Bundesliga:Frankfurt moderiert den dritten Umbruch

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Spieler des Pokalfinales: Ante Rebic gegen Mats Hummels und Niklas Süle. (Foto: REUTERS)
  • Eintracht Frankfurt gewann gegen den FC Bayern den DFB-Pokal - und muss trotzdem wieder einen Kader-Umbruch moderieren.
  • Trainer Niko Kovac ist weg, außerdem die Führungsspieler Kevin-Prince Boateng und Lukas Hradecky, dazu Marius Wolf und Omar Mascarell.
  • Ausgerechnet Ante Rebic bleibt. Sportvorstand Fredi Bobic spricht von einem Meilenstein.

Von Johannes Aumüller, Frankfurt

Der Mann des Tages braucht noch einen Schluck Wasser, dann gibt er ein paar standardisierte Sätze von sich. Im dunkelroten T-Shirt sitzt Ante Rebic, 24, am Freitag im Presseraum des Frankfurter Stadions, es ist das übliche Vereins-Outfit für solche Momente. Aber es hat in Frankfurt nicht mehr viele Menschen gegeben, die damit rechneten, den Offensivakteur noch mal in einem solchen Aufzug zu sehen. Zu begehrt schien der kroatische Nationalspieler nach seinen WM-Auftritten zu sein, aber nun bleibt er fürs Erste doch. Der ohnehin bis 2021 laufende Vertrag sei um ein weiteres Jahr verlängert worden, verkündete der Klub. Und das ist eine Personalie, die der Pokalsieger als Signal versteht: für ein neues Entwicklungsstadium des Klubs - und gegen die Zweifel an der Qualität des Teams.

Es ist eine schwierige Saison, die für Eintracht Frankfurt mit dem Supercup an diesem Sonntag beginnt. Einerseits ist da die Euphorie nach dem ersten Pokalsieg seit 1988 und der erst dritten Europapokal-Teilnahme in diesem Jahrhundert. Die wirtschaftliche Entwicklung ist positiv, die Kartennachfrage auf Rekordniveau, und die Verträge der Vorstandsmitglieder Fredi Bobic (Sport) und Axel Hellmann (Marketing) sind bis Mitte 2023 verlängert worden, damit die in den nächsten Jahren "ein paar dicke Bretter" bohren können. Eine konkretere Vision will Bobic zwar nicht formulieren, weil das nur "die Fans verrückt machen würde", aber sie haben schon einiges vor in der Stadt, in der das große Geld zu Hause ist.

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Andererseits müssen die Verantwortlichen bei allen langfristigen Bretterbohrarbeiten zunächst mal schauen, wie das neue Jahr so läuft. Denn die Eintracht hat mal wieder einen Umbruch zu moderieren. Trainer Niko Kovac ist weg und coacht jetzt den FC Bayern, stattdessen übernahm der Österreicher Adi Hütter. Der letztjährige Schlüsselspieler Kevin-Prince Boateng verabschiedete sich nach Italien zu Sassuolo, der oft auffällige Torwart Lukas Hradecky nach Leverkusen. Und auch andere starke Akteure wie Omar Mascarell (Schalke 04) und Marius Wolf (Borussia Dortmund) gingen.

Da wäre ein Abschied von Rebic ein weiterer Rückschlag gewesen. Es darf zwar guten Gewissens angenommen werden, dass der Kroate nicht geblieben wäre, wenn ein wirklich großer Klub ein wirklich eindeutiges Angebot vorgelegt hätte. Aber so konnte der Sportvorstand Bobic am Freitag mitteilen, dass es für die Eintracht ein "Meilenstein" sei, einen solchen Spieler halten zu können - und dass der Klub dabei wirtschaftlich in eine "neue Dimension" gehe.

Dabei ist die große Kader-Rotation für Bobic eigentlich nichts Neues, seit er im Juni 2016 seinen Posten in Frankfurt übernommen hat. Eine Leihe hier, ein Jahresgeschäft dort, das gehörte stets dazu. Ein bisschen was von Kramladen hatte das des Öfteren. "Gehobener Ausbildungsverein", so klassifiziert Bobic den Status des Klubs. In den vergangenen Jahren hat er einige durchaus treffliche Transfers getätigt, und jetzt ist die Frage, ob ihm das im Sommer wieder gelungen ist.

Eine ganze Reihe an Spielern ist gekommen, die interessant erscheinen, aber bei denen noch unklar ist, wie stark sie wirklich sind: Der Däne Frederik Rönnow soll die neue Nummer eins im Tor sein. Für die Defensive kam der erst 18-jährige Franzose Evan N'Dicka für kolportierte fünf bis sechs Millionen Euro Ablöse; teurer war in der Klubgeschichte erst ein Spieler. Auch bei Real Madrids zweiter Garde hat sich die Eintracht erneut bedient, diesmal holte sie den Spanier Lucas Torro, der ebenso wie die beiden Leihspieler Francisco Geraldes (Sporting Lissabon) und Allan Souza (FC Liverpool) fürs zentrale Mittelfeld vorgesehen ist. Und vorne soll der Portugiese Goncalo Paciencia Tore schießen. Nur den neuen Außenbahnspieler, den kennt die Liga schon, Nicolai Müller, zuletzt Hamburger SV, aber der ist derzeit verletzt.

Es macht die Sache noch unberechenbarer, dass auch der Mann, der diesen Umbruch nun moderieren soll, neu in Frankfurt ist: Adi Hütter, 48 Jahre alt, gebürtiger Vorarlberger. Früher war er Nationalspieler Österreichs (14 Einsätze), aber als Trainer war er danach auffallender denn als Spieler. 2014/15 war er verantwortlich bei Red Bull Salzburg und erreichte dort das Double, in den vergangenen drei Jahren coachte er den Schweizer Klub YB Bern, den er im Frühjahr zum ersten Meistertitel seit 32 Jahren führte.

Das könnte keine schlechte Erfahrung für Frankfurt sein, denn auch in Bern hatte er eine heterogene Multi-Kulti-Truppe zu managen. In Frankfurt schätzen sie seine Art der Ansprache gegenüber dem Team. Aber dass Adi Hütter eine etwas andere Vorstellung vom Spielstil einer Mannschaft hat als Vorgänger Niko Kovac, daraus macht er kein Geheimnis. Er liebt Angriffsfußball und hohes Pressing, aber andererseits erweckt er den Anschein, als sei er in diesen Fragen nicht so ideologisch veranlagt wie etwa der Niederländer Peter Bosz, der es im Vorjahr in Dortmund mit seinem Ansatz übertrieb. Schon zu seiner erfolgreichen Salzburger Zeit soll ihm die pure Pressing-Fixierung seines damaligen Sportdirektors Ralf Rangnick (heute RB Leipzig) missfallen haben.

"Der Umbruch ist ein laufender Prozess, der Zeit benötigt", sagt Hütter. "Die Automatismen funktionieren noch nicht so." Aber immerhin darf er sich seit Freitag sicher sein, dass zumindest eine Option des Vorjahres weiter zum Repertoire der Eintracht gehören kann: lange Bälle auf Ante Rebic.

© SZ vom 11.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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