DFB-Team:Kroos kitzelt Sané

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  • Am Donnerstag spielt die deutsche Nationalmannschaft in München gegen Frankreich. Wieder dabei ist Leroy Sané, den Bundestrainer Joachim Löw vor der WM noch ausgemustert hat.
  • Toni Kroos sagt auf der Pressekonferenz vor dem Spiel, Sané habe das Potenzial zur Weltklasse, aber manchmal müsse man ihm sagen, was er zu tun habe.
  • Auch Sanés Vereinstrainer Pep Guardiola hat den 22-Jährigen kürzlich aus dem Kader verbannt.

Von Sebastian Fischer, München

Wenn für die deutsche Nationalmannschaft an diesem Donnerstag (20.45 Uhr/ZDF) gegen Frankreich die Wiedergutmachung nach der WM beginnt, könnte der Bundestrainer viel von dem Fußball sehen, den er sich für die nahe Zukunft wünscht: schnelles Umschaltspiel und Angreifer, die mit Geschwindigkeit in die Tiefe laufen und ohne Furcht das Dribbling suchen. Doch er wird sich eher nicht darüber freuen, wenn die Franzosen all ihre Stärken zeigen, die sie in Russland zum Weltmeister gemacht haben.

Joachim Löw hat am Tag vor dem Spiel noch mal ein bisschen geschwärmt vom Gegner und der Arbeit ihres Trainers Deschamps, "dem Didier", von Stürmern wie Kylian Mbappé. Er hat natürlich auch mit großer Überzeugung von seiner Mannschaft gesprochen, ihrem "Willen, sich reinzuhauen", von taktischen Neuerungen und Selbstkritik, von "Aufbruchstimmung" und vom Feuer, das es zu entfachen gelte. Doch als es noch mal um einen möglichen personellen Umbruch ging, da hob er die Bedeutung der bewährten Achse um Manuel Neuer, Mats Hummels und Toni Kroos hervor. Er sagte: "Wenn jemand denkt, nur mit jungen talentierten Spielern geht der Weg nach oben, täuscht er sich."

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Dabei gibt es ja auch im deutschen Kader einen Fußballer, der von seinem Potenzial an Mbappé erinnert. Zu diesem jungen und talentierten Spieler wurde am Mittwoch Toni Kroos gefragt. Er sagte über Leroy Sané: Man müsse ihn "ein bisschen kitzeln, um das Beste aus ihm rauszuholen".

In gewisser Weise steht Sané, 22, der Flügelstürmer von Manchester City, für das, was in diesen Tagen alle Nationalspieler und der Bundestrainer über die ganze Mannschaft sagen: Sie habe die Qualität und das Talent für die Weltspitze, sie müsse das, nach ein paar taktischen Anpassungen, jetzt nur auch wieder auf dem Platz beweisen. Es gehe nicht um radikale Veränderungen, nicht unbedingt um neue Formationen, erklärte Löw, auch wenn er die Rückkehr zu einer Dreierkette "immer möglich" nannte. Vielmehr soll jeder Spieler seine Rolle auch defensiv interpretieren und so für mehr Balance im Spiel sorgen, die Außenverteidiger sollen gerade gegen starke Gegner beispielsweise nicht mehr unbedingt auf die Höhe der gegnerischen Abwehr vorrücken. Und dann soll der Ball öfter als in der Vergangenheit mit schnellem Umschaltfußball vors gegnerische Tor kommen.

"Grundsätzlich ist er ein Spieler, der alles mitbringt, um absolute Weltklasse zu werden."

Sané, der für diesen Stil prädestinierte Angreifer, ist natürlich auch eine Ausnahme: Er war ja gar nicht dabei in Russland. "Leroy hat bei uns nicht diese überzeugenden Leistungen gebracht, auch nicht im Trainingslager", sagte Löw, als er in seiner WM-Analyse vor einer Woche über Sané und dessen Ausmusterung vor dem Turnier sprach. Ohne dass Löw dies bestätigte, war immer auch von einer eher laxen Berufsauffassung des Spielers die Rede gewesen. Die Bild-Zeitung berichtete, Sané habe im Trainingslager in Südtirol in den Mittagsstunden erst geweckt werden müssen, um die Nachricht zu erfahren, dass er nicht mit nach Russland fliegt. Und Kroos sagte nun: "Grundsätzlich ist er ein Spieler, der alles mitbringt, um absolute Weltklasse zu werden. Man hat aber das Gefühl, dass er gesagt bekommen muss, was zu tun ist, um das zu werden."

In Manchester saß Sané an den ersten drei Spieltagen zunächst auf der Bank, am vergangenen Wochenende gegen Newcastle war er gar nicht im Kader, die englischen Zeitungen berichteten von disziplinarischen Gründen. Offenbar, mutmaßte Toni Kroos, schätze Manchesters Trainer Pep Guardiola Sané ähnlich ein wie er. Guardiola hat dies wie Löw niemals so gesagt.

Kroos hatte unter anderem Sanés Einstellung bereits nach dem 0:1 im Freundschaftsspiel gegen Brasilien in Berlin im März kritisiert, allerdings ohne konkret dessen Namen zu nennen. Kroos' Kritik war damals als eine Art Weckruf interpretiert worden, der jedoch offenbar verhallte. Diesmal, sagte der Mittelfeldspieler von Real Madrid, habe er keine Ansprache gehalten, er lachte. Er lobte wie auch Löw das Niveau der zwei Trainingseinheiten am Montag und Dienstag; natürlich schloss er dabei Sané nicht aus. Löw hatte bereits im Trainingslager in Südtirol angekündigt, von September an verstärkt mit Sané arbeiten zu wollen.

Am Mittwoch nannte er ihn als einen der vielen Offensivspieler, die kompensieren müssten, dass Deutschland nach den Rücktritten von Mario Gomez und Sandro Wagner über keinen klassischen Mittelstürmer mehr verfüge. Eine Rückkehr Wagners, mit dem er telefoniert und Differenzen ausgeräumt habe, schloss Löw aus. Kroos sagte über Sané noch: "Einen Spieler mit der Qualität haben wir so nicht noch mal." Einen Dribbler, der mit großer Geschwindigkeit über die Flügel in die Tiefe geht also.

Gegen Frankreich werden voraussichtlich Stürmer Timo Werner (der zwar in die Tiefe geht, aber nicht wie Sané dribbelt), Marco Reus, Thomas Müller und vielleicht auch Julian Draxler von Beginn an angreifen. Leroy Sané wird auf seine Chance warten.

© SZ vom 06.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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