DFB-Team in der Einzelkritik:Das begossene Rudel

In der Nationalelf zeigen sich alle als vorbildliche Nachbarn. Als der Regen einsetzt, flutschen beim 1:3 gegen die Slowakei aber Bälle durch. Das DFB-Team in der Einzelkritik.

Aus dem Stadion von Saskia Aleythe

Bernd Leno

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(Foto: dpa)

Durfte nun zum ersten Mal ein Länderspiel absolvieren, an einem Tag, an dem ganz Deutschland über Nachbarn debattierte. Hat laut Neu-Torwarttrainer Andreas Köpke keinen geringeren Stellenwert als Marc-André ter Stegen, der kein Nachbar, aber Konkurrent auf der Position hinter Manuel Neuer ist. Hatte bisher meist das Nachsehen hinter Marc-André ter Stegen. Spielte in der ersten Halbzeit gegen die Slowakei, fing sich dabei zwei Gegentore ein. Beide so schlecht verteidigt, dass ihn selbst keine Schuld traf. Verzog sich dann ins Trockene.

Sebastian Rudy

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(Foto: AFP)

Ist wie ein Haus-Bewohner, der einen Großteil der Wohnungen schon einmal betreten hat: Rudy war schon Sechser, überhaupt überall im Mittelfeld und Verteidigung kann er auch. Durfte gegen die Slowakei auf der rechten Außenbahn ran, schickte dabei den Ball ein paar Mal schön in die Spitze. Bei Abwehrversuchen meist etwas zu ungestüm: Aber auch in jeder guten Nachbarschaft geht mal was kaputt.

Jérôme Boateng

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Jérôme Boateng: Fand sich nach dem Aufwachen am Sonntagmorgen auf einmal in einer politischen Debatte wieder. Man wolle einen Boateng nicht als Nachbar haben, wurde AfD-Vizechef Alexander Gauland von der FAZ zitiert. Die Fans in Augsburg wollten Boateng sehr wohl als Nachbar: Sie baten darum sogar auf Plakaten. Boateng spielte Fußball, sprang nach einem frühen Eckball von Götze Boatengmäßig in den Ball, beförderte ihn dann volley Richtung slowakischer Torwart. Hatte nicht viel zu tun, wurde beim Nickerchen im heimischen Garten dann übel erwischt: In der 41. Minute zog Marek Hamsik zentral ab, 1:1. Boateng kam tapfer noch einmal auf die Rutschbahn zurück, in der 64. Minute gab ihm Löw wieder Freizeit.

Antonio Rüdiger

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(Foto: REUTERS)

War mal ein Neuköllner Junge, wurde dann ein Stuttgarter und ist nun ein Römer. Entwickelte sich da zum besonders begehrten Nachbarn, ruft im Mittelmeerklima immer stärkere Leistungen ab. Hatte gegen die Slowakei kaum Gelegenheit, das zu beweisen - als linker Verteidiger in der Dreierkette kaum gefordert. In der zweiten Hälfte nur noch schlitternd unterwegs.

Jonas Hector

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Wurde zuletzt in einem Image-Film des DFB als Thriller-lesender Schlaubischlumpf beworben. Würde als Nachbar wohl regelmäßig Leseempfehlungen über die Gartenhecke brüllen. Ließ die Lektüre gegen die Slowakei daheim, flitzte stattdessen auf der linken Seite fleißig auf und ab. Hatte in der 27. Minute sogar einen Torabschluss, kam aus allzu spitzem Winkel aber nur bis zu Torwart Matus Kozacik. Zeigte in Augsburg mehrere Lektion moderner Fußballtechnik: Hector mit zackigem Doppelpass, Hector mit klug berechneten Flanken. Ganz praktisch für eine EM.

Joshua Kimmich

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Xabi Alonso? Arturo Vidal? Bastian Schweinsteiger? Kimmich boxte sich gleich in der ersten Saison beim FC Bayern den Weg frei, was gegen solche Konkurrenten ziemlich beachtlich ist. Joachim Löw lud ihn folgerichtig in die DFB-Hausgemeinschaft ein, gegen die Slowakei stand er sogleich in der Start-Elf, als Rechtsverteidiger. Machte dort eine gute Figur - bis das Unwetter über den DFB zog. Beim 2:1 durch die Slowaken misslang Kimmich der Abwehrversuch, Michal Duris köpfelte unbedrängt ein. Empfahl sich eher fürs Mittelfeld bei der EM.

Sami Khedira

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Spielte nach überstandener Wadenverletzung wieder mit, darf sich nach dieser Saison nun italienischer Meister mit Juventus Turin nennen. War als einer der wenigen Routiniers mit nach Augsburg gereist und zeigte, dass er die Kapitänsbinde zurecht tragen durfte: Khedira setzte die junge Riege vor sich mit feinen Pässen in Szene. Kam nach dem Hagelgewitter nicht zurück auf den Platz - er ist für den EM-Kader ja auch gesetzt.

