Dortmund im DFB-Pokal:Krise? Welche Krise?

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Der 18-jährige Stürmer Alexander Isak (r.) bereitete das BVB-Tor vor Gonzalo Castro (l.) vor und schoss eins selbst. (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Borussia Dortmund gewinnt 5:0 im DFB-Pokal beim 1. FC Magdeburg und kontert die Kritik am Überfallfußball von Trainer Peter Bosz.
  • Das 18-jährige Sturm-Talent Alexander Isak vertritt den verletzten Pierre-Emerick Aubameyang mit einer überzeugenden Leistung.
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Von Saskia Aleythe, Magdeburg

Ein Entkommen gab es erst mal nicht. Die Dortmunder hatten sich im Umarmungszirkel festgekrallt, die Köpfe zusammengesteckt, gewartet, bis auch der letzte Spieler in die Jubeltraube geschlüpft war. Es gibt diverse Arten der Torfeierei, der BVB wählte nach dem 1:0 die Tuschel-und-Kuschel-Version. Das sah nach Befreiung aus, nach Erlösung. Auch, weil seit ein paar Tagen ein K-Wort durch die Republik geistert, das der BVB gar nicht gerne hört.

Nein, nicht K wie Kohlenhydrate. Um Ernährungsfragen ging es bei den Dortmundern in der vergangenen Saison, um Mitternachtssnacks nach kräftezehrenden Spielen - Kohlenhydrate standen da auf dem Index. Doch seit Thomas Tuchel als BVB-Trainer von Peter Bosz abgelöst wurde, ist das auch schon wieder Geschichte. Was Bosz nicht vor jenem K-Wort bewahrt, das in den vergangen Tagen die Gemüter im Verein in Wallungen brachte: die - man traut sich kaum: Kkkkrise.

DFB-Pokal
:Castro weckt Dortmund auf

Beim 5:0 gegen Drittligist Magdeburg hat Borussia Dortmund zunächst wenig kreative Momente. Dann kommt Gonzalo Castro ins Spiel - und trifft mit seinem ersten Ballkontakt.

Von Saskia Aleythe

Krise? Das Gute für den BVB ist: Seit Dienstagabend ist er in dieser Hinsicht von jedem Verdacht befreit, gegen den 1. FC Magdeburg gab es ein höchst krisenfreies 5:0 (1:0). Marcel Schmelzer, in Magdeburg geboren und zwischen 2002 und 2005 in der Jugendabteilung des FCM aktiv, erlebte einen "sehr schönen Abend" in seiner Heimat. Ob dieser Pokal-Erfolg ein "kleiner Befreiungsschlag" gewesen sei, wurde der 29-Jährige gefragt. "Nein, ich würde einfach sagen, dass wir verdient eine Runde weitergekommen sind", meinte Schmelzer. Und: "Ich bin schon ein bisschen verärgert darüber, wie das in den letzten Tagen dargestellt wurde." Für das böse K-Wort haben sie in Dortmund derzeit ganz feine Antennen.

Der 18 Jahre alte Alexander Isak gab sein Startelf-Debüt im Sturm und zeigte gleich seine Qualität

Es ist nun nicht so, als hätte ein Krisenstab den Notstand bei Borussia Dortmund ausgerufen, doch vereinzelte Medienberichte über eine schwierige Phase hatten ausgereicht, um die BVB-Bosse in Rage zu bringen. "Schizophren" und "lächerlich" nannte Sportdirektor Michael Zorc die Kritik via Sportbild, Geschäftsführer Hans- Joachim Watzke bezeichnet sie laut Reviersport sogar als "krank". In der Champions League hatte der BVB gegen den Fußball-Zwerg Nikosia nur ein 1:1 zustande bekommen, in der Bundesliga verspielte er eine Zwei-Tore-Führung gegen Eintracht Frankfurt. Egal, wir sind Tabellenführer, hieß es dazu aus Dortmund.

