Dortmund in der Bundesliga:Der boszhafte BVB

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Lässt niederländisch spielen: Dortmunds Trainer Peter Bosz. (Foto: Bernd Thissen/dpa)

Mit typisch niederländischer Taktik fegt Dortmund durch die Bundesliga. Das System ist riskant, aber funktioniert - die anderen müssen beunruhigt sein.

Kommentar von Sebastian Fischer

Peter Bosz sagte, was manchen Fan von Borussia Dortmund durchaus beunruhigte. Es sei nicht möglich, seine Ideen in ein paar Wochen zu verinnerlichen, erklärte der Trainer von Borussia Dortmund im Trainingslager in der Schweiz Ende Juli. Der Saisonstart könnte schiefgehen, fürchteten manche schon. Als Beleg dienten ein paar schwächere Testspiele und die Zeit des Holländers als Trainer von Ajax Amsterdam. Dort hatte es am Anfang rund drei Monate gedauert, bis die Mannschaft Erfolg hatte. Wenn es auch beim BVB drei Monate dauern sollte, bis die Mannschaft Bosz' Taktik in Gänze verstanden hat, ist das inzwischen allerdings nicht mehr beunruhigend für BVB-Fans. Es ist eher beunruhigend für alle anderen.

Dortmund hat am sechsten Spieltag zum sechsten Mal nicht verloren, zum fünften Mal gewonnen und erst ein Gegentor kassiert, als der Sieg gegen Borussia Mönchengladbach längst feststand. Am Ende stand es 6:1. Nach sechs Spielen ist eine Saison zwar noch sehr jung, es ist sehr früh für Prognosen über einen spannenden Kampf um die Meisterschaft. Doch es ist nicht nur die reine Punkteausbeute, die den BVB als Tabellenführer mit drei Punkten Vorsprung ausweist, die eine solche Prognose nahelegt. Es ist die Art und Weise, wie der BVB derzeit in der Bundesliga auftritt: ziemlich boszhaft.

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Bosshaft, das ist eine Wortneuschöpfung des gewöhnungsbedürftigen deutschen Rappers Kollegah (in eigener Wahrnehmung: Kollegah, der Boss). Wer sich bosshaft verhält, heißt es in einem Online-Lexikon, der trainiere sehr viel, lege viel Wert auf seine Form (also seinen Bizeps) und auf Statussymbole, zum Beispiel schnelle Autos. Boszhaft steht zwar noch in keinem Online-Lexikon. Doch wer sich boszhaft verhält, der trainiert auch sehr viel, der legt auch viel Wert auf seine Form (allerdings auf die taktische). Und als Statussymbol leistet sich ein Bosz einen schnellen Aubameyang.

Ungeheure Wucht in der Offensive

Das Spiel gegen Gladbach wurde gemeinhin als erster echter Härtetest dieser Bundesligasaison interpretiert. Vorher hatte Dortmund ja nur gegen Mannschaften wie Wolfsburg gewonnen. Und das erste Spiel in der Champions League hatte der BVB gegen Tottenham Hotspur verloren und war beim 1:3 ziemlich naiv in die Konter der Spurs gelaufen. Doch Bosz hat seine Taktik, ein klassisches niederländisches 4-3-3, trotzdem nicht geändert. Und es war beeindruckend, wie gut diese Taktik beim 6:1 am Samstag funktionierte.

Bosz' System charakterisieren vergleichsweise große Abstände zwischen den Spielern, eine eher klassische Viererkette mit nicht radikal offensiven Außenverteidigern, viel Verantwortung für den Sechser vor der Abwehr. Das ist durchaus riskant, weil es immer mal Konter zulässt, auch gegen Gladbach in der ersten Hälfte. Doch es entfaltet eine ungeheure Wucht in der Offensive. Eine Wucht, der gerade nur sehr wenige Bundesligisten standhalten.

Anders als unter Bosz' Vorgänger Thomas Tuchel stellen die Dortmunder ihr Spiel nicht jede Woche in Nuancen um. Die Spieler entwickeln so das Selbstverständnis, das für ein derart riskantes System notwendig ist. Auf fünf Positionen hat Bosz seine Mannschaft vor dem Gladbach-Spiel verändert, übrigens auf genauso vielen wie der FC Bayern vor dem 2:2 gegen Wolfsburg. Doch weil beim BVB die Rollen so klar verteilt sind, funktioniert das - gegen Gladbach sowohl im Gegenpressing als auch bei eigenem Ballbesitz. Es schadet natürlich auch nicht, dass der Kader in der Breite so gut besetzt ist. Und dass Bosz Spieler wie Mario Götze oder den am Samstag erstmals wieder von Beginn an spielenden Julian Weigl anscheindend mit der richtigen Mischung aus Behutsamkeit und Belastung an den Kader herangeführt hat.

Gegen Real Madrid in der Champions League wird es am Dienstag trotzdem kompliziert. Aber wenn am 4. November der FC Bayern zu Gast ist, sind ziemlich genau drei Monate der Saison vorbei.

© SZ vom 24.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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