Eishockey:Der Rückkehrer

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Freut sich auf "eine Organisation, wo Ruhe herrscht": Toni Söderholm arbeitete zuletzt als Trainer des SC Bern. (Foto: Pius Koller/Imago)

Der neue Münchner Trainer Toni Söderholm kennt viele EHC-Spieler und die Zugänge schon - vor allem aus seiner Zeit als Nationaltrainer. Am Spielsystem, das Don Jackson etabliert hat, soll er nicht viel ändern.

Von Christian Bernhard

Christian Winkler möchte es noch nicht, Konrad Abeltshauser kann es noch nicht: sich vorstellen, dass Don Jackson nicht mehr hinter der Bande sein wird, wenn der EHC Red Bull München im Sommer wieder die Arbeit aufnehmen wird. Doch spätestens am Sonntag, als Jackson auf der Münchner Meisterfeier gebührend verabschiedet wurde, ist es allen klar geworden: Die Ära Don Jackson ist nach neun Jahren und vier Meistertiteln vorbei.

Einer muss es sich aber vorstellen - und zwar ziemlich genau: Toni Söderholm, der die Nachfolge des erfolgreichsten Trainers in der Geschichte der Deutschen Eishockey Liga (DEL) antreten wird, wie der EHC am Montag bekannt gab. Der ehemalige Bundestrainer, der seine Trainerkarriere in München gestartet hatte, will mit "großem Respekt" Jacksons "Erbe fortsetzen". Für den Finnen ist es eine Rückkehr an altbekannte Stätte: In München hat er nicht nur seine ersten Trainerschritte gemacht, sondern auch gespielt - und 2016 auf dem Eis mitgeholfen, den ersten EHC-Meistertitel nach München zu holen. Seine zukünftigen Spieler Abeltshauser, Andreas Eder und Maximilian Kastner waren damals noch seine Mitspieler.

Söderholm ist aktuell in Finnland, im Mai und Juni wird er noch zwischen München und Finnland pendeln, erzählt er am Montag am Telefon. Er freut sich, "dass ich in eine Organisation komme, wo Ruhe herrscht", sagte er und gibt damit zwischen den Zeilen zu verstehen, dass das in Bern, wo er zuletzt fünf Monate tätig war, wohl nicht immer der Fall war.

In München trifft er nun auf eine Mannschaft, die seit Jahren Jacksons mutiges und aggressives Spielsystem inhaliert hat. Söderholm möchte das weiterentwickeln. "Man muss Dinge immer auch in Frage stellen, aber nicht alles", sagte er. Wer ihm bei diesem Prozess zur Seite stehen wird, ist noch offen, denn die Co-Trainer-Frage ist noch nicht geklärt. "Ich suche Lösungen für uns, Christian (Winkler, Anm. d. Red.) sucht Lösungen", sagte Söderholm. Dass es keine taktische Revolution geben wird, hatte Winkler bereits klargestellt: "Unsere Spielweise werden wir nie groß ändern." Winkler ist sich bewusst, dass sich die Gegner über die Jahre besser auf das EHC-System eingestellt haben, aber Jackson habe immer wieder so nachjustiert, "dass wir den Code wieder gewechselt haben und er nicht entschlüsselt wurde". Diese Aufgabe obliegt nun Söderholm, der Jacksons Basis mit einer "gewissen taktischen Vielfalt" würzen möchte.

Jackson war für Söderholm Beginn der Trainerkarriere "wie eine Hand auf meiner Schulter"

Dabei helfen dürfte ihm, dass er viele EHC-Spieler schon kennt - besonders aus seiner Zeit als Nationaltrainer. Der 45-Jährige hat sie schon in "prekären" Lagen erlebt, etwa bei Olympia, WM-K.o.-Spielen oder DEL-Finals. Er weiß also, wie sie mit Stresssituationen umgehen, das sei ein Vorteil. Ein weiterer könnte sein, dass er auf eine Mannschaft trifft, die im Kern zusammenbleibt. Daryl Boyle, Emil Johansson, Frederik Tiffels und Justin Schütz, die zuletzt zum Stammpersonal gehörten und den EHC nun verlassen, wurden nahezu alle schon ersetzt. Und zwar mit Spielern, die unter dem Nationaltrainer Söderholm gespielt haben: die Stürmer Nico Krämmer und Markus Eisenschmid kommen aus Mannheim nach München, Verteidiger Dominik Bittner aus Wolfsburg. Damit ist der allergrößte Teil des EHC-Korsetts bereits geschnürt.

Söderholm hat häufig seinen finnischen Trainerkollegen Kari Jalonen als Bezugsperson und Mentor bezeichnet. Dasselbe gelte auch für Jackson, sagte er. "Er hat mir den Ehrgeiz vermittelt und das Achten darauf, was wichtig ist und was nicht", erklärte Söderholm und betonte, dass Jackson gerade zu Beginn seiner Trainerkarriere "wie eine Hand auf meiner Schulter" gewesen sei, da er sich Zeit für ihn nahm und offen für seine Ideen war. Die beiden standen in der Vergangenheit regelmäßig in Kontakt, nur zuletzt, als Jackson sich auf den Weg zum abschließenden Titel machte, "habe ich ihn in Ruhe gelassen", erzählte Söderholm. Jetzt dürfte der Kontakt wieder intensiver werden: Jackson bleibt dem Klub ja, wie es Winkler formuliert, als "Trainervater" in beratender Funktion erhalten.

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