EHC München:Ein spezieller Tag

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. "Die Aura, der Geist, die es hier gibt, daran hat Don einen sehr großen Anteil": Trainer Toni Söderholm. (Foto: Jan-Philipp Burmann/City-Press GmbH / EHC Red Bull München)

Nach neun Jahren mit Chefcoach Don Jackson beginnt für den EHC mit dem ersten Eistraining eine neue Zeitrechnung. Sein Nachfolger Toni Söderholm möchte sich nun von seinem Mentor emanzipieren.

Von Christian Bernhard

Es gibt zahlreiche Varianten, die Gründe für einen Vereinswechsel zu beschreiben. Dominik Bittner hat sich für eine nicht alltägliche entschieden. Es gebe da so ein Sprichwort, sagte der Eishockey-Nationalspieler: "Kannst du sie nicht schlagen, musst du ihnen beitreten. Das habe ich jetzt hoffentlich gemacht." Der 31-jährige Verteidiger gab das frei interpretierte Sprichwort im Trainingsdress des EHC Red Bull München wieder, seinem neuen Arbeitgeber. Vier Jahre lang stand der Peißenberger in Wolfsburg unter Vertrag, vier Jahre, in denen die Niedersachsen am großen Coup in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) schnupperten. Doch 2021 scheiterten sie im Playoff-Endspiel an den Eisbären Berlin - und in den anderen beiden Playoffs (einmal fielen sie wegen der Corona-Pandemie aus) war der Münchner EHC Endstation, zuletzt im April im Halbfinale. Jetzt soll es für ihn mit den Münchnern klappen.

Nicht nur für Bittner begann am Donnerstag eine neue Zeitrechnung. Auch für den gesamten EHC, der vor knapp vier Monaten den Meistertitel in der DEL gewonnen hat. Das erste Team-Eistraining der neuen Saison war das erste ohne Don Jackson, der den Klub neun Jahre lang nicht nur trainiert, sondern nachhaltig geprägt hat. "Die Aura, der Geist, die es hier gibt, daran hat Don einen sehr großen Anteil", sagte Toni Söderholm nach einem "schon speziellen Tag".

Der Finne ist der neue Mann hinter der Münchner Bande. Er dürfe die Nachfolge von Jackson antreten - "nicht müssen", korrigierte er einen Reporter am Donnerstag. Der Neue ist ein Altbekannter: Söderholm hat seine letzte Saison als Spieler unter Jackson für die Münchner gespielt (und mit dem Meistertitel abgerundet), ehe ihn Jackson und Münchens Manager Christian Winkler davon überzeugten, eine Trainerkarriere einzuschlagen, obwohl er zu jenem Zeitpunkt, im Frühling 2016, eigentlich noch weiterspielen wollte. Diese Entscheidung war keine schlechte: Söderholm lernte an Jacksons Seite und trat dann in die große Trainerwelt hinaus: deutsche Nationalmannschaft, Schweizer Spitzenklub SC Bern - nun wieder München, aber diesmal als Cheftrainer.

Natürlich sprach Söderholm dieser Tage viel über Jackson. Er bezeichnete den erfolgreichsten Trainer der DEL-Geschichte als "beste Leitplanke der Welt" und als "Hand auf meiner Schulter". Er verspüre eine "Dankbarkeit", dass er eine "Mannschaft von Don" übernehmen dürfe. Doch der ehemalige deutsche Nationaltrainer machte auch klar, dass er sich von seinem Mentor emanzipieren möchte. Er sei nicht hier, "um Sachen genauso wie Don zu machen", betonte er. Er füge seine "eigenen Puzzleteile" hinzu, die dann "hoffentlich" erfolgreich seien. Er werde kleine Änderungen im Alltag vornehmen: ein paar neue Trainingsübungen, um die Neugierde der Spieler zu wecken, vielleicht etwas kürzere Trainingseinheiten, etwas anders gestaltete Meetings, etwas andere Abläufe am Spieltag. Kleinigkeiten.

Vor allem die Defensive möchte Söderholm verändern

Eine prägnante Neuheit gab es schon. Während der ersten gemeinschaftlichen Trainingseinheit zog er sich mit seinen Spielern in die Kabine zurück, damit die Eismaschine frisches Eis machen konnte. Nach einer kurzen Videoeinheit kehrten Spieler und Trainer aufs Eis zurück und spulten noch intensive 20 Minuten ab. "Ich finde, das macht Sinn", sagte Patrick Hager, so werde das Verletzungsrisiko auf schlechtem Eis verringert. Der Meisterkapitän nahm nicht nur wegen dieser Maßnahme den frischen Wind schon wahr. Der neue Trainer habe seinen eigenen Ansatz, sagte er, "man spürt die neue Handschrift". Taktisch soll sich das vor allem in der Defensive auswirken, die Söderholm ein bisschen verändern möchte.

Wie sich das im Spiel auswirkt, kann sich bald zeigen. Kommenden Samstag bestreitet der EHC beim Schweizer Topklub EV Zug sein erstes Testspiel, Anfang September startet er mit zwei Auswärtsspielen in die Champions Hockey League. Der DEL-Start erfolgt dann am 14. September. Die Spieler wissen um die Umstände, die ihre Saison prägen werden, auch die neuen. "Der Druck ist auf unserer Seite", sagte Markus Eisenschmied, der aus Mannheim nach München gewechselt ist. Hager erklärte, man könne stolz auf den Erfolg der Vorsaison sein, "aber gleichzeitig müssen wir auch bereit dafür sein, dass uns die ganze Liga noch mehr jagen wird als in den letzten Jahren schon". Die Kunst bestehe darin, nach einem erfolgreichen Jahr noch eine Schippe draufzulegen: "Sobald du den Fuß vom Gas nimmst, überholt dich einer, und wenn du zufrieden bist, dann passiert das gleich noch schneller".

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