Soeben trieb den FC Bayern seine Geld-um-jeden-Preis-Mentalität in die Arme eines Topsponsors aus Katar. Derweil streitet Altfunktionär Theo Zwanziger vor Gericht darum, das Emirat als "Krebsgeschwür des Weltfußballs" bezeichnen zu dürfen. Die Debatte läuft, nur - kann es die überhaupt geben? Nicht eingedenk von Bildern wie der Einstiegsszene zum Film "Dirty Games": Särge aus Doha landen am Flughafen Kathmandu. Das Gesicht Bahadours, von blütenweißen Leintüchern umwölkt und so friedlich, wie ihn die Bosse in Doha auf die letzte Heim- reise geschickt haben: Herzstillstand ist die offizielle Todesursache. Es ist die Art Herzstillstand, die nahezu täglich eintritt am Golf bei Fremdarbeitern wie Bahadour. Er wurde 26 Jahre alt und war Vater einer kleinen Tochter.
4000 Tote auf Katars Baustellen bis zum WM-Anpfiff 2022, lautet die Prognose von Menschenrechtsgruppen; sie wirkt statistisch stabil. Das sind die wirklich relevanten Informationen, zum Turnier und zur Milliardenindustrie mit dem Sport. Aber ins Auge sticht nur, was der Fan sieht - jedenfalls in der Bilderwelt des Sports, der aus allen Starkult-Nähten platzt. Hier sind sie also, die Särge junger Männer; zu sehen auch zahllose Todesurkunden, die sich in nepalesischen Ämtern stapeln.
Kein Paradies von Reinheit und Fairplay
Benjamin Best, Fernsehjournalist und Sportbetrugsexperte, dringt mit seinem Filmprojekt "Dirty Games" in den Maschinenraum des Sportbetriebs vor. "Ich will wissen", sagte er zur Premiere kürzlich beim Landsberger Snowdance Independent Filmfestival, "wie die permanente Korruption und Spielmanipulation im Sport bei den normalen Leuten ankommt."
Nicht gut. Aber nur, wenn das Publikum die Chance hat, sich mit dieser Frage zu befassen. Die hat es ja meistens nicht, das Gros der Medien leistet dem Sport Beihilfe zu einem äußerst geldwerten Zwitter- dasein. Die Fans träumen in Bildern - doch die knallharte Milliardenindustrie hinter diesem Gespinst ist, dank einer absurden Autonomie, die ihr gewährt wird, das Gegenteil von dem, was sie suggeriert: Kein Paradies von Reinheit und Fairplay. Skrupellos navigiert die Sportbranche in ihrer Erfolgsspur, auf der Nahtstelle zwischen Illusion und Wirklichkeit. Der entscheidende Unterschied zur Film- und Fernsehwelt liegt ja darin, dem Publikum ein Gefühl zu vermitteln, das das cineastische Erlebnis niemals liefern kann: Authentizität. Dass nichts gesteuert und alles möglich ist.