Eishockey:Der gefühlte Quarterback

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Eifriger Punktesammler: EHC-Red-Bull-Verteidiger Jonathon Blum. (Foto: Maximilian Koch/Imago)

Zehn Scorerpunkte in den vergangenen acht Partien: Nicht nur wegen seiner spieleröffnenden Pässe aus dem eigenen Drittel spielt Jonathon Blum beim EHC München eine wichtige Rolle.

Von Christian Bernhard

Der erfolgreiche Teil des Münchner Eishockey-Nachmittags begann so, wie Jonathon Blum es sich vorstellt. Einer seiner spieleröffnenden Pässe aus dem eigenen Drittel mündete am anderen Ende des Eises in einer Jubeltraube. Austin Ortega ließ sich am Sonntag für das 1:1 feiern, nach der Schlusssirene stand ein 2:1-Sieg des EHC Red Bull München über die Löwen Frankfurt fest, es war der dritte Münchner Erfolg im dritten Spiel des neuen Jahres in der Deutschen Eishockey Liga (DEL).

Für Blum war es eines von zuletzt vielen auffälligen Spielen - und zwar im positiven Sinn. Die Weihnachtszeit hat den Verteidiger beflügelt. In den vergangenen acht Partien hat er nur beim 1:3 in Düsseldorf nicht gepunktet, insgesamt sammelte er in diesen Partien zehn Scorerpunkte. Besonders auffällig war er am vergangenen Freitag beim 6:3-Auswärtssieg in Köln, wo er nicht nur das 1:1 mit einem cleveren Rückhandabschluss gegen die Bewegungsrichtung des Torhüters erzielte, sondern auch noch die Treffer von Andreas Eder und Ortega vorbereitete. Er bestätigte damit den Eindruck, den sein Trainer Toni Söderholm von ihm hat: "Er ist ein Spieler, der das Spiel sehr clever liest."

Zu Saisonbeginn hatte der 34-Jährige, der in der vergangenen Meistersaison so viele Scorerpunkte wie kein DEL-Verteidiger gesammelt hatte, überraschend unauffällig agiert, seine offensive Ausbeute stockte. Überraschend deshalb, da er eigentlich mit großem Selbstvertrauen in die Liga gestartet war, denn seine Auftritte in der Champions Hockey League (CHL) waren herausragend gewesen. Blum kam dort in vier Partien auf neun Scorerpunkte und war damit nicht nur Münchens Topscorer, sondern der gesamten CHL. Dann aber wurde es holprig. Beim Münchner CHL-Ausscheiden Ende November in Genf zog sich Blum eine Unterkörperverletzung zu, die ihn drei Wochen pausieren ließ. Zuvor hatte er in der Liga drei Spiele gesperrt verpasst, da er Nürnbergs Lukas Ribarik bei einem Crosscheck im Gesicht getroffen hatte.

Das Vertrauen seiner Mitspieler verlor er trotz der Widrigkeiten aber nicht. Blum sei ein "sehr, sehr ruhiger Spielertyp", der sich über seinen "hohen Eishockey-IQ" auszeichne, sagt Maximilian Kastner. Ruhe ist auf seiner Position von großer Wichtigkeit. Blum besetzt die offensive Blaue Linie manchmal alleine, Fehler dort führen unweigerlich zu gefährlichen Kontern für die Gegner, oft sogar zu Alleingängen. Die Gabe, auch unter Druck ruhig an der Scheibe zu bleiben und keine überstürzten Aktionen zu initiieren, ist auf seiner Position elementar.

Die Überzahlformation produzierte so eifrig, dass DeSousa ihr den Spitznamen "die Ölkönige" gab

An der gegnerischen Blauen Linie postiert, hat Blum das Geschehen in Scheibenbesitz vor sich - und kann seine große Stärke einbringen: sein Passspiel. Blum sei ein "großartiger Passer", der viel für die Stürmer kreiere, sagt Chris DeSousa, Münchens erfolgreichster Torschütze der Saison.

Seine Passqualitäten machen ihn laut Kastner zu einem "gefühlten Quarterback", da er die Scheiben so präzise verteilt. "Er bringt dich in die perfekte Abschlussposition", sagt DeSousa, der in der vergangenen Saison in Überzahl mit Blum auflief und heute noch davon schwärmt, dass er das "geliebt" habe. Die Überzahlformation produzierte so eifrig, dass DeSousa ihr den Spitznamen "die Ölkönige" gab, da es so geschmiert lief.

Im offensiv variablen Münchner System, das von vielen Positionswechseln geprägt ist, taucht Blum auch bei Fünf-gegen-fünf immer wieder in der Nähe des gegnerischen Tores auf, wie am Sonntag gegen Frankfurt, als er hinter dem Tor der Löwen das Auge für Nico Krämmer hatte, dessen Direktabnahme ans Außennetz ging (4.). Im kurz darauffolgenden Überzahlspiel war er mit einem Schuss selbst gefährlich und ermöglichte Austin Ortega mit einem klugen Zuspiel eine gute Chance (7.), der Abschluss seines kalifornischen Kumpels war aber zu schwach. Blums Pass vor Ortegas 1:1 leitete die Wende ein, Ryan McKiernans Treffer (30.) und einige gute Paraden von Nationaltorhüter Mathias Niederberger bescherten dem Tabellenvierten aus München den knappen Sieg.

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