Eishockey:Der Rekordtrainer hört auf

Lesezeit: 3 min

"Ich wusste, die Zeit ist gekommen": Don Jackson mit der Meistertrophäe. (Foto: Imago)

Neun Meisterschaften und 1000 Spiele: Eishockey-Coach Don Jackson beendet seine Karriere. Der jüngste Titel mit dem EHC München versüßt ihm den Abschied. Der ehemalige Bundestrainer Toni Söderholm steht als Nachfolger parat.

Von Christian Bernhard

Das, was für den EHC Red Bull München mittlerweile zur Gewohnheit geworden ist, hat seinen Anfang vor knapp acht Jahren im slowakischen Kosice genommen. Dort bestritt der EHC im August 2015 sein erstes Spiel in der Champions Hockey League (CHL), in der er seitdem regelmäßig zu Gast ist. Nach dem erfolgreichen Debüt - die Münchner siegten damals 4:2 - sollte die Pressekonferenz mit beiden Trainern stattfinden. Das Problem: Münchens Trainer Don Jackson war zu jenem Zeitpunkt nicht mehr in der Halle. EHC-Manager Christian Winkler musste für ihn einspringen, denn Jackson war schon - ohne böse Hintergedanken - seelenruhig mit seiner Ehefrau Nancy ins Hotel zurückspaziert.

Jackson hat seit 1988 so manchen Weg zurückgelegt, seit jenem Jahr arbeitete er Saison für Saison als Eishockeytrainer. Nun ist dieser Weg offiziell zu Ende, der erfolgreichste Coach in der Geschichte der Deutschen Eishockey Liga (DEL) hat sein Karriereende verkündet. Am späten Freitagvormittag betrat der 66-Jährige zum letzten Mal den Pressekonferenz-Raum in der Münchner Olympia-Eishalle, in der noch vereinzelt goldenes Konfetti am Boden lag - eine Erinnerung an die Meisterschaft, die der EHC dort am vergangenen Sonntag gewonnen hatte.

Deutscher Eishockeymeister München
:Der Drache schlägt zurück

Mit einer defensiv starken Leistung bezwingt der EHC Red Bull München den ERC Ingolstadt und feiert seinen vierten Meistertitel. Der Erfolg für das Team von Don Jackson krönt eine Entwicklung, die vor zwei Jahren mit einer Niederlage begann.

Von Christian Bernhard

Hunderte Male hatte Jackson in diesem Raum Stellung zu Spielen und Spielern genommen und hundertfach dort sein Mantra wiederholt: " It's game by game", Spiel für Spiel. Am Freitag redete Jackson, weißes Hemd, dunkler Anzug, nicht mehr über das nächste Spiel - sondern geriet ins Stocken, als er seiner Familie und vielen Wegbegleitern dankte. Trotz der Emotionen sei die Entscheidung einfach gewesen, sagte er, "ich wusste, die Zeit ist gekommen".

"Wow", sagte Christian Winkler, als er zusammen mit Jackson den Pressekonferenzraum betrat und die ungewohnt vielen Journalisten sah. Nicht nur Jackson, auch Winkler versagte die Stimme, als er sich bei Jackson für die "neun schönsten Jahre, die wir im Münchner Eishockey erlebt haben", bedankte. Der DEL-Rekordtrainer bleibt dem Red-Bull-Eishockeykosmos als "Head of Coaching Development" - oder etwas kürzer formuliert als "Trainervater", wie Winkler es nannte. Er soll seine Erfahrung und Expertise an alle Trainer der Organisation weitergeben.

2005 kam Jackson in die DEL und pulverisierte seitdem Rekord um Rekord

Im ehemaligen Bundestrainer Toni Söderholm, der 2016 als Spieler unter Jackson bei der ersten Meisterschaft der Münchner dabei war, steht der designierte Nachfolger schon bereit. Winkler wollte die Personalie am Freitag noch nicht bestätigen. "Wir haben noch ein bisschen was zu klären und auszuarbeiten", sagte er. Das sei der Tag, an dem sich "alles um Don drehen sollte".

