DFB:Alle Fragen wieder auf den Tisch

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DFB-Interimspräsident Peter Peters. (Foto: Maik Hölter/TEAM2/Imago)

DFB-Interimspräsident Peter Peters will, dass der mysteriöse Vertrag des Medienberaters Kurt Diekmann erneut in einer Präsidiumssitzung diskutiert wird. Nach den neuesten Erkenntnissen wachsen im DFB Unruhe und Misstrauen.

Von Thomas Kistner

Am Tag danach herrschte Schockstarre in der Frankfurter DFB-Zentrale. Schließlich lassen neue Entwicklungen in der Geschäftsaffäre um das Wirken des Medienberaters Kurt Diekmann einen brisanten Verdacht jetzt langsam zur Gewissheit gerinnen: Der Nachrichtenhändler hat neben seiner bisher dargelegten, für zwei Finanzprüfer-Stäbe nicht nachvollziehbaren Kommunikationsarbeit für neue DFB-Projekte ab April 2019 auch noch ganz andere Aktivitäten entfaltet: in der vertraulichen Verbandspolitik. Und das zu einem Zeitpunkt, bevor er mit einem 360 000 Euro schweren Vertrag ausgestattet wurde, dessen Sinnhaftigkeit sich bisher niemandem erschließt.

Diekmann hat nach neuer Aktenlage schon Anfang Februar 2019 kenntnisreich einen Antwortenkatalog des DFB auf eine umfassende Anfrage des Magazins Der Spiegel bearbeitet. Den Sachverhalt will der DFB auf konkrete Anfrage weder dementieren noch kommentieren; auch Diekmann lässt nur mitteilen, er äußere sich prinzipiell nicht zu "geschäftlichen Vorgängen, Vertragspartnern, Abläufen und Forderungen". Das bringt klare Hinweise dafür auf den Tisch, dass der Medienagent auch vertraulichste, bisher verschwiegene Aufgaben im Deutschen Fußball-Bund wahrgenommen hat. Was wiederum das damalige Spitzentrio um den heutigen Interimschef Rainer Koch, Schatzmeister Stephan Osnabrügge sowie den im Juni abgetretenen Generalsekretär Friedrich Curtius unter Erklärungsdruck setzt. Denn damals wusste einer definitiv nicht von Diekmanns diskreten DFB-Diensten: der Präsident Reinhard Grindel. Er trat nach zahlreichen Enthüllungen im April 2019 zurück: sechs Monate nachdem Diekmann seinen Geschäftspartnern beim Nachrichtenmagazin gemailt hatte, die "P-Demontage" habe begonnen; gemeint war die Demontage des Präsidenten Grindel, und es folgten konkrete Angaben zu dessen diversen Einkünften. Dann, wenige Tage vor Grindels Rücktritt, vermeldete der Nachrichtenhändler in einer Mail, dass eine Spiegel-Anfrage den "Grinch" wie eine "Großkalibersalve" erwischt habe.

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Wofür erhielt Medienberater Kurt Diekmann 372 000 Euro vom Fußball-Verband? Diese Frage steht seit Monaten im Zentrum des DFB-Chaos. SZ-Recherchen legen nahe: Top-Funktionäre um Interimschef Rainer Koch haben im Bezug auf dessen Wirken die Unwahrheit gesagt.

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Sehr pikant also, dass er nach Aktenlage zu der Zeit bereits selbst für den Grindel-DFB tätig gewesen war. Und dass er sich auch Tätigkeiten für den Verband notiert hatte: In einer Auflistung zu Einnahmen und Außenständen seiner Kientel mit Datum 28. Februar 2019 sind auch gestaffelte Forderungen an den DFB in Höhe von insgesamt 16 000 Euro vermerkt. Und die waren laut Zuordnung zu dem Zeitpunkt noch nicht verschickt worden. Diekmann erklärte auf Anfrage, es ginge um "vertrauliche Geschäftsunterlagen", die den Geschäftsbereich seiner Mandanten "nicht legal" verlassen haben könnten.

