Doping im Spitzensport:Meldonium - beliebter Stoff aus Riga

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Maria Sharapova News Conference

Wie lange wird sie gesperrt? Tennisspielerin Maria Scharapowa

(Foto: AFP)

Scharapowas Dopingmittel ist seit Langem beliebt bei Herzkranken in Osteuropa - und bei Spitzensportlern. Obwohl es seit Januar verboten ist, dürften jetzt weitere Betrugsfälle bekannt werden.

Von Johannes Knuth

Der Biochemiker Ivars Kalvins aus Riga/Lettland ist ein kleiner Star, zumindest in Fachkreisen. Kalvins entwickelt seit Jahren fleißig Medikamente, gegen Schlaganfälle, Herzerkrankungen, Krebs. Allein 900 Patente reichte er bis zuletzt ein, das ist natürlich sehr verdienstvoll, zumindest wenn es nach dem Europäischen Patentamt geht. Das nominierte Kalvins im vergangenen Jahr für seinen Erfinderpreis. Kalvins schaffe "bedeutenden Nutzen für die Humanmedizin", so steht es auf der Website des "European Patent Office", kurz: EPO.

Vor allem ein Medikament beeindruckte die Jury: Mildronat, basierend auf der Substanz Meldonium. Die Arznei für Herzkranke sei mittlerweile eines der "erfolgreichsten Medikamente Lettlands", berichten die Patenthüter stolz. 2013 setzte die zuständige Firma knapp 70 Millionen Euro mit dem Stoff um; Mildronat machte im damaligen Geschäftsjahr 0,7 Prozent des lettischen Exports aus.

Des gesamten wohlgemerkt. Man wüsste gerne, wie viele Hochleistungssportler zum Kundenstamm gehören, wer also der lettischen Pharmawirtschaft in den vergangenen Jahren zu Wohlstand verhalf. Klein ist dieser Kreis offenbar nicht. Neun Athleten wurden seit Januar mit Meldonium auffällig, am Montag die Tennisspielerin Maria Scharapowa, am Dienstag traf es weitere Prominenz, etwa Pawel Kulischnikow, fünfmaliger Sprint-Weltmeister im Eisschnelllauf aus Russland, und Semjon Jelistratow, Olympiasieger im Shorttrack, wie die russische Agentur R-Sport meldete.

Bereits 2004, bei den Spielen in Athen, spürten Wissenschaftler die Arznei in Athletenkörpern auf, bevorzugt bei Sportlern aus Russland und dem Baltikum. Das Medikament ist dort im freien Verkauf, es war noch nicht im Sport verboten. Nachdem immer mehr Dopingfahnder die Substanz in Urinproben fanden, hob sie die Welt-Anti-Doping-Agentur Wada vor einem Jahr auf ihre Beobachtungsliste. "Es gibt seit Jahren die Tendenz, dass man mit Mitteln experimentiert, die eine Leistungssteigerung versprechen", sagt Dopingfahnder Detlef Thieme der dpa. Die Wada gliederte das Medikament deshalb in seine Liste der verbotenen Substanzen ein, wirksam ab Januar 2016.

Meldonium soll den Sauerstofftransport von roten Blutkörperchen verbessern, damit vor Herzkrankheiten schützen. Ob das Medikament Sportlern damit zu besseren Leistungen treibt, ist umstritten. Manche Studien versprechen "eine höhere physische und mentale Belastbarkeit sowie eine schnellere Regeneration", sagt Mario Thevis, Dopingforscher an der Sporthochschule Köln. Thieme bezeichnet das Medikament als "Lifestlye-Droge", die genommen werde, "obwohl ihre tatsächliche Leistung auf Sportler fragwürdig ist". Bekannt ist, dass Sportler gerne ausreizen, was der Pharmamarkt hergibt, und dass viele chronisches Asthma oder sonstige Krankheiten mit sich herumschleppen, die ihnen Zugang zu halblegalen Schnellmachern verschaffen.

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