Die wichtigsten Transfers der Bundesliga:Feinfüße, Dauerjoker und Spezialkräfte

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278,9 Millionen Euro haben die Bundesliga-Klubs in neue Spieler investiert. Große Namen sind dabei - aber welche Zugänge helfen ihren Teams in dieser Saison wirklich weiter? Zehn Personalien, die Sinn haben.

Von Jonas Beckenkamp

Oliver Baumann - endlich Ruhe im TSG-Tor

In Hoffenheim wurden sie in den vergangenen zwei Jahren nicht glücklich mit ihren Keepern. Tim Wiese, Jens Grahl, Timo Hildebrand und zuletzt Koen Casteels - sie alle bescherten dem Kraichgauer Idyll nur wenig Titaniges. Von Baumann verspricht man sich nun wieder Großtaten im Gehäuse. Dabei ist der 24-Jährige nicht nur als Bällefänger gefragt, sondern auch als gereifte Persönlichkeit mit positivem Karma (anders als Wiese).

In Freiburg fungierte der frühere U21-Nationaltorwart als ordnende Kraft und es spricht wenig dafür, dass er durch seinen Umzug plötzlich etwas von seinen Fähigkeiten eingebüßt hat. Baumann ist ein ruhiger, sachlicher Schlaks mit einer unspektakulären Frisur. Also in etwa das Gegenteil von Tim Wiese.

André Hahn - günstige Hilfe für Gladbach

In Mönchengladbach verfolgen sie mit ihren Transfers einen Plan. Wer für die Borussia in Frage kommt, darf kein teurer Luxusfußballer sein. Die acht Millionen Euro für Torwart Yann Sommer, der aus Basel kam, bilden da eine Ausnahme. Prominentester Neuer neben dem Schweizer ist André Hahn - und der war ein solches Schnäppchen, dass die Liga sich kollektiv als Transferversager fühlen muss.

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Für die festgeschriebene Ablöse von 2,25 Millionen Euro bekamen die Gladbacher eine Hundelunge, die genau ins System von Trainer Lucien Favre passt. Der Coach liebt schnellen, variablen Fußball, Hahn entwickelte sich vergangene Saison in Augsburg zu einem der explosivsten Spieler der Liga. Dass diese Verbindung erfolgreich sein kann, deutete sich schon zu Saisonbeginn an: Der Nationalspieler mit dem Schweiger-Naturell traf sowohl im Pokal als auch in den Playoffs zur Europa League.

Lewis Holtby - Inspiration für den HSV

Was kann eigentlich noch schiefgehen, wenn einer an seinem ersten Arbeitstag beim neuen Klub verkündet: "Ich habe einfach richtig Bock auf diese Aufgabe." Lewis Holtby ist zurück in der Bundesliga, er ist in dieser Woche in Hamburg gelandet und soll dort am besten gleich Wunderdinge vollbringen. Im Mittelfeld von Slomkas Elf herrschte zu Saisonbeginn eine solche spielerische Armut, dass der aus Nordlondon eingeflogene 23-Jährige tatsächlich Anlass zur Hoffnung gibt.

Rafael van der Vaart biegt gerade in den Herbst seiner Karriere ein, die große Inspiration ist er an vielen Tagen nicht mehr. In Hamburg brauchen sie endlich wieder einen Lenker, einen Kopf, einen Visionär. All das könnte Holtby werden - das Zeug dazu hätte er durchaus. Bisher ist er nur ausgeliehen, aber wenn das Experiment mit dem Junior-van-der-Vaart klappt, finden sich beim HSV sicher noch ein paar Milliönchen.

Daniel Ginczek - wuchtige Kraft für den VfB

Bis dieser Wechsel seinen wahren Wert entfaltet, wird es noch dauern - aber die Aussichten sind gut. Der VfB hat mit dem 23-Jährigen einen Stürmer dazubekommen, der gehöriges Potenzial besitzt. Dass die Liga davon bisher wenig mitbekam, liegt an Ginczeks tragischer Krankengeschichte. Vergangene Saison war er in Nürnberg mit großen Hoffnungen gestartet, dann begann die Seuche: Erst brach sich der frühere Bochumer den Zeh, dann riss ihm das Kreuzband.

Den Abstieg des FCN erlebte der U21-Nationalspieler als Zuschauer - als in Nürnberg alle trauerten, war schnell klar: Zurück in die zweite Liga geht Ginczek nicht. Wenn er fit ist, kann er dem VfB mit seiner Wucht, seiner Technik und seinem Gespür im Strafraum eine enorme Hilfe sein. Neben Vedad Ibisevic könnte er im flexiblem System von Trainer Armin Veh sogar als zweite Spitze agieren.

Hiroshi Kiyotake - Fixpunkt für Hannover

Es tut sich was in Hannover, das zeigte sich bereits am ersten Spieltag beim 2:1 gegen Schalke. Nach einer weiteren Saison im Graue-Maus-Bereich der Liga soll es endlich wieder buntere Tage geben. Taktisch variabler, zackiger Konterfußball - das ist die Vorstellung von Trainer Tayfun Korkut. Und dafür steht ihm nun auch das passende Personal zur Verfügung.

