Manuel Akanji:Dortmunds vermisster Initiator

Lesezeit: 3 min

Wieder zurück: Manuel Akanji könnte als Rhythmusgeber in der Spieleröffnung gegen Leverkusen eine entscheidende Rolle zukommen. (Foto: Alex Gottschalk/DeFodi/imago)
  • Borussia Dortmunds Manuel Akanji fehlte fast zwei Monate wegen einer Hüftverletzung. Vor dem Bundesligaspiel gegen Leverkusen an diesem Sonntag steht der Innenverteidiger vor dem Comeback.
  • Zuletzt haben sie beim BVB Gegentreffer nach Flanken oder Ecken als Problem ausgemacht. Mit Akanji sind Hoffnungen auf Besserung verbunden.
  • Selbst dem Offensivspiel könnte Akanji guttun.

Von Sebastian Fischer

Als die Karriere des jungen Fußballers Manuel Akanji vor ein paar Jahren so richtig beginnen sollte, machte sie erst mal eine Pause. Es war im Frühjahr 2016, er hatte noch keine ganze Saison für den FC Basel gespielt, da riss er sich das Kreuzband. Solch schwere Verletzungen zu einem derart frühen Zeitpunkt können Laufbahnpläne von großen Talenten schon mal über den Haufen werfen. Der Schweizer, damals 20 Jahre alt, dachte sich allerdings: "Ich komme stärker zurück."

Akanji, inzwischen 23 Jahre alt, hat damals seine Ankündigung wahrgemacht. Er wurde Nationalspieler, wechselte zu Borussia Dortmund, erarbeitete sich einen Stammplatz in beiden Mannschaften. In der Hinrunde wurden wenige Dortmunder so gelobt wie er, gemeinsam mit dem im Sommer verpflichteten Abdou Diallo bildete er ein souveränes Innenverteidigerduo, es war die Basis für die Tabellenführung mit zwischenzeitlich neun Punkten Vorsprung vor dem FC Bayern. Aber nun, in diesem Winter, musste Akanji seine längste Verletzungspause seit dem Frühjahr 2016 hinnehmen. Und der BVB, inzwischen nur noch mit kleinem Vorsprung Tabellenführer, ist auch davon abhängig, dass sein wichtigster Verteidiger an diesem Sonntag gegen Leverkusen genauso stark zurückkehrt, wie er im Herbst gespielt hat.

BVB
:Marco Reus fehlt auch gegen Leverkusen

Der BVB-Kapitän kann in der Bundesliga weiter nicht spielen. Die Polizei beschlagnahmt ein Banner der Frankfurter Fans, Melanie Behringer beendet ihre Fußballkarriere.

Meldungen im Überblick

Marco Reus und Lukasz Piszczek fallen weiter aus

Es ist viel von richtungsweisenden Tagen in Dortmund die Rede, da der BVB fünf Spiele in Serie nicht gewonnen hat, aus dem DFB-Pokal ausgeschieden ist und vor dem Achtelfinal-Aus in der Champions League steht. Zwei Personalien, die Aussicht auf Besserung versprachen, bieten weiterhin eher Anlass zur Sorge: Marco Reus, Dortmunds wichtigster Offensivspieler, und Rechtsverteidiger Lukasz Piszczek fallen verletzt aus. Aber nach fast zwei Monaten Pause wegen einer Hüftverletzung und nach sieben verpassten Spielen kehrt Akanji zurück.

Es ist ein überraschend schnelles Comeback, schließlich war zwischenzeitlich bereits mit einem vorzeitigen Saisonende spekuliert worden. Derart kompliziert schien die Verletzung zu sein, die ihn schon länger plagte und nach dem Spiel gegen Fortuna Düsseldorf Mitte Dezember aufbrach. "Es war bestimmt nicht einfach", sagte Akanji vor ein paar Tagen im Interview mit dem Vereinssender BVB-TV. Er habe "vier, fünf Spezialisten" konsultiert. Die Entscheidung fiel letztendlich gegen eine Operation und für eine konservative Behandlung. Akanji sagt: "Ich fühle mich jetzt viel besser."