Bosz hingegen sagte: "Wir hatten in einer Woche drei Spiele, ohne zu gewinnen, da ist ein Sieg jetzt sehr, sehr wichtig" - er fand die Kritik als Einziger "nicht übertrieben". Was wiederum nicht bedeutete, dass er sich deswegen aus der Ruhe bringen ließ.

Ihr Überfallfußball hatte die Dortmunder zu Saisonbeginn zu erstaunlichen Siegen getragen, Bosz rückte trotz Konteranfälligkeit nie davon ab, auch nicht nach Niederlagen gegen Tottenham oder Real Madrid in der Champions League. Egal, wer ihm in der Mannschaft verletzt wegbrach. "Wir werden den Spielstil nicht ändern", sagte er, was gegen den Drittligisten Magdeburg auch nicht nötig war. Die Offensive fand vor allem in der zweiten Hälfte immer besser zueinander. In die Torschützenliste trugen sich gleich fünf Spieler ein: Gonzalo Castro, Neuling Alexander Isak, Andrij Jarmolenko per Elfmeter, Marc Bartra und Shinji Kagawa. "Das alles zusammen war heute ein tolles Fußballfest", sagte Bosz, nachdem er über die beeindruckende Atmosphäre im Stadion berichtet hatte.

Schon nach wenigen Minuten hatten die Dortmunder hochkarätige Chancen vergeben, dann stockte das Spiel, bis Castro in der 42. Minute, nur Sekunden nach seiner Einwechselung, zum Torschützen wurde. "Vor der Halbzeit das 1:0, nach der Halbzeit das 2:0, das hat uns geholfen", sagte Bosz, "am Ende haben wir auch guten Fußball gespielt. 5:0, kein Gegentor, das ist wichtig." Kein Gegentor, das hatten die Dortmunder zuletzt wann erlebt? Mitte September, beim 3:0 gegen den HSV.

Natürlich war der 1. FC Magdeburg kein Gegner auf Augenhöhe, und doch lassen sich nun positive Erkenntnisse für die nächsten Aufgaben mitnehmen. Zum Beispiel die, dass sich hinter Pierre-Emerick Aubameyang ein Stürmer-Talent auftut: Alexander Isak. Bosz gönnte dem 18-Jährigen gegen Magdeburg sein Startelf-Debüt, weil eben jener Aubameyang mit muskulären Problemen daheimgeblieben war. Isak gilt als Top-Nachwuchskraft, der BVB musste Anfang des Jahres auch gegen Real Madrid bieten, um ihn vom schwedischen Erstligisten AIK Solna zu sich zu lotsen. "Er hat Auba vor sich, das ist nicht einfach für ihn", meinte Bosz, "wenn er die Chance kriegt, muss er sie auch nutzen. Das hat er."

In der dritten Minute verhinderte nur eine überragende Parade von FCM-Keeper Alexander Brunst Isaks ersten Treffer. Beim 1:0 durch Castro fungierte er als Vorbereiter per Kopf, wofür er mit 1,90 Meter recht ordentliche Veranlagungen hat. Und das 2:0 schoss er nach ansehnlicher Kombination mit dem immer stärker werdenden Jarmolenko und Maximilian Philipp schließlich selbst. "Solche Läufe muss er öfter machen", befand Nuri Sahin, "er hat ein Mega-Potenzial."

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Praktischerweise war die Defensive der Dortmunder nicht großartig beansprucht, die Probleme im Verletztenverbund scheinen sich dezent zu entspannen. Schmelzer absolvierte sein zweites Spiel nach überwundener Sprunggelenksverletzung, Raphael Guereirro feierte sein Comeback nach einem Fußbruch im Juni. "Es ist wichtig, dass er fit wird. Diese Spiele helfen", kommentierte Bosz, "30 Minuten spielen ist härter als eine Stunde trainieren." Am Samstag muss der BVB zu Hannover 96, als Weiterhin-Tabellenführer und DFB- Pokal-Titelanwärter reist es sich doch gleich entspannter. Auch, wenn es selbst den Hauch einer Krise wirklich nie gegeben haben sollte.

© SZ vom 26.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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