Dritte Fußball-Liga:Ausgekuschelt im Aufstiegsrennen

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Stellenweise erinnerten Zweikämpfe im oberbayerischen Duell an Ringerduelle: Hier stoppt Türkgücüs Sercan Sararer (hinten) Ingolstadts Dominik Franke. (Foto: Sven Leifer/foto2press/Imago)

Der FC Ingolstadt gewinnt das oberbayerische Derby gegen Türkgücü München, das damit einen herben Dämpfer verdauen muss, während Dresden, Ingolstadt und Rostock sich Luft verschaffen.

Von Johannes Kirchmeier, Ingolstadt

Der Ingolstädter Mittelfeldspieler Marc Stendera zog seinen rechten Stutzen hoch, er wollte den umstehenden Fußballern schon noch einmal zeigen, dass ihn sein Gegenspieler Lucas Röser da unfein getroffen hatte ein paar Zentimeter oberhalb des Sprunggelenks. Selbst der Schiedsrichter Robin Braun guckte in der Nachspielzeit des oberbayerischen Drittliga-Duells FC Ingolstadt gegen Türkgücü München noch einmal auf die Trittstelle, bevor er Röser am späten Montagabend die gelbe Karte zeigte. Stendera richtete sich wieder auf und trottete los. Er verzog zwar seine Miene noch etwas aufgrund der Schmerzen. Insgeheim wusste er in diesem Moment jedoch, das war ein ganz wichtiger Zweikampf, den er da gerade in der eigenen Hälfte gewonnen hatte. Nun konnte sein Torwart Fabijan Buntic den Ball weit weg schlagen - ein paar Minuten später jubelten die Ingolstädter über ihren verdienten 2:1 (2:1)-Erfolg.

Dem stand allerdings ein hartes Stück Arbeit bevor, Stenderas Szene war nur eine von vielen ähnlichen. Schließlich entwickelte sich im erst zweiten Duell der beiden Teams auch ohne Fans gleich eine hitzige Atmosphäre im Sportpark. "Man konnte sehen, dass von Anfang an von außen viel Unruhe reingebracht wurde", sagte der FCI-Trainer Tomas Oral - woran er auch nicht ganz unbeteiligt war. "Nur am Labern, du!", schrie Oral dem Türkgücü-Co-Trainer Andreas Pummer entgegen, nachdem sich dieser über seiner Meinung nach unterlassene Abseits- und Foulpfiffe echauffierte. Pummer entgegnete Oral später: "Was redest du immer? Sei doch still, Mann!"

Zum Abschluss des 27. Spieltags liegt Türkgücü als Siebter zehn Punkte hinter den Ingolstädtern

Anfangs stritten nur die beiden Trainerlager, doch die Zankzonen weiteten sich im Verlauf des Spiels aus. So erinnerten manche Zweikämpfe in der zweiten Halbzeit an Ringerduelle - und auch die Delegationen der Klubs auf den Tribünen wurden lauter: Gerade die der Gäste äußerte sich emotional zum Spielverlauf und den Entscheidungen des Schiedsrichters, was damit zusammenhing, dass der Gastgeber führte: "Man hat dann auch gespürt, obwohl es kein klassisches Derby ist, dass es eine kurze Entfernung ist zwischen den beiden Mannschaften", fand Oral.

Aber nicht allein deshalb wurde es laut bei den Türkgücü-Verantwortlichen. Sondern vor allem, weil die Münchner wussten, dass es um viel ging in dieser Partie. Daher spielte auch der unter der Woche noch angeschlagene Kapitän und Topscorer Sercan Sararer durch - anders übrigens als der beste Torschütze Petar Sliskovic, der mit einem Bluterguss in der Sohle ausfiel und merklich fehlte. Nach der Niederlage zum Abschluss des 27. Spieltags liegt Türkgücü als Siebter nun aber schon zehn Punkte hinter den Ingolstädtern, die mindestens bis zum Dienstagabend wieder auf Rang zwei sprangen. Nach Wochen der kuschligen Enge zieht sich das immer noch spannende Aufstiegsrennen gerade wieder wie eine Ziehharmonika auseinander. Die topplatzierten Teams Dresden, Ingolstadt und Rostock verschaffen sich Luft.

Vom in der Liga gefürchteten Münchner Kombinationsspiel war wenig zu sehen

Der FCI tat dies am Montag in beeindruckender Manier, kombinierte sich flink in den gegnerischen Strafraum - er vergaß dabei einzig, weitere Tore zu schießen. Alleine die Angreifer Fatih Kaya, Dennis Eckert Ayensa und Filip Bilbija hatten mehrere Gelegenheiten für weitere Tore. So blieben das Kopfballtor von Tobias Schröck nach einer Stendera-Ecke zum 1:0 (14. Minute) sowie der Elfmetertreffer von Stefan Kutschke zum Endstand (31.) die einzigen FCI-Jubelangelegenheiten. Schon am Samstag steht das nächste wichtige Spiel für den Klub an - dann geht es gegen den sechs Punkte schlechteren Verfolger SV Wehen Wiesbaden auf Rang fünf. "Wir haben eine Bomben-Breite im Kader, jeder arbeitet für den anderen, auch wenn er mal eine Zeit lang nicht dabei ist", sagte der zuletzt zwischen Startelf und Ersatzbank pendelnde Kaya.

Türkgücü kam dagegen aus dem Spiel heraus nur einmal gefährlich vors Tor des FCI, vom in der Liga gefürchteten Kombinationsspiel der Münchner war wenig zu sehen. Das zwischenzeitliche 1:1 erzielte der vom VfB Stuttgart ausgeliehene Maxime Awoudja per Kopf (18.). Unglücklich wirkte ihr Coach Serdar Dayat trotzdem nicht nach der Partie. Er habe eine Verbesserung zum 1:1 gegen Zwickau gesehen, allerdings blieb der Klub nach zwei Siegen unter Interimstrainer Pummer nun auch im zweiten Dayat-Spiel ohne Sieg. Im Fußball gehe es "immer um den Ball und das Spiel - und wir haben drei Punkte liegengelassen", sagte Dayat mit einem Hang zur Philosophie. Den Ball trafen am Montag die Ingolstädter besser, nicht nur in der eingangs erwähnten Stendera-Szene.

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