Federer bei den Australian Open:Der König lahmt

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Der Gewinner Novak Djokovic (l.) tröstet den Verlierer Roger Federer. (Foto: REUTERS)
  • Furious gestartet, bald gehandicapt: Der in Melbourne merklich angeschlagene Roger Federer wird in drei Sätzen von Novak Djokovic abgefertigt.
  • Der Serbe erreicht zum achten Mal das Finale der Australian Open. Bisher hat er in Melbourne noch kein Endspiel verloren.
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Von Barbara Klimke, Melbourne

Nur einer war am Donnerstagabend um 22.05 Uhr Ortszeit übrig. Er ballte die Faust, warf Kusshände ins Publikum, was zu seinen Ritualen zählt, und zollte dem Kontrahenten unter dem Applaus des Publikums Tribut: "Respekt für Roger", sagte Novak Djokovic, weil dieser sich dem Duell gestellt habe: "Er ist offenbar verletzt und körperlich angeschlagen." Auch das erklärte den glatten 7:6 (1), 6:4, 6:3-Sieg im Halbfinale der Australian Open über seinen Dauerrivalen Roger Federer.

Anders als noch vor einem halben Jahr, als sich die beiden auf dem Rasen von Wimbledon durch einen erbarmungslosen Schlagabtausch gepeitscht hatten mit brachialer Härte und bedingungsloser Präzision im längsten Finale der Turnierhistorie, war dies eine eindeutige Angelegenheit. Als Revanche unter ebenbürtigen Gegnern wertete Federer sie nicht, der damals, im Sommer, denkbar knapp 6:7 (5), 6:1, 6:7 (4), 6:4 und 12:13 (3) unterlegen war. "Es war schrecklich, was ich heute durchgemacht habe", gab er Donnerstag in Melbourne zu: "Netter Empfang, netter Abschied" in der Rod Laver Arena, und dazwischen ein Match "zum Vergessen, weil ich wusste, dass ich nur eine dreiprozentige Gewinnchance hatte". Nach dem ersten Satz verschwand er in der Kabine, um seine Leistenprobleme behandeln zu lassen. Eine Vorsichtsmaßnahme, wie er sagte. Wenn die Verletzung schlimmer gewesen wäre und die Chancen auf null gesunken wären, hätte er aufgeben müssen - zum ersten Mal in seiner Karriere.

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Aber er trat an; teils aus Pflichtgefühl, teils in der Hoffnung, dass es dem Gegner womöglich auch nicht besser geht. Und weil er tatsächlich noch mindestens eine Rechnung offen hatte gegen Djokovic, den Titelverteidiger und siebenmaligen Sieger von Melbourne, mit dem er seit 14 Jahren in einer Dauerfehde verbunden ist. Es war ihr 50. Duell (Stand nun: 27:23 für den Serben); das 49. hatte Federer beim ATP-Finale im November gewonnen. Beide spielten um den achten Finaleinzug bei den Australian Open, auf Hartplätzen liegt Djokovic nun mit 20:18 vorne, in Australien 4:1, bei Grand-Slam-Turnieren insgesamt 11:6.

Ein Kampf um Vormachtstellung

Zahlen, Zahlen, Zahlen, mit denen die Organisatoren gern die Rivalität anfachen. Letztlich aber geht es immer noch um das Hier und Jetzt. Mann gegen Mann. Schlag um Schlag, in diesem Spiel, das man einst den Sport von Königen nannte. Englands Heinrich VIII. hatte einen Platz für Royal Tennis in Hampton Court Palace; bei William Shakespeare löst ein französisches Spottgeschenk - ein Kästchen mit Tennisbällen - einen Feldzug seines Dramenkönigs Heinrich V. nach Frankreich aus, der schließlich in der Schlacht von Azincourt endete. Das sind historische und literarische Splitter, natürlich, und sportlich nicht im Entferntesten relevant für das erste Halbfinale am elften Tag der diesjährigen Australian Open. Aber immer noch ist Tennis ein Sport, der kein Unentschieden kennt - so wenig, wie es zwei rivalisierende Könige auf einem Thron geben kann.

Und um Vormachtstellung wurde auch gespielt in diesem Zweikampf zwischen Djokovic, 32, der Nummer zwei der Weltrangliste, und dem 38-jährigen Federer, der Nummer drei.

Rafael Nadal, 32, die Nummer eins, wurde von dem Österreicher Dominic Thiem schon hinausbefördert aus dem Turnier. Federer aber hatte seinen Rekord von 20 Grand-Slam-Trophäen zu verteidigen gegen Djokovic, der auf 16 Titel herangekommen ist. Und so verlor Federer am Donnerstag in der Rod Laver Arena keine Minute Zeit. Er ging früh in Führung, und tatsächlich lag der Schweizer Maestro im ersten Satz sogar schon 4:1 vorn und hatte Breakbälle zum 5:1. (Djokovic gab zu, dass das Match zu diesem Zeitpunkt auch einen anderen Verlauf hätte nehmen können.) Doch dann kamen die Schmerzen, die Behandlungspause, eine Breakchance für Djokovic im zweiten Satz, und nach gut zwei Stunden schlug Federer beim Matchball eine Rückhand in die Maschen.

Novak Djokovic trifft nun im Finale auf den Sieger der Partie zwischen Alexander Zverev und Dominic Thiem. Und er tritt an in der Gewissheit, erneut ein Königsduell gewonnen zu haben.

© SZ vom 31.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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