundfunkreporter Wolfgang Hempel und sein Kompagnon Heinz-Florian Oertel die Reise in die Schweiz angetreten. Die Westdeutschen seien zu behandeln wie jede andere Mannschaft aus dem Westen. Hempel, damals 27 Jahre alt, führte seinen heiklen Auftrag im Finale perfekt aus. Er zeigte Emotion, aber er verteilte sie gleichmäßig.

"Noch acht Minuten. Unaufhaltsam läuft der große Zeiger der elektrischen Uhr hier im Wankdorf-Stadion ... Bozsik spurtet nach dem Ball, aber auch er hat nicht mehr die Kraft, die wir von ihm kennen. Er dribbelt jetzt am linken Flügel, wird von Schäfer gefoult, aber Ling lässt weiter spielen. Schäfer flankt, Schäfer flankt. Da ist Rahn da. Rahn schießt, nein dribbelt, schießt - Tor. Tor."

"Die ganze Fußballwelt steht Kopf"

Reporter Hempel sprach von Dodd, wenn der Ungar Tóth aufs deutsche Tor stürmte, und von Eggl, wenn Horst Eckel abwehrte. Aber er stand zwischen Eggl und Dodd. Nach Schlusspfiff sagte Hempel: "Das Unvorstellbare ist passiert: Die westdeutsche Nationalmannschaft wird Fußballweltmeister 1954. Die ganze Fußballwelt steht Kopf." Hempel kümmerte sich um die Fußball-Welt. Um die Politik sollten sich andere kümmern, zu Hause in der fünf Jahre alten DDR.

Im Zuchthaus Brandenburg wollte an jenem 4. Juli 1954 die Anstaltsleitung anhand des Finales von Bern den politischen Häftlingen die Überlegenheit des Sozialismus demonstrieren. Doch als Hempel die Niederlage der Ungarn meldete, sangen die Gefangenen das Deutschlandlied. Der Zwischenfall machte Geschichte. Und die DDR hatte Mühe, aus dem 2:3 klassenkämpferische Funken zu schlagen.

Propaganda wäre Wolfgang Hempel nie über die Lippen gekommen. Viele Hörer rügten, er hätte für die Deutschen Partei ergreifen sollen. Einer forderte, man solle ihn aufhängen, neben Walter Ulbricht. Fritz Walter und Kollegen waren auch im Osten Idole, die Mannschaft der DDR war zu schwach. Etliche der besten Spieler, darunter der Dresdner Helmut Schön, waren in den Westen abgewandert. Für die Qualifikation 1954 hatte die DDR ihre Mannschaft gar nicht gemeldet.

Wolfgang Hempel arbeitete noch lange Jahre als führende Stimme des DDR-Rundfunks. Auch das 1:0 der DDR über "die westdeutsche Auswahl" bei der WM 1974 kommentierte er. Er galt als integrer, fachkundiger Reporter. Und der Österreicher Heribert Meisel, der beim Halbfinal-Spiel zwischen Deutschland und Österreich 1954 so leiden musste: Er moderierte neun Jahre später die erste Sendung des aktuellen Sportstudios im ZDF.

Teil eins der Serie: Schwarzes Wunder - die Geschichte von José Leandro Andrade, dem ersten Glamour-Star des Fußballs und Weltmeister von 1930.

Teil zwei: "Deutschland ehrenvoll ausgeschieden" - die erste WM-Teilnahme der Deutschen 1934 zwischen Nazipropaganda und Szepans tollem Spiel.

Teil drei: Torhüter mit gebrochenen Knochen - wie schwer es die besten Torhüter ihrer Zeit in den dreißiger Jahren hatten.

Teil vier: No World Cups, please! - die erste WM-Teilnahme Englands im Jahr 1950 gerät zur Blamage.

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