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Anstelle von Edgar Prib, der nach starkem Auftakt mit einem Meniskusschaden ausfällt, könnte Kiyotake in der Zentrale nun zum Fixpunkt werden. Der kleine Japaner verleiht der Mannschaft noch mehr technische Finesse, Präzision und Übersicht. Gerade wenn es flink nach vorne geht, kommen seine Stärken zum Tragen. Nach dem Weggang von Szabolcs Huszti könnte er der Verteiler sein, der vielen Angriffen die nötige Inspiration verleiht.

Jonas Hofmann - Spielfreude in Mainz

Das Gedränge am Transfer-Wühltisch war wieder mal groß. Besonders involviert zeigte sich diesmal der FSV Mainz. Gleich fünf Neue lockte Manager Christian Heidel kurz vor knapp noch ins Team - und die sind auch bitter nötig, denn es läuft noch lange nicht rund unter Trainer Kasper Hjulmand. Das 0:0 gegen Hannover offenbarte die verheerende Einfallslosigkeit der Elf.

Neu und hilfreich: Holtby, Hahn und Bernat. (Foto: dpa/Getty)

So gesehen ist die Ausleihe von Dortmunds Jonas Hofmann eine durchaus gelungene Personalie. Neben dem Spanier Jairo Samperio Bustara (FC Sevilla/2 Millionen Euro Ablöse), dem Argentinier Pablo De Blasis (Tripolis/1,2 Millionen), Sami Allagui (Hertha) und Philipp Wollscheid (Leverkusen) soll Hofmann dem FSV mehr Esprit verleihen. Mit dem 22-Jährigen bekommen die Mainzer einen Mann hinzu, der in Dortmund als "Dauerjoker" fungierte, aber eigentlich mehr kann.

Juan Bernat - mehr Variation für die Bayern

Ihn kannte in Deutschland kaum einer, als er im Sommer plötzlich in München vorgestellt wurde. Ganz anders Pep Guardiola. Der Bayern-Coach hat seine Fühler überall - vor allem, wenn es um Fußballer aus Spanien geht (das gilt natürlich auch für einen gewissen Xabi Alonso, der dem FCB ebenfalls helfen wird). Im Fall von Bernat bezahlten die Bayern stattliche zehn Millionen Euro für einen kleinen, vielseitigen Außenspieler vom FC Valencia.

Den 21-Jährigen dürfte Guardiola nicht zuletzt als variabel einsetzbare Spezialkraft einplanen. Ob in der bereits erprobten Dreierkette in der Abwehr oder auf Links im Mittelfeld, das wird sich erst zeigen. Fest steht: Bernat behebt endlich die Münchner Schwäche auf der Außenposition. Für die ständigen Systemrochaden - auch während einer Partie - ist Bernat sicher eine taugliche Alternative.

Ciro Immobile/Adrian Ramos - zwei für einen beim BVB

Zwei gute Stürmer sollen in Dortmund einen sehr guten Stürmer ersetzen - und warum sollte das nicht gelingen? Auf den Allesverwerter Robert Lewandowski folgt mit dem Duo Immobile/Ramos quasi eine personifizierte Arbeitsteilung im Angriff. Beide Neuen passen ins Konzept der Borussia, beide sind schnell und beweglich (ja, auch der durchaus mobile Immobile!) und beide werden ihre Einsatzzeiten kriegen.

Nur eines ist unwahrscheinlich: Dass sie gemeinsam auf dem Feld stehen. Im System von Trainer Klopp ist nur Platz für einen Einzelkämpfer in der Spitze. Zu Saisonbeginn fehlte Ramos wegen einer Innenbanddehnung, während sich sein italienischer Kollege noch schwertat. Aber das wird sich ändern (Ramos traf prompt in Augsburg). Gemeinsame 20 Saisontore sind nicht unwahrscheinlich.

Marvin Plattenhardt - einer für die linke Berliner Seite

Es war nicht alles schlecht, vergangene Saison in Nürnberg. Vorne piesackte ein Stürmer namens Josip Drmic die Liga mit 17 Saisontoren, hinten reifte ein junger Mann namens Marvin Plattenhardt zu einem brauchbaren Linksverteidiger. Sogar das DFB-Trikot durfte der 22-Jährige bereits tragen, wenn auch nur jenes der U21. Dass so einer nicht in der zweiten Liga versauern will, ist nachvollziehbar - und so überraschte es nicht, als die Hertha zuschlug.

"Marvin Plattenhardt ist durch den Nürnberger Abstieg kurzfristig auf den Markt gekommen. Er ist eine spannende Personalie", erklärte Hertha-Manager Michael Preetz. Die Berliner dürfen sich auf einen entwicklungsfähigen Spieler freuen, der dem präzisen Flankenball nicht abgeneigt ist. Auf der linken Seite der Hertha ist sicher noch ein Plätzchen frei.

Holger Badstuber - fast wie ein Neuer

Zum Schluss noch ein halber Zugang. In München hatten sie fast vergessen, dass mit Holger Badstuber zu Beginn dieser Spielzeit ein ehrgeiziger, bestens veranlagter und allseits beliebter Verteidiger zurückkehrt. Eine halbe Ewigkeit war er verletzt, weil ihm gleich zweimal das Kreuzband gerissen war. Genau 629 Tage fehlte er den Münchnern, ehe er gegen Wolfsburg sein Liga-Comeback feiern durfte. Dass die Bayern trotzdem über weitere Aquisitionen nachdenken, stört ihn nicht. "Ich verschwende keine Gedanken an mögliche Transfers. Ich bin selbst wie ein alter Neuzugang", sagte Badstuber. Er will einfach nur wieder Fußball spielen.

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