Liverpool-Sieg in Manchester:Großer Spaß mit Klopp-Fußball

Lesezeit: 3 min

Losgelöster Liverpool-Trainer: Jürgen Klopp (Foto: Phil Noble/Reuters)
  • Der FC Liverpool gewinnt bei Manchester City mit 4:1 und zeigt das Pressing, das Trainer Jürgen Klopp sehen will.
  • Doch der deutsche Trainer warnt vor allzu großer Euphorie.
  • Hier geht es zu den Ergebnissen in der Premier League.

Von Martin Schneider, München/Liverpool

Möglicherweise war dieser Abend ausgerechnet in Manchester ein Abend, an dem die Menschen durch den FC Liverpool drei Sachen gelernt haben, die Fußball-Fans in Deutschland schon lange wissen. Erstens: Warum Liverpool für Roberto Firmino 41 Millionen Euro bezahlt hat. Zweitens: Dass Emre Can mit seiner Präsenz, seiner Übersicht und seinem Zweikampfverhalten in die Mitte des Spiels gehört und nicht auf die Außenverteidigerposition. Zugegeben, das wussten in Deutschland eher Leute, die die Jugend-Nationalmannschaften regelmäßig verfolgen. Und drittens und wichtigstens: Dass dieser Jürgen Klopp mit einer jungen Mannschaft eine Liga aufmischen kann.

Dieses bemerkenswerte 4:1 der Reds bei Manchester City taugt, um aus Liverpooler Sicht in hemmungslose Schwärmereien auszubrechen, vor allem über die ersten 32 Minuten. Die Situation war ja vor dem Spiel diese: Jürgen Klopp kam in Liverpool an, er sollte die Mannschaft per Handauflegen heilen, produzierte dann aber erstmal eine Reihe von Unentschieden, mit denen man wenig anfangen konnte, gewann bald darauf gegen Chelsea, verlor aber vergangene Woche gegen Crystal Palace. Nicht Fisch, nicht Fleisch, nicht Meisterschaft, nicht Abstiegskampf

Gegen City verzichtete er auf einen Stoßstürmer, setzte Christian Benteke auf die Bank und stellte Roberto Firmino in die Spitze. Schon die ersten Minuten liefen so, wie sie für Klopp-Fußball nicht besser laufen könnten. City machte daheim das Spiel breit und versuchte zu agieren. Das Ergebnis: viel Platz und isolierte Spieler. In der siebten Minute wird Citys Bacary Sagna von Torhüter Joe Hart angespielt. Philippe Coutinho setzt ihn sofort unter Druck, gewinnt den Ball, schickt Firmino, der scharf in die Mitte spielt - wo Eliaquim Mangala ins eigene Tor trifft. In der 23. Minute dann umgekehrt. Der Ball flippert im Mittelfeld hin und her, Liverpool ist doppelt so aggressiv in den Zweikämpfen wie City, Firmino erkämpft sich den Ball, spielt auf Coutinho - der diesmal selbst einschiebt.

In der 32. Minute dann die Peripetie des Spiels. Can hebelt mit einem blinden Pass mit der Hacke die Abwehr aus. Coutinho, Firmino. Tor. 3:0. Das geht genauso schnell, wie es sich liest. Eine Vorführung. Man kann kurz in der Statistik wühlen und feststellen, dass Manchester City zum letzten Mal 2003 gegen Arsenal zu Hause drei Gegentore in der ersten Hälfte kassiert hat, um zu sehen, wie gravierend das ist, was Klopps Mannschaft da mit dem himmelblauen Spitzenteam anstellt.

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Man kann sich auch einfach die Trainer auf der Bank anschauen, wo Klopp in seiner kloppschen Art brüllend und fuchtelnd Anweisungen gibt, während Manuel Pellegrini mit verschränkten Armen in seinem Sitz versinkt. "Verstehe ich, was passiert ist?", fragte sich dieser Pellegrini nach dem Spiel selbst und gibt direkt die Antwort: "Nein, tu' ich nicht. Unsere Leistung war unfassbar schwach in allen Bereichen. Sie hätten sieben Tore schießen können."

Nur der exzellente Joe Hart im City-Tor verhinderte diese möglichen Treffer von Coutinho und Firmino. Und die Fahne des Assistenten, der viele sehr knappe Abseitspositionen bei den unzähligen Kontern von Klopps Mannschaft korrekt erkannte. Sergio Aguero traf dann kurz vor der Pause noch zum 1:3, und es war bezeichnend, dass es eine Einzelleistung des Argentiniers war, der den Ball präzise ins Eck schlenzte. City war taktisch völlig überfordert mit dem Überfallfußball von Jürgen Klopp und die BBC erklärte ihren Lesern im Live-Ticker zum Spiel spontan das deutsche Wort "Gegenpressing".

Dass gerade Pellegrini nicht wusste, worauf er sich bei einem Klopp-Team einzustellen hat, ist kaum zu glauben. Der Chilene hat sein persönliches Trainer-Waterloo in Dortmund gegen Klopp erlebt, als er mit dem FC Malaga 2013 im Viertelfinale der Champions-League beim legendären 3:2 des BVB noch durch zwei Tore in der Nachspielzeit ausschied. "Ich kann eine so schwache Leistung nicht analysieren", sagte Pellegrini. "It was a fake game" - ein Spiel wie eine Fälschung. Kurz vor Ende hämmerte Verteidiger Martin Škrtel dann noch den Ball zum 4:1 ins Netz. Liverpools Mittelfeldspieler Adam Lallana sprach in die Fernsehmikrofone: "Wir haben ihnen keine Sekunde gelassen, wir waren gefährlich, es war ein großer Spaß."

"Es waren brillante Tore", schwärmt Klopp

"Wir waren weit davon entfernt, perfekt zu sein", sagte Klopp nach dem Spiel. "Aber es waren brillante Tore und ein großer Schritt für uns." Die Zuschauer seien nervös geworden, als sie sahen, dass City sein Spiel nicht aufziehen konnte. "Es war gut, sehr gut. Wir müssen noch lernen, mit einer klaren Führung umzugehen", fand er dann doch noch was zu meckern. Aber mit solchen Ergebnissen würden seine Spieler "zu glauben beginnen, dass sie besser sind, als ihnen viele Leute einreden." In Englisch sagte er natürlich "start to believe", was sich direkt ein bisschen pathetischer anhört. Und in Deutschland weiß man ja, was passiert, wenn eine Mannschaft an die Ideen von Jürgen Klopp glaubt.

© SZ vom 22.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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