Eishockey:Passt perfekt

Lesezeit: 3 min

Die pure Freude: Zugang Ethan Prow, EHC-Kapitän Patrick Hager und Doppel-Torschütze Philip Gogulla (v.l.) bejubeln eher zurückhaltend einen Münchner Treffer. (Foto: Thomas Hahn/Eibner/Imago)

Beim 4:2-Auswärtssieg des EHC Red Bull München in Nürnberg zeigt Zugang Ethan Prow seine Offensivqualitäten. Für den Verteidiger schufen die Radio-Kommentatoren in Amerika einst ein eigenes Wort.

Von Christian Bernhard, München

Wenn Don Jackson bei Abwehrspielern ins Schwärmen gerät, sollte man besonders gut zuhören. Der Trainer des EHC Red Bull München ist prinzipiell ein ausgewiesener Eishockey-Fachmann, nicht umsonst ist er der erfolgreichste Trainer in der Geschichte der Deutschen Eishockey Liga (DEL). Als ehemaliger Abwehrspieler, der in den 1980er-Jahren an der Seite von "The Great One" Wayne Gretzky zweimal mit den Edmonton Oilers den Stanley Cup gewonnen hat, verfügt er aber speziell für Verteidiger über ein ganz besonderes Auge. Er weiß genau, was ein Defensivspieler mitbringen muss - besonders für sein spezielles Spielsystem, in dem die Verteidiger auch in der Offensive wichtige Rollen innehaben.

Es muss also schon etwas bedeuten, wenn Jackson so ins Schwärmen gerät wie bei Ethan Prow, seinem neuesten Zugang. Der 28-jährige US-Amerikaner sei ein "natural puckmover", ein Spieler, der mit großer Selbstverständlichkeit die Scheiben verteilt. Zudem sei er ein "perfekter Pass-Spieler", betonte Jackson. "Schon in seinen ersten Trainingseinheiten haben wir gesehen, dass er uns große defensive Stabilität bringt", sagte der Münchner Trainer, der sichtlich zufrieden damit ist, dass es dem EHC gelungen ist, den 28-Jährigen von den Florida Panthers auszuleihen: "Er wird uns viel bringen. Wir sind glücklich, ihn zu haben."

Punkt für Prow: Seine Vorlage führt zum entscheidenden Treffer in Nürnberg

In seinen ersten zwei Einsätzen für die Münchner deutete der US-Verteidiger bereits an, dass er Jacksons hohe Erwartungen erfüllen kann. Auf den 4:3-Heimerfolg gegen die Schwenninger Wild Wings folgte am Samstag ein 4:2-Auswärtserfolg gegen die Nürnberg Ice Tigers, bei dem Prow seinen ersten Scorerpunkt im Münchner Trikot verbuchte. Dieser war gleich mitentscheidend, denn der 28-Jährige bereitete in Überzahl das 3:1 von Philip Gogulla vor (41.). "Dieses Tor war sehr wichtig, damit haben wir Nürnberg den Wind aus den Segeln genommen", sagte Gogulla, der auch das 1:0 (17.) erzielt hatte und auf der für ihn ungewohnten Mittelstürmer-Position zum Einsatz kam. Gogulla schlüpfte an der Seite von Frank Mauer und Justin Schütz, der so wie der ehemalige Ice Tiger Yasin Ehliz ebenfalls traf, in die Center-Rolle, weil Leihgabe Kalle Kossila vor der Partie in Nürnberg von den Toronto Maple Leafs nach Nordamerika zurückbeordert worden war.

Kossila war Prows zentrale Bezugsperson in seinen ersten München-Tagen, da die beiden vier Jahre zusammen an der St. Cloud-Universität gespielt hatten. "Er war mir eine große Hilfe", sagt Prow über den Finnen. Überhaupt spielt die traditionsreiche Universität im US-Bundesstaat Minnesota eine zentrale Rolle im Leben von Prow, der aus einer sportlichen Familie stammt. Bereits seine zwei älteren Schwestern Katelyn und Jana waren als Langläuferin und Nordische Kombiniererin im Universitäts-Team, zudem spielte seine heutige Ehefrau Hanna im Frauen-Eishockeyteam der Uni.

"Ich bin ein Verteidiger, den den Puck laufen lässt."

Prow entwickelte sich als Kapitän der Uni-Mannschaft so gut, dass ihn 2016 die Pittsburgh Penguins unter Vertrag nahmen. Zu NHL-Einsätzen reichte es nicht, allerdings etablierte er sich in der AHL zu einem offensivstarken Verteidiger. In der Saison 2018/19 wurde er so wie auch sein jetziger Münchner Abwehrkollege Zach Redmond ins AHL-All-Star-Team berufen. Prow bezeichnet sich selbst als "Verteidiger, der den Puck laufen lässt", mit der "Fähigkeit, Angriffe einzuleiten." Das unterstrich er bereits in seinen ersten zwei Einsätzen für den EHC an der Seite von Nationalspieler Yannic Seidenberg, bei denen er auch schlittschuhläuferisch eine gute Figur abgab.

Das, was von Prows ersten Einsätzen im EHC-Trikot aber am meisten hängen bleibt, war die Schärfe seiner Pässe. Der US-Amerikaner passt hart und präzise - und zaubert damit ein Lächeln in Don Jacksons Gesicht. "Bei ihm dreht sich viel um den ersten Pass", sagt Prow über die Anforderungen seines neuen Trainers. "Die Scheibe soll zügig zum ersten freien Mitspieler, damit wir ein schnelles Umschaltspiel haben." Jackson gefiel, was er bislang von Prow sah, schon beim Debüt gegen Schwenningen stand der 28-Jährige bei zwei Münchner Toren auf dem Eis. In Nürnberg bekam er bereits knapp 20 Minuten Eiszeit, obwohl er vor seinem EHC-Debüt knapp elf Monate lang kein Pflichtspiel mehr bestritten und aufgrund der Corona-Quarantäne-Bestimmungen nur ein Mannschaftstraining mit seinen neuen Teamkollegen absolviert hatte. "Ethan gibt uns eine gute Balance und bringt einiges an Erfahrung mit", sagte Jackson.

Und Prow hat womöglich noch einiges auf Lager - gerade in Überzahl. Zu seinen Universitätszeiten an der St. Cloud dirigierte er das Powerplay an der Blauen Linie derart gut, dass die Radio-Kommentatoren für ihn ein eigenes Wort erschufen: Wenn sein Team in Überzahl auf dem Eis stand, sprachen sie von "Prower Play".

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: