Investoren-Einstieg bei der DFL:"Die Premier League ist so weit weg"

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Jan-Christian Dreesen, Vorstandschef des FC Bayern München. (Foto: Alexander Hassenstein/Getty Images)

FC-Bayern-Chef Jan-Christian Dreesen rechtfertigt das Votum für einen Investoren-Einstieg bei der DFL, will mit dem geplanten Milliarden-Deal aber nicht den englischen Fußball angreifen. Auch aus anderen Klubs kommen Rechtfertigungen und Kritik.

Am Tag nach dem knappen Votum der 36 Erst- und Zweitligisten für die Beteiligung eines Investors an Medienrechten der Deutschen Fußball-Liga (DFL) haben sich Vertreter des Profifußballs, der Politik und der Fanszene mit Kritik und Klarstellungen zu Wort gemeldet. Für Bayern Münchens Vorstandschef Jan-Christian Dreesen etwa bedeutet der geplante Investoren-Einstieg nicht, dass der Rückstand der Bundesliga auf die englische Premier League signifikant verkleinert werden kann.

"Die Premier League ist so weit weg - nein, wir müssen uns auf uns selber konzentrieren und die Dinge weiterentwickeln, von denen wir glauben, dass sie richtig sind", sagte Dreesen: "Das hat mit der Premier League erst mal gar nichts zu tun. Das wäre auch vermessen zu glauben." Zuvor hatte das Fanbündnis "Unsere Kurve" den beschlossenen Investoreneinstieg unter anderem mit dem Argument kritisiert, die "Einzigartigkeit des deutschen Fußballs" werde "für ein aussichtsloses Rattenrennen mit der Premier League über Bord geworfen".

Bei der Mitgliederversammlung der DFL am Montag hatte der Ligaverband von den Profiklubs das Mandat erhalten, konkrete Verhandlungen mit einem strategischen Vermarktungspartner aufzunehmen. Für eine prozentuale Beteiligung an zukünftigen TV-Erlösen soll ein Finanzinvestor bis zu einer Milliarde Euro zahlen. Der Vertrag soll eine Maximallaufzeit von 20 Jahren haben.

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Im zweiten Anlauf entscheiden sich die deutschen Erst- und Zweitligisten für den Einstieg eines Investors. Das soll den Vereinen bis zu eine Milliarde Euro einbringen - doch zehn Klubs und die aktiven Fans sind dagegen.

Von Philipp Selldorf

Die DFL braucht das Geld nach eigenen Angaben, weil sie den Profifußball fit für die Zukunft machen möchte. Von der erhofften Milliarde sollen 600 Millionen Euro in die Digitalisierung und die Internationalisierung gehen. Dabei soll unter anderem eine Streamingplattform aufgebaut, die Auslands-Vermarktung angeschoben, bessere Werbung ermöglicht und illegales Streamen bekämpft werden. 300 Millionen erhalten gemäß dem gültigen Verteilerschlüssel die Klubs, um die zunächst entstehenden Medien-Mindereinnahmen auszugleichen. Mit den restlichen 100 Millionen soll ein Vergütungssystem geschaffen werden, das Klubs belohnt, die zu Werbezwecken ins Ausland reisen. So soll am Ende mehr Geld für alle erlöst werden.

Aufreger in Hannover: Wie hat Martin Kind abgestimmt?

Die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit wurde bei der Abstimmung in Frankfurt am Montag mit 24 Ja-Stimmen, zehn Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen gerade so erreicht. Eine Nein-Stimme oder eine Enthaltung mehr hätten dafür gesorgt, dass der geplante Deal - wie schon beim ersten, umfangreicheren Anlauf im Mai - geplatzt wäre.

Zum Aufreger wurde in diesem Zusammenhang das Abstimmungsverhalten von Martin Kind. Der Geschäftsführer von Hannover 96 liegt im Clinch mit der Klubführung des Muttervereins - diese hatte ihn angewiesen, den Deal abzulehnen. Kind allerdings gilt als Befürworter. Die Wahl war geheim. Sollten sich jedoch alle Klubs, die nicht zugestimmt haben, öffentlich erklären und Kind damit als Ja-Sager identifizieren, könnte ein juristisches Nachspiel folgen.

Bereits von Montagabend an und dann weiter am Dienstag trudelten Stellungnahmen von einzelnen Klubs zu ihrem Abstimmungsverhalten ein. Neben dem FC Bayern und Borussia Dortmund haben beispielsweise auch der VfB Stuttgart, Darmstadt 98 und die TSG Hoffenheim für den geplanten Deal gestimmt. "Wir als TSG Hoffenheim bewerten das Ergebnis positiv und sehen es als wichtig an, die Bundesliga gerade mit Blick auf Vermarktung, Internationalisierung und medialer Inhalte weiterzuentwickeln", sagte Denni Strich, Geschäftsführer des Bundesligisten, in einer Mitteilung: "Das knappe Ergebnis zeigt aber auch, dass dabei sensibel vorgegangen werden muss."

Hertha BSC und Union Berlin hingegen waren dagegen - sie hätten sich unter anderem mehr Zeit gewünscht, um mehr Einigkeit zwischen den 36 Klubs zu erzielen oder um Alternativen zu prüfen. Auch der SC Freiburg gehört zu den zehn Erst- und Zweiligisten, die den beschlossenen Einstieg eines Investors abgelehnt haben - allerdings, wie ein Sprecher bestätigte, nicht aus grundsätzlicher Abneigung. Sondern, weil den Freiburgern das avisierte Geschäft nicht ambitioniert genug ausfällt. Im Mai hatte der Europa-League-Teilnehmer bei einer ersten Abstimmung zum Thema noch mit "Ja" votiert.

In den Fankurven ist die Ablehnung groß. (Foto: Eibner/Imago)

Kritik kam erwartungsgemäß aus den Fanlagern. Das Fanbündnis "Unsere Kurve" spricht von einem Rückschlag, das Geld stehe über allem. Weitere Proteste in den Stadien werden erwartet. Der stellvertretende Vorsitzende des Bundestags-Sportausschusses, der Grünen-Politiker Philip Krämer, schloss sich dieser Sichtweise teilweise an: "Die Spitzenvertreter des deutschen Profifußballs haben nicht verstanden, dass ein auf Augenhöhe stattfindender Dialog mit den Fans essenziell ist", sagte er: "Die DFL und die zustimmenden Vereine hätten die Fans im ganzen Prozess mehr berücksichtigen müssen." Nach Ansicht des Grünen-Politikers muss das "in der Zukunft institutionell demokratisch geschehen, beispielsweise durch einen Beirat".

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