DFB-Vorbereitung auf die EM:Komplikationen auf Sardinien

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Während die Nationalspieler aus Dortmund und München den DFB-Pokal ausspielen, beginnt auf Sardinien schon die Vorbereitung auf die Fußball-EM. Viele Spieler werden erst später anreisen, weil sie noch Spiele absolvieren müssen. Joachim Löw kann nur hoffen, dass sich niemand aus seinem Kader verletzt.

Philipp Selldorf

Die gute Nachricht: Das Hotel Romazzino, in dem eine Fraktion des deutschen EM-Aufgebots an diesem Freitag die Vorbereitung auf das Turnier aufnimmt, ist als Erholungsort für gestresste Fußballspieler hinreichend erprobt.

Bundestrainer Löw: "Wir haben diesmal keine einfache Aufgabe zu lösen" (Foto: dapd)

Zum Beispiel hat sich vor zwei Jahren Andres Iniesta in den Weiten des Hotelkomplexes an Sardiniens Smaragdküste von den Strapazen der Weltmeisterschaft erholt, ausnahmsweise ohne Xavi, mit dem er ansonsten das Leben im Mittelfeld des FC Barcelona und der spanischen Nationalelf teilt. Stattdessen in Begleitung seiner Braut.

Die schlechte Nachricht: Es ist nicht zu erwarten, dass die deutschen Spieler in den Genuss der mondänen Vergnügungen kommen, die das sardische High-Society-Reservat bietet. Derzeit ist Nebensaison. Das internationale Publikum reist selten vor Juli an, und die Hotels, die in der Blütezeit des Hochsommers Tausende von Euros berechnen - pro Nacht -, gewähren großzügige Rabatte.

Khedira und Özil kommen nach

Was das Romazzino dem DFB für die Unterbringung des Nationalteams und seiner Begleiter berechnet, ist bisher nicht bekannt. Man kann der Hotelleitung nur wünschen, dass sie einen Festpreis vereinbart hat, denn die Stornierungen der deutschen Gäste haben jüngst erheblich zugenommen.

Die Spieler des FC Bayern, dem Hauptlieferanten des Nationalteams, haben mit ihren Endspielverpflichtungen reichlich zu tun, bevor sie an die EM überhaupt denken dürfen - geschweige denn ans türkise Meer vor Sardinien. Die fünf Spieler von Borussia Dortmund haben nach dem Pokalfinale am Samstag eine Verschnaufpause und reisen nicht vor Dienstag an. Die Koffer auszupacken lohnt kaum, die Abreise ins Trainingscamp in Südfrankreich ist für Freitag nächster Woche festgelegt.

Am Donnerstag kamen dann die nächsten Absagen: Auch Sami Khedira und Mesut Özil, die ursprünglich Mitte nächster Woche anreisen sollten, haben anderweitige Engagements ihres Arbeitgebers zu erfüllen. Sie fliegen mit Real Madrid zu einem Gastspiel nach Kuwait. Der spanische Meister hatte dem Gastgeber garantiert, mit sämtlichen Nationalspielern zu kommen.

Oliver Bierhoffs Versuche, eine Ausnahme zu erreichen, blieben ohne Erfolg - die Klubs sind nicht vor 25. Mai verpflichtet, ihre Nationalspieler freizugeben. "Da hilft kein Klagen, wir müssen aus der Situation das Beste machen", erklärte der DFB-Manager. Zur Abreise nach Olbia wird Bierhoff nur zehn Spieler am Frankfurter Flughafen begrüßen dürfen, der just gesundete FC-Arsenal-Verteidiger Per Mertesacker fliegt direkt aus London ein, Miroslav Klose kommt am Montag aus Rom hinzu.

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Eine gewisse Anspannung konnte der Bundestrainer zuletzt nicht verbergen, die Komplikationen sind ihm nicht recht. Joachim Löw spricht von "Unwägbarkeiten" und gibt zu, dass ihm die anstehenden Endspiele Sorge bereiten: "Es kann Verletzte geben. Ich muss nicht daran erinnern, was in der Vergangenheit alles passiert ist."

Der prominenteste deutsche Verletzte in der jüngeren Geschichte des DFB war Michael Ballack, die Nachricht seines Fehlens beim WM-Turnier 2010 beschäftigte das Land tagelang, bloß Löw blieb damals erstaunlich gelassen. Ballack war ein - wenn auch exponierter - Einzelfall, dem die weniger exponierten Einzelfälle Christian Träsch und Heiko Westermann folgten.

Damit konnte Löw umgehen, jetzt sieht er aber die ausgeklügelte Organisation seines Unternehmens durcheinander gebracht: "Wir haben diesmal keine einfache Aufgabe zu lösen." Ihn beschäftigt weniger der Fitness-Stand als die taktische Einübung. Erst am 24. Mai kommen die acht Profis aus München nach Südfrankreich, zuvor steht ja noch das bei allen Beteiligten unwillkommene Benefiz-Spiel der Bayern gegen die niederländische Nationalelf an, mit dem am 22. Mai der Schlussstrich unter den langwierigen Streit um Arjen Robbens WM-Verletzung gezogen wird.

Das Training mit der Vorhut des Aufgebots überlässt Löw vorerst seinem Assistenten Hansi Flick. Er selbst wird am Samstag im Olympiastadion sitzen und Daumen drücken - dass sich keiner seiner Leute verletzt. Flick muss sich derweil etwas einfallen lassen, wie er die Handvoll Spieler sinnvoll beschäftigt, zumal Rekonvaleszent Mertesacker zunächst individuell arbeiten soll.

Andreas Köpke hat es einfacher: Tim Wiese, Marc-André ter Stegen und Ron-Robert Zieler ermöglichen ihm Torwarttraining auf hohem Niveau. Aber auch ein wenig gespannte Stimmung: Es ist klar, dass einer der drei das Reiseziel Polen nicht erreichen wird.

© SZ vom 11.05.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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