Didier Drogba vom FC Chelsea:Der Mann, der den FC Bayern erledigte

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Der Stürmer Didier Drogba köpft kurz vor Schluss der 90 Minuten den Ausgleich, dann verwandelt er im Elfmeterschießen den letzten Schuss für den FC Chelsea. Es ist das glückliche Ende eine von großen Niederlagen geprägten Karriere. Auch deshalb fühlt Drogba als Erster mit den geschlagenen Münchnern.

Jürgen Schmieder

Es waren nicht viele Fans, vielleicht 50 oder 60, die sich vor dem Mannschaftshotel des FC Chelsea versammelt hatten - und sie bekamen auch keine spektakuläre Show geboten. Um kurz vor zwei Uhr nachts waren Eigentümer Roman Abramowitsch und Trainer Roberto di Matteo vorbeigewackelt. Eine Stunde später kamen die Spieler mit dem Bus, sie eilten grußlos mit dem Pokal ins Hotel. Nur einer feierte noch ein paar Sekunden mit den Fans: Didier Drogba.

Feiern mit den Fans: Bei der Ankunft im Mannschaftshotel winkt Didier Drogba den Anhängern des FC Chelsea zu. (Foto: dapd)

Der Ivorer hatte das Champions-League-Finale gegen den FC Bayern geprägt, innerhalb von drei Stunden wurde er zur Symbolfigur dieses britischen Klubs - eine Rolle, die zuvor Frank Lampard vorbehalten gewesen war. Lampard stand für das Chelsea, das national Erfolge feierte und in der Champions League stets die Ausschlussrunde erreichte, doch letztlich immer scheiterte: ein Mal im Finale, vier Mal im Halbfinale, ein Mal im Viertelfinale und zwei Mal im Achtelfinale.

Drogba steht nun für das Chelsea, das endlich die Champions League gewonnen hat. Glücklich, durchaus - vor allem aber durch die Weigerung aufzugeben. Nach dem Spiel stand Drogba auf dem Rasen, er blickte nach oben zur Anzeigetafel, wo gerade sein 1:1 gezeigt wurde, aus den Lautsprechern dröhnte tatsächlich ein Lied mit der Textzeile "Don't give up".

Die Geschichte des 34 Jahre alten Drogba während der Partie ist spektakulär, sie wird jedoch durch das "davor" und das "danach" noch viel spektakulärer: Wie schon gegen Barcelona gab er sowohl Innenverteidiger (diesmal nur bei den 18 Ecken des Gegners), Mittelfeld-Antreiber und Sturm-Prellbock.

Er lieferte sich in beiden Strafräumen entscheidende Duelle, nach dem Gegentreffer durch Thomas Müller ermunterte er seine Kollegen zum Weiterspielen. Mit einem wuchtigen Kopfball kurz vor dem Ende glich er das Spiel aus, während der Verlängerung verursachte er einen Strafstoß, den Arjen Robben verschoss - und natürlich trat Drogba den letzten Elfmeter des finalen Akts.

FC Chelsea in der Einzelkritik
:Ein-Mann-Büffelherde mit magischem Torwart

Didier Drogba trifft, foult, trifft wieder und wird neue Symbolfigur des Klubs. Frank Lampard und Ashley Cole vergessen im Elfmeterschießen, dass sie Briten sind und Torwart Petr Cech zieht die Bälle auf magische Weise an. Die meisten anderen sind jedoch überfordert und werden dennoch Champions-League-Sieger. Der FC Chelsea in der Einzelkritik.

Jürgen Schmieder

Das "Davor" geht so: Vor acht Jahren war er für 37 Millionen Euro von Marseille nach Chelsea gekommen als einer der ersten spektakulären Transfers von Abramowitsch. In den Jahren danach wurden ihm immer wieder Könner (Andreij Schewtschenko im Jahr 2010) und Künstler (Fernando Torres im Jahr 2011) vorgesetzt, doch der wuchtige Drogba überdauerte sie alle wie ein Monolith. "Er ist ein Held und wird seine Karriere als Chelsea-Legende beenden", sagte Kapitän Frank Lampard schon vor dem Finale.

Geste des Gentlemans: Didier Drogba tröstet Bastian Schweinsteiger. (Foto: dpa)

Zur Legendenbildung gehören freilich auch die Niederlagen vor dem großen Triumph - und davon gibt es reichlich in der Karriere von Drogba: 2004 verlor er mit Olympique Marseille das Uefa-Cup-Endspiel gegen den FC Valencia, mit der Elfenbeinküste scheiterte er zwei Mal im Finale des Afrika Cups (2006, 2012). Bei den WM-Turnieren 2006 und 2010 schied er jeweils in der Vorrunde aus.

Und es gibt die Geschichte des Champions-League-Endspiels vor vier Jahren gegen Manchester United. Auch an diesem Abend war er als letzter Elfmeterschütze eingeplant gewesen, doch gab er am Ende der Verlängerung seinem Gegenspieler Nemanja Vidic eine Ohrfeige und wurde vom Platt gestellt. John Terry schoss an seiner Statt - und setzte den Ball an den Pfosten.

"Moskau war eine sehr schwierige Erfahrung, aber heute haben wir es geschafft, sie zu verändern", sagte Drogba nach dem Finale, "ich bin seit acht Jahren hier. Wir waren immer so dicht dran und doch so weit davon entfernt. Jetzt haben wir diesen Pokal. Er geht an die Stamford Bridge. Wir wollen nun die ganze Nacht lang feiern."

Damit sprach der Ivorer selbst das Danach an. Das Finale am Samstag könnte nämlich seine letzte Partie für den FC Chelsea gewesen sein. Shanghai lockt ihn mit einem lukrativen Zweijahresvertrag, während ihm Chelsea nur eine Verlängerung um eine Saison angeboten hat. "Man darf eine solche Entscheidung nicht aus der Emotionalität heraus treffen", sagte Drogba nach der Partie.

Es gab übrigens noch eine Szene, die diesen Didier Drogba ganz wunderbar beschreibt: Nach den ersten Jubelmomenten ging er als erster Chelsea-Spieler auf den Mittelkreis zu, wo die Spieler des FC Bayern kauerten und mit sich selbst und der Welt haderten. Drogba half zuerst Jérome Boateng auf die Beine, dann umarmte er Arjen Robben - und schließlich streichelte er Bastian Schweinsteiger über den Kopf. Er wusste genau, wie die drei sich fühlten.

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