Mario Götze

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(Foto: AFP)

Eine positive Nachricht für Götze: Auch wenn der FC Bayern ihm eine andere Nachbarschaft empfiehlt, nimmt ihn den Rest der 81 Millionen Deutschen sicher gerne in der Gemeinde auf. War gegen die Slowakei wie ein hyperaktiver Zugezogener, der versucht, es allen recht zu machen. Zeigte sich vorne, zeigte sich hinten, holte dabei einen Elfmeter heraus. Doch so mancher Ball tropfte einfach von ihm ab, so mancher Pass trudelte zum Gegner. Konnte sich trotzdem willkommen fühlen.

Julian Draxler

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Ist immer noch erst 22 Jahre alt, feiert dieses Jahr aber schon sein Vierjähriges in der Nationalmannschaft. Sein Talent fährt gerne mal Achterbahn, gegen die Slowakei gab's einen Zwischenstopp weit oben: Hackentrickte Jonas Hector nach 20 Minuten an und ermöglichte damit beinahe das 2:0. So mancher Dribbler war einer zu viel, Draxler vergab dann auch selber ein Törchen. Aber einen wie er in der Nachbarschaft? Macht schon Spaß.

Leroy Sané

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(Foto: AFP)

Könnte in diesem Sommer zum Dagobert Duck der U-23-Fußballer aufsteigen: Wird nach einem Wechsel von Schalke 04 zu welchem Verein auch immer in Geld baden können. Ist dann ein geeigneter Ansprechpartner für Alarmanlagen in der Nachbarschaft. War gegen die Slowakei ein begehrter Anspielpartner, weil er famose Dinge mit dem Ball anstellen kann. Sané spielte, passte, dribbelte - aber den famosesten Auftritt hatte hier sein Nachbar Draxler.

Mario Gomez

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Der verschollene Nachbar im DFB-Team. Wurde über Jahre nicht gesichtet, war aber irgendwie immer präsent. Schoss sich nun mit 26 Saisontoren bei Besiktas Istanbul wieder in den DFB-Kader. Hatte sich für seine Wiedereingliederung mehr als einen Sekt-Empfang unter alten neuen Nachbarn ausgedacht: Eröffnete die DFB-Führung gleich mal mit einem feinen Elfmeter. Mischte eifrig in der Spielgestaltung mit, verdaddelte dann aber auch mal ein paar Bälle.

Marc-André ter Stegen

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(Foto: Alex Grimm/Getty Images)

Kam in der zweiten Halbzeit für Bernd Leno auf den Platz - und fand ein Schlachtfeld vor. Als hätte sich ein Wasserrohrbruch über seine Nachbarschaft ergossen, stapfte ter Stegen in sein Tor. Das Wasser quarkschte, der Ball trudelte - und dann flutschte der Ball ihm durch die Finger zum 1:3 ins Tor. Hätte an diesem Sonntag wohl lieber einen Ausflug in schönere Gegend gemacht.

Julian Weigl

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(Foto: REUTERS)

Kam von 1860 München zum BVB, wurde dort sofort unverzichtbar. Steckt in der undankbaren Situation, sich für einen Platz im EM-Kader gegen diesen Joshua Kimmich behaupten zu müssen. Kimmich hatte in Augsburg Abwehrwackler, trotzdem steckte Weigl auch da in der undankbaren Position: Er kam erst auf den Platz, als sich dieser schon in ein Matschfeld verwandelt hatte. Weigl mischte sich unter die Nachbarschaft wie bei einer Grillfete. Blieb aber ein unscheinbarer Partygast.

Julian Brandt

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

War sehr dankbar, dass Löw ihn in den vorläufigen EM-Kader berufen hat. Steckt aber in der undankbaren Situation, sich gegen diesen Sané behaupten zu müssen. Wollte vor der Partie gegen die Slowakei "nur keinen Stress aufkommen lassen", der Stress kam dann mit dem Gewitter: Wurde in der 47. Minute für Mario Gomez eingewechselt, Brandt musste sich bei einer Partie Wasserball für die EM empfehlen. Zeigte dabei durchaus Talent: Legte mehrfach Götze den Ball in den Strafraum, dribbelte dort auch selber mal stressfrei.

Benedikt Höwedes

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(Foto: REUTERS)

Ist ein ziemlich zuverlässiger Wachhund im DFB-Team: Bellte als Erster, nachdem die Nachbarschaftstauglichkeit von Jérôme Boateng in Frage gestellt wurde. "Wenn du für Deutschland Titel gewinnen willst, brauchst du Nachbarn wie ihn", twitterte Höwedes. Im Januar mit Muskelfaserriss in der Wade, kam in der 64. Minute für Boateng und lief sich für die EM warm. Kann das auch mit nassen Füßen.

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