Verbandsintern wächst große Unruhe. Die Affäre entwickelt sich scheibchenweise, weshalb manche Leute nun endgültig auf Klarheit drängen. Und bei immer mehr herrscht das Gefühl vor, dass betroffene DFB-Spitzenleute gewisse Dinge verbergen wollen. Für Peter Peters und die Deutsche Fußball-Liga (DFL) ist das Maß voll. Peters, neben Koch Interimspräsident des DFB, will all die offenen Fragen zu Diekmanns Diensten auf die Agenda der nächsten Präsidiumssitzung hieven, und sich nicht mit Andeutungen oder Ausflüchten wie der abspeisen lassen, dass der Agent halt ein Spindoktor sei, weshalb sein Treiben einer gewissen Geheimhaltung bedürfte. Aus DFB-Sicht geht es um stolze 360 000 Euro aus gemeinnützigen Geldern. Und wer weiß, vielleicht stecken noch andere Themen hinter diesem Mysterium?

Insofern wollen Peters und das Profilager nun auch den Abschlussbericht des internen Prüfausschusses breit diskutieren. Dieser Ausschuss ging ja den bisherigen Fragen zum Beratervertrag schon über Monate hinweg, mit Hilfe der externen Buchprüfungsgesellschaft Ebner Stolz, nach. Allerdings prüften sie alle nur die angeblichen Leistungen zum offiziellen (auf 1. Mai 2019 datierten Vertrag) des Beraters, der im Kern zwei Projekte medial begleiten sollte: eine Untersuchung der ebenfalls neue angeheuerten Forsensikerfirma Esecon zur Zusammenarbeit des DFB mit dessen Langzeitvermarkter Infront sowie eine vertiefte Prüfung der WM-2006-Affäre.

In ihrem Schlussbericht halten die Revisoren deutlich fest, dass sie nach wie vor keine Klarheit zu Diekmanns wahren Dienstleistungen hätten - die neuen Erkenntnisse gab es da noch gar nicht. Dass Peters nun auch dieses Papier ausbreiten will, könnte das von Koch gerade wieder zusammengefügte Amateurlager endgültig wachrütteln. Zudem will auch der Prüfausschuss die für das Gremium neuen Sachverhalte bei der nächsten Sitzung diskutieren - samt möglicher Konsequenzen.

Das neue Bruchband, das die divergierenden Kräfte im Amateurlager bis zum vorgezogenen Wahl-Bundestag am 11. März zusammenhalten soll, heißt Bernd Neuendorf. Und der frühere SPD-Politiker gilt nicht als Mann, der dem Parteifreund Koch in den Arm fallen würde - dieser Eindruck verbreitet sich seit Wochen rasant unter den Landespräsidenten. Neuendorf, wird aus immer mehr Gesprächen berichtet, könne sich den vielbeschworenen Aufbruch in eine neue DFB-Ära durchaus mit Koch in wichtiger Funktion vorstellen. Offiziell hält sich der SPD-Mann zur Kandidatur-Frage bedeckt, in Verbandskreisen wird er längst als neuer Präsident heiß diskutiert. Zumal Koch beim dreitägigen Sitzungsmarathon in Hamburg letztes Wochenende den Amateuren eine denkwürdige Erklärung abgerungen hat: Sie wollen nur einen Präsidentschaftskandidaten aus ihrer Mitte unterstützen.

Für kundige Beobachter zeichnet sich da die nächste Reise in eine DFB-Zukunft mit altvertrauten Zügen ab. Eine Karussellfahrt: Novize Neuendorf, erst seit 2019 Landeschef am Mittelrhein und bar jeder Insiderkenntnisse im Riesenverband DFB, soll Präsident werden. Seinen Thron am Mittelhein erbt der vom DFB scheidende Schatzmeister Osnabrügge. Und Kochs Job als erster Vizepräsident Amateure, den freizumachen er versprochen hat, fällt einem Vertreter der Koch'schen Südverbände zu - wie dem getreuen Vize Ronny Zimmermann. Koch selbst würde weiter den fürstlich vergüteten Job im Uefa-Vorstand auszuüben. Aber wenn der Neue Neuendorf oder seine Vertrauten wichtige Anliegen haben, zu Personal, Verbands- oder Geschäftspolitik, können sie sich ja vertrauensvoll an ihn wenden.

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