Eröffnung der Handball-WM in Katar:Nur Beyoncé fehlt

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Katar und Handball, zusammengebracht von einem Jungen bei der Eröffnungsfeier der WM. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Auch an der Eröffnungsfeier wird nicht gespart: Die Handball-WM in Katar startet mit einer pompösen Licht-Show, für die sich das Publikum mehr begeistert als für die Sportler. Das erste Spiel bekommen viele gar nicht mehr mit.

Von Joachim Mölter, Doha

Erst wurde es draußen dunkel, im Freien, dann auch drinnen, in der Halle. Und dann ward Licht. Viel Licht. Und sehr bunt. Blau, rot, grün und gelb leuchteten die Armbänder, mit denen die Zuschauer auf den 15 300 Plätzen der Lusail Multipurpose Hall von Doha am Donnerstagabend ausgestattet worden waren für die Eröffnungsfeier der Handball-Weltmeisterschaft. Mittels einer Licht-Choreographie wurde das Publikum zum Teil einer Show, wie man sie in dieser Sportart noch nicht gesehen hat.

Einen kulturübergreifenden Musik- und Tanzmix aus westlichen Komponenten und arabischen Einflüssen (oder umgekehrt), sowie alles, was Computer-, Animations-, Illuminations- und Illusionstechniken heutzutage so hergeben, setzten die WM-Organisatoren aus Katar ein. Und zwar so kurzweilig und effektvoll, dass man fast übersah, dass mit dem Spektakel eine Botschaft verbunden war; eine, die sogar über ein Handballfeld hinaus reicht.

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Katar, der Kleinstaat am Persischen Golf, zeigte der Welt, worauf sich sein künftiger Reichtum gründen soll: auf Sport - und auf die Bildung seiner Kinder, Jungen wie Mädchen. Der Gewinn aus dem Eintrittskartenverkauf, das erfuhr man so nebenbei, wird in die Ausbildungsförderung von Jugendlichen gesteckt, damit sie Ärzte, Architekten, Ingenieure oder Geschäftsleute werden.

Schöner Schein

Sport und Bildung sind Anliegen von Scheich Tamim bin Hamad Al Thani. Katars Staatsoberhaupt eröffnete das Turnier persönlich, schaute sich das anschließende Spiel zwischen seiner Mannschaft und Brasilien (28:23) aber nicht mehr auf der Tribüne an - wenn er es überhaupt gesehen hat.

Im besten Fall hat sich der Emir, der durchaus den Ruf eines Handball-Freundes genießt, in eine der Logen im Mittelring der Arena zurückgezogen. Aber er hat ganz sicher nicht die Mehrheit der Zuschauer mitgenommen, die ihre Plätze nach der Eröffnungsfeier ebenfalls räumte. In Katar können sie ganz offensichtlich nicht viel mit Handball anfangen. Dafür verstehen sie zweifellos eine Menge vom schönen Schein, wie sie mit ihrer Eröffnungsshow demonstrierten.

Für die hatten die katarischen Organisatoren angeblich sogar die amerikanische Popsängerin Beyoncé engagieren wollen. Die 17-malige Grammy-Gewinnerin hat vor vier Jahren mal eine Million Dollar für einen Kurzauftritt auf einer Silvesterparty von der Familie des damaligen libyschen Machthabers Muammar Gaddafi bekommen, den Katarern soll sie aber zu teuer gewesen sein. Was freilich kaum zu glauben ist: Dass den Scheichs in Doha überhaupt irgendetwas zu teuer ist.

Die Organisation der Handball-WM samt der drei neuen Hallen lassen sie sich jedenfalls deutlich mehr als 200 Millionen Euro kosten. Es sind futuristisch anmutende Bauten, die sie in kurzer Zeit in der Wüste hochgezogen haben. Um beispielsweise die Lusail Multipurpose Hall zu erreichen, die größte der neuen Arenen, muss man rund eine halbe Stunde aus der Innenstadt hinausfahren, vorbei an Baustellen, ersten Neusiedlungen und noch leeren Sandstreifen, auf denen einmal die größte Universität des Landes entstehen soll.

Wie Außerirdische, die sich verlaufen haben

Irgendwann in der wüsten Weite erhebt sich dann aus dem Nichts eine Arena, glitzernd und funkelnd, ohne Ecken und Kanten, nur mit Kurven und Parabeln. Man weiß gar nicht, wie man das Ding beschreiben soll: wie ein Wollknäuel? Ein Turban? Ein Hundekörbchen, aus dem eine Decke lappt? Ein Ufo, das gerade auf der Erde gelandet ist?

Zur letztgenannten Version würde der Auftritt von acht Tänzern passen, die in ihren schwarzen Anzügen mit den immer wieder andersfarbig blinkenden LED-Applikationen tatsächlich wie Außerirdische wirkten. So ähnlich kommen den Einwohnern von Katar wohl auch die Handballspieler aus 24 Nationen vor, die sich bis zum 1. Februar in ihrer Hauptstadt tummeln - wie Wesen aus einer anderen Welt, die für ein bisschen Unterhaltung sorgen und dann aber auch schnell wieder weg sind.

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