Wer verstehen wollte, wie wichtig Akanji für das Dortmunder Spiel ist, der hörte das nach dem jüngsten 0:0 in Nürnberg am vergangenen Montag in den Antworten von Lucien Favre. Der Trainer wurde in der Pressekonferenz nach dem Fehlen von Marco Reus gefragt und antwortete, er werde nicht über abwesende Spieler sprechen. Dann wurde er gefragt, warum eigentlich Marcel Schmelzer, der Vorjahres-Kapitän, derzeit keine Rolle mehr spiele. Und Favre widersprach seiner gerade aufgestellten Regel und argumentierte mit einem abwesenden Spieler: Akanji kehre ja demnächst zurück.

Wer die Bedeutung Akanjis erkennen wollte, der sah das davor auch auf dem Rasen, sogar gegen eine harmlose Nürnberger Offensive: Zweimal kam Club-Kapitän Hanno Behrens frei zu Kopfballchancen, einmal nach einer Flanke, einmal nach einer Ecke. Gegentreffer nach Flanken oder Ecken haben sie beim BVB als ein Problem der vergangenen Wochen ausgemacht: Beim 0:3 in der Champions League gegen Tottenham fielen alle drei Gegentreffer so, beim 3:3 gegen Hoffenheim zwei von drei, bei der Pokalniederlage gegen Bremen immerhin eines von drei. Mit Akanji, 1,86 Meter groß, 90 Kilo schwer, sind Hoffnungen auf Besserung verbunden.

Und selbst dem Offensivspiel könnte Akanji guttun. Mit einer Passquote von 92 Prozent war der Innenverteidiger oft erster Initiator des schnellen Dortmunder Angriffsspiels. Das Duo aus Sommer-Zugang Diallo, 22, und Akanji war vor der Saison mit Skepsis bedacht, gar "Kinderriegel" genannt worden. Doch die beiden bewiesen das Gegenteil - und wenn Diallo auf links auswich, bewies auch der noch jüngere Dan-Axel Zagadou, 19, an Akanjis Seite oft überraschende Reife.

Es war auch Favres Systemumstellung, die Akanji, seit der vergangenen Winterpause beim BVB, im Sommer in den Mittelpunkt rückte. "Wir spielen wieder mehr als vorher. Früher hatte ich manchmal das Gefühl, wir hätten vor allem gekämpft und dagegengehalten. Jetzt versuchen wir, einen gepflegten Fußball mit viel Ballbesitz zu spielen", sagte Akanji im Herbst im Interview mit der Neuen Züricher Zeitung. Und er ergänzte: "Ich muss mehr coachen als früher." Auch in Favres jüngst geäußerten Plänen, einen geduldigeren Fußball spielen lassen zu wollen, könnte Akanji als Rhythmusgeber in der Spieleröffnung eine entscheidende Rolle zukommen.

Zu seinem Karriereplan ist übrigens noch zu sagen, dass der Lieblingsverein von Akanji Manchester United heißt. Und obwohl er stets betont, dass ein Wechsel derzeit kein Thema sei, spricht er regelmäßig recht offen darüber, irgendwann mal in der Premier League spielen zu wollen. Es dürfte seinen Ambitionen wohl nicht schaden, nach dieser Saison womöglich als jener Spieler zu gelten, mit dessen Rückkehr Borussia Dortmund die Wende schaffte.

© SZ vom 24.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Borussia Dortmund
:Dortmund hat gute Gründe, gelassen zu bleiben

Die Rückschläge des BVB werden bereits als Krise interpretiert. Doch die Dortmunder sind besser aufgestellt als bei ihrem letzten Absturz - und für die Meisterschaft braucht es keine perfekte Saison.

Kommentar von Sebastian Fischer

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: