Auch in England haben die kommerziellen Sportfernsehsender in Zeiten ohne Fußballspiele große Not, die Sendezeit zu füllen. Weil man keine aktuellen Fußballspiele zeigen kann, kann man auch nicht über aktuelle Fußballspiele reden, und nun haben die Sender auch noch das Problem, dass sie nicht mal über die Auswirkungen des Stillstands reden dürfen. Zwar hält sich die Premier League an die Vereinbarung, alle vier Wochen einen Trainer und alle zwei Wochen einen Spieler für Interviews vor die Kameras zu schicken, sie hat aber Richtlinien erlassen, wozu das Fernsehen fragen darf. Erwünscht ist eine entspannte und spaßbetonte Herangehensweise, nicht erwünscht sind Fragen zu Gehaltsreduzierung, Geisterspielen oder Saisonabbruch. Schon gar nicht sollen Meinungen zum Zeitpunkt der Wiederaufnahme des Spielbetriebs eingeholt werden.
Laut Daily Mail empfing die Redaktion des Senders "Sky Sports" sogar Informationen der Liga, dass sie keinen Zugang mehr zu Spielern und Trainern gewähren werde, falls in den Interviews unliebsame Dinge thematisiert würden.
Geisterspiele in der Bundesliga:Die Hoffnung ist vertagt
Die Politik hat keine Entscheidung über Spiele ohne Fans getroffen. Je länger der unsichere Zustand anhält, desto schwieriger könnte die wirtschaftliche Lage bei einigen Klubs werden.
Man könnte glauben, dass Sky sich das nicht gefallen lassen möchte, zumal das Unternehmen pro Saison knapp 1,4 Milliarden Euro für die Übertragungsrechte bezahlt (weitere 370 Millionen kommen vom Konkurrenten BT), doch es sieht so aus, als habe der Sender nicht vor, sich zu widersetzen. Die Liga braucht Sky, aber Sky braucht auch die Liga.
Mit der Neugier der Medien haben die Verantwortlichen in der Deutschen Fußball Liga (DFL) kein Problem, sie kämen auch bestimmt nicht auf die Idee, den Journalisten vorzuschreiben, dass sie keine Neuigkeiten erfragen dürften. Das Problem sieht man bei der DFL offenbar eher in den eigenen Reihen. Wenn Klubverantwortliche forsche Erwartungen an die zügige Wiederaufnahme des Spielbetriebs formulieren oder aber kritische Bedingungen für den Neustart definieren, dann ergibt sich daraus eine Meinungsvielfalt, die im sensiblen politischen Raum durchaus gefährlich sein könnte. So sehen es jedenfalls der DFL-Geschäftsführer Christian Seifert und die Vereinsfunktionäre im DFL-Präsidium. Weshalb man nun die lieben Kollegen dringend zur Ordnung gerufen hat.
Der Wunsch der beiden Bundesligen, möglichst bald hinter verschlossenen Stadiontoren den Fußballbetrieb in Gang zu setzen, trifft bisher auf das Wohlwollen der maßgebenden Politiker in Bund und Ländern. Zwar wurde eine Entscheidung am Mittwoch vertagt - aber erstmal nur um zwei Wochen. Die Offenheit der Politik liegt auch daran, dass es die DFL-Leute verstanden haben, nicht anmaßend oder unangemessen aufzutreten. Die Liga macht durchaus öffentlich Druck, und sie erhebt auch den Anspruch, als Wirtschaftsunternehmen die Unterstützung der Politik zu verdienen; aber sie erweckt nicht den Eindruck, zu Lasten anderer Privilegien einzufordern.
So wurde etwa von Anfang an klargestellt, dass der Fußball nur dann die notwendigen Tests zum Nachweis von Infektionen anwenden werde, wenn diese Tests in ausreichender Zahl für das ganze Land vorhanden seien. Je öfter sich nun aber Klubvertreter zu Wort melden und je konträrer die Debatte wird, desto mehr könnten die Politiker meinen, dass es mit dem sozialen Verantwortungsbewusstsein doch nicht so weit her ist.
Jeder Journalist darf also die Fußballmenschen weiterhin fragen, was er möchte. Es kann allerdings sein, dass er erst mal keine erhellende Antwort erhält.