Um Jackson hat sich im deutschen Eishockey mehr als 18 Jahre lang sehr viel gedreht. 2005 kam er in die DEL und pulverisierte seitdem Rekord um Rekord: Neunmal wurde er Meister, als erster Trainer durchbrach er die 1000-Spiele-Schallmauer, und 2019 führte er den Münchner EHC als ersten deutschen Klub ins Champions-Hockey-League-Endspiel. "Einen größeren Gewinner wird es nicht geben", sagte Winkler. Jackson schaffte sogar das Kunststück, sich trotz einer verlorener Finalserie einen Meistertitel zu schnappen: 2014 scheiterte er in der länderübergreifenden EBEL-Liga mit Salzburg am HC Bozen aus Südtirol, sicherte sich aber als bestplatzierte österreichische Mannschaft den Titel des österreichischen Meisters. Jene Saison war die einzige, die er seit 2005 nicht in der DEL verbrachte.

Früher ein kompromissloser Verteidiger und zweimaliger Stanley-Cup-Sieger mit den Edmonton Oilers: Don Jackson, hier bei seiner Abschiedspressekonferenz. (Foto: Heike Feiner/Eibner/Imago)

Dabei war seine Trainerkarriere keineswegs geplant - schon gar nicht von ihm. "Das wurde von anderen für mich arrangiert. Ich habe nicht danach Ausschau gehalten", erzählte Jackson, der in seinen aktiven Zeiten ein kompromissloser Verteidiger war und in den 1980er Jahren mit den Edmonton Oilers zweimal den Stanley Cup gewann, unter anderem zusammen mit Wayne Gretzky. Ein Freund, der auch Spieler war, rief ihn an - und so begann Ende der Achtzigerjahre Jacksons Trainerkarriere. Auch sein Wechsel nach Deutschland war dem Zufall geschuldet. "Ich war schlicht auf Jobsuche", begründete Jackson seinen Schritt, im Februar 2005 zu den Eisbären Berlin zu gehen, wo Pierre Pagé und Peter John Lee das Sagen hatten. "Der Rest ist Geschichte", betonte er. DEL-Geschichte.

Die vielen Zufälle, die Jacksons Weg ebneten, waren ein Glücksfall für die DEL. Nach einem Jahr bei der Düsseldorfer EG prägte er mit den Eisbären Berlin eine Ära, als er zwischen 2008 und 2013 fünf Meistertitel gewann. In München kamen vier weitere Meisterschaften dazu. Liga-Chef Gernot Tripcke nannte Jackson einen "super Gentleman". Mit seiner "immer positiven" Art sei er eine Bereicherung für die Liga gewesen - und ein "absolut guter Typ".

Eines wisse er, hatte Jackson im SZ-Interview im Sommer 2014 gesagt, als er den Trainerposten in München übernahm: "Wenn die letzte Sirene ertönt, und das Team hat die Meisterschaft gewonnen, dann sind es die Spieler, die gefeiert werden. Wenn nicht, ist der Trainer schuld. Das ist Profisport. Wenn du erfolgreich bist, wirst du geliebt. Wenn nicht, dann nicht." Jackson wurde geliebt: erst in Berlin und zuletzt in München.

Jetzt ist aber die Familie dran. Jackson wird sich auf seine Farm in Wichita, Kansas, zurückziehen und dort "als erstes mit meinen Enkelkindern in den Park gehen". Geplant ist, dass er in seiner neuen Funktion immer wieder mal nach München zurückkommt - und dann womöglich auch das angehen kann, was er vor zwei Jahren bei Florian Busch hinterlegt hat. Der ehemalige Eisbären-Stürmer, der unter Jackson fünf Meistertitel gewann, erzählte, Jackson habe ihn vor zwei Jahren angerufen, weil er mit dem Golfspielen beginnen wollte. Seitdem habe er sich aber nicht mehr gemeldet. Vielleicht hat er jetzt ja Zeit dafür.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusSZ Serie zur Zukunft des Wintersports
:Schnee von morgen

Bald wird es in den Alpen zu warm sein, um im Winter die Pisten zu beschneien. Und dann? Anderswo sind Alternativen zum Schnee schon im Einsatz: Bürsten, Wellen und Kunststoffspaghetti - eine Reise in die Zukunft des Skifahrens.

Von Korbinian Eisenberger

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: