Eiskunstlauf:Noch zwei Titel bis zu Katarina Witt

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Perfektion ihres individuellen Könnens: Nicole Schott, 25, Siegerin in Neuss. (Foto: Uwe Kraft /imago)

"Das haben in den letzten hundert Jahren nicht so viele geschafft": Nicole Schott ist zum sechsten Mal deutsche Meisterin. Sie setzt den Maßstab im deutschen Eiskunstlauf - und hat in der Weltspitze trotzdem keine Chance.

Von Barbara Klimke, Neuss

Kann man hinter der Musik hinterhertanzen? Leider möglich, bestätigte Nicole Schott lächelnd, und sie meinte das nicht im übertragenen Sinne, sondern wörtlich: auf Kufen, beim Tango. Von der ersten Sekunde ihrer Kurzkür an glaubte sie sich außer Takt, ein ausschließlich subjektives Gefühl, das den Zuschauer verborgen blieb. "Am liebsten", sagte sie, "hätte ich noch einmal angefangen." Zurückspulen, alles auf Null, das sieht der Eiskunstlauf allerdings nicht vor, schon gar nicht bei deutschen Meisterschaften. So lief sie ihr Programm zuende, und es spricht für Schott, dass sie trotzdem Erste wurde. Am folgenden Tag gelang ihr eine glanzvolle Kür; und harmonisch, im Pulsschlag der Musik, tanzte sie in der Eissporthalle von Neuss der Meisterschaft entgegen.

Sechs nationale Titel hat Schott nun gesammelt, "das haben in den letzten hundert Jahren nicht so viele geschafft", stellte die 25-Jährige zufrieden fest. In den vergilbten Bildbänden ihres Sports ließe sich etwa zu den Schwarzweißfotos von Ellen Brockhöft vom Berliner Schlittschuhclub, siebenmalige Meisterin im weitschwingenden Faltenrock der 1920er Jahre, zurückblättern. Um zu den DDR-Stars aufzuschließen, zu Katarina Witt (acht Titel) oder Rekordmeisterin Gabriele Seyfert (zehn Titel), müsste Schott allerdings noch ein paar Jährchen anhängen.

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Vorerst setzt sie weiterhin den Maßstab hierzulande mit ihrer Präzision und Eleganz im Stil. Auch die Zweite, Kristina Isaev aus Mannheim, erklärte, dass Schott ihr in vielem ein Qualitätsvorbild sei, bei den Pirouetten, zum Beispiel. In der zweiten Saison trainiert Isaev, 20, nun in einer Gruppe mit Schott (178,75 Punkte) in Oberstdorf bei Michael Huth; und sie war die Einzige, die ihr Paroli bieten konnte, auch wenn der Abstand nach der Kür fast zwanzig Punkte betrug. Die 17-jährige Aya Hatakawa, die im Vorjahr in Abwesenheit der Seriensiegerin Meisterin geworden war, fehlte in Neuss diesmal.

Paarlauf-Sieg für Minerva Hase und Nolan Seegert

In der Weltspitze, das weiß Schott seit langem, wird sie jeden Sprungwettbewerb gegen die phänomenale, vierfach um die eigene Achse drehende, junge Garde aus Russland verlieren. "Das Niveau", sagt sie, "ist in den letzten Jahren brutal angestiegen". Ihre eigenen Ziele sind auf die Perfektion ihres individuellen Könnens ausgerichtet. Die Qualifikationsvorgabe für die Olympischen Spiele hatte sie schon vor der deutschen Meisterschaft nachgewiesen.

Teilnahme an EM und WM geschafft, die Norm für Olympia jedoch verpasst: Paul Fentz ist Deutscher Meister. (Foto: Rolf Vennenbernd/dpa)

Paul Fentz, 29, aus Berlin, der seinen vierten Titel in der Männerkonkurrenz gewann, verpasste die Peking-Norm schon im September und verlor daraufhin den Kaderstatus im Verband DEU. Er war der Einzige, der den Zuschauern in Neuss am Wochenende einen Vierfach-Toeloop in der Kür vorführte; mit dem Sieg (206,84 Punkte) hat er zumindest die Voraussetzungen für eine Teilnahme an EM und WM geschafft.

Im Paarlauf gelang Minerva Hase und Nolan Seegert, Fünfte der Europameisterschaft 2020, der dritte Erfolg nach 2019 und 2020. Nur ein weiteres Duo trat an: Alisa Efimowa, die in Finnland und Russland aufwuchs, und Ruben Blommaert trainieren seit zwei Jahren in Oberstdorf zusammen, sie sind für internationale Auftritte noch gesperrt. Das Neusser Publikum erlebte ihr verheißungsvolles Wettkampfdebüt.

Nur im Eistanz triumphierten am Wochenende die Favoriten nicht: Katharina Müller/Tim Dieck aus Dortmund mussten sich mit 177,11 Punkten und Platz zwei zufriedengeben. Jennifer Janse van Rensburg und Benjamin Steffan aus Oberstdorf glitten sowohl im Rhythmustanz als auch in der Kür mit 179,07 Punkten elegant an ihnen vorbei. Für sie war die Siegerehrung, anders als für Nicole Schott, tatsächlich ein Premierengefühl.

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