Eishockey:Ein weggeworfenes Jahr

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Patrick Hager zieht Bilanz. Seine WM-Teilnahme hat Münchens Kapitän abgesagt. (Foto: Bruno Dietrich/City-Press GmbH / EHC Red Bull München)

Der EHC München zieht nach dem Halbfinal-Aus in der DEL Bilanz mit dem Gefühl, dass viel mehr möglich gewesen wäre - und verabschiedet sich von der Olympia-Eishalle.

Von Christian Bernhard

Der letzte Wunsch blieb unerfüllt. Die Fans des EHC Red Bull München hatten sich bei der Saisonabschlussveranstaltung, die auch die Zeremonie zum Abschied von der Münchner Olympia-Eishalle war, von ihren Spielern die Raupe erbeten. Doch statt sich an den Beinen des Vordermannes festhaltend auf allen vieren über das Eis zu rutschen, griff Kapitän Patrick Hager zum Mikrofon und sagte den Fans, die Raupe "müssen wir uns verdienen" - und das gehe nur mit "großen Siegen". Man wolle nach einem Halbfinal-Ausscheiden nicht "solche Bilder" nach außen schicken.

Die enttäuschende EHC-Saison, die nach Platz fünf in der Hauptrunde der Deutschen Eishockey Liga (DEL) mit dem deutlichen Playoff-Halbfinal-Aus in fünf Spielen gegen Bremerhaven geendet hatte, hat ihre Spuren hinterlassen - das wurde am Samstag in und vor der Münchner Olympia-Eishalle deutlich. Hager sagte, er fühle sich körperlich "fast zu gut" für diese Jahreszeit - weil die Playoffs aus Münchner Sicht eben viel zu früh zu Ende waren. Der Kapitän beschrieb, wie der EHC im Jahr nach der Meisterschaft daran gescheitert sei, ein "gewisses emotionales Level" zu erreichen und den "Drive" zu kreieren, der nötig sei, um erfolgreich zu sein. "Wir haben diesen Rhythmus das ganze Jahr über gesucht und nicht konstant gefunden." Ohne Pokal, so Hager, fühle es sich wie ein "verlorenes Jahr" an.

Die erste Saison nach Rekordtrainer Jackson war eine Herausforderung - nicht nur für Nachfolger Söderholm

Die Gründe dafür seien vielfältig, aufgearbeitet würden sie nun intern. Klar ist für den Kapitän: "Die Erfahrung zeigt, dass die Arbeit, die du von August bis Februar nicht gemacht hast, dich in der Regel spätestens im April beißt." Auch für Hager endet die Saison im April. Er erklärte, dass er Bundestrainer Harold Kreis in einem Gespräch mitgeteilt habe, dass er für die anstehende Weltmeisterschaft in Tschechien (10. bis 26. Mai) aus familiären Gründen nicht zur Verfügung stehe.

Auch Manager Christian Winkler war vier Tage nach dem Saison-Aus noch enttäuscht: "Ich dachte, wir wären weiter, als wir es am Ende waren." In den Abschlussgesprächen mit Spielern und Trainern, die diese Woche stattfinden, sollen die Gründe erörtert und die Basis für kommende Saison gelegt werden. Personalentscheidungen gab der EHC am Wochenende keine bekannt, Winkler sagte lediglich, "einige Verträge" seien offen.

Die Saison, die am vergangenen Dienstag mit dem ersten Halbfinal-Ausscheiden in der Münchner Klubgeschichte zu Ende gegangen war, ist auch deshalb eine spezielle, weil es sich um die erste nach der neunjährigen Ägide von DEL-Rekordtrainer Don Jackson handelte. Konrad Abeltshauser beschrieb die Herausforderungen, vor denen die Spieler gestanden waren, so: Es sei nicht ganz einfach gewesen, Jacksons Philosophie abzulegen, weil viele Spieler jahrelang unter Jackson gespielt hatten. "Ich kenne die DEL nicht ohne Don Jackson", sagte Abeltshauser, der 2016 nach München kam. Noch größer war diese Aufgabe wohl für Toni Söderholm, Jacksons Nachfolger. "Wenn du versuchst, deinen eigenen Stempel aufzudrücken", sei es schwierig, "nicht ständig verglichen zu werden", so Abeltshauser. Das mache die Arbeit nicht leicht.

Am Ende bleibt bei den Münchnern das Gefühl, dass viel mehr möglich gewesen wäre. Das macht es laut Hager "umso ärgerlicher, wenn man so ein Jahr als Mannschaft wegwirft, wo du das Gefühl hattest, dass du eigentlich die Puzzlestücke in der Kabine hattest, um erfolgreich zu sein". So müssen die Fans auf die Raupe warten.

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