DFB-Sieg in Spanien:Die Höllenhunde stehen bereit

Lesezeit: 2 min

Überzeugend gegen Spanien: Torwart Ron-Robert Zieler. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Zieler überzeugt als Neuer-Ersatz, Mustafi dirigiert die Dreierkette: Beim Testspielerfolg gegen Spanien freut sich Bundestrainer Löw über mutige Auftritte seiner Ersatzleute. Doch es gibt auch Verlierer der Länderspielreise.

Von Jonas Beckenkamp, Vigo

Aus irgendeinem Nadelöhr mussten die Spieler raus aus dieser Ruine namens Estadio de Balaidos - und weil der deutsche Mannschaftsbus noch auf sich warten ließ, staute es sich. Ein riesiges Haarbüschel stand dort rum, das sich später als Carles Puyol entpuppte. Der Spanier war privat zugegen, seine Karriere als internationale Größe ist längst vorbei. Im Kabinentrakt vermochte Puyol aber trotz seiner Kämpfernatur keine Ordnung zu schaffen.

Ein wogendes Menschengedränge sorgte dafür, dass sich Deutsche, Spanier, Journalisten und das gesammelte Hausmeisterpersonal des Stadions wie auf dem Rummel durch die Gänge drückten. Dann schlängelte sich Thomas Müller vorbei, er hatte natürlich wieder den besten Spruch im Gepäck: "Meine linke Arschbacke hat's erwischt." Dem Münchner war bei einem Duell Sergio Ramos ins Kreuz gesprungen - unter den Höllenhunden des spanischen Fußballs rangiert der gleich hinter Puyol, es tat also weh.

DFB-Sieg in Spanien
:Alle Wünsche erfüllt

Nach den Schluffi-Momenten gegen Irland und Gibraltar unterstreicht die DFB-Elf im letzten Länderspiel des Jahres ihre Reife. Nach dem WM-Triumph besiegt die Nationalmannschaft sogar das große Vorbild Spanien - auch wegen eines Taktik-Kniffs von Bundestrainer Löw.

Von Jonas Beckenkamp

Müller trug den erlittenen Pferdekuss mit Fassung, er hatte sogar noch Zeit, die Kollegen in den Fokus zu rücken. Als sich Torwart Ron-Robert Zieler seinen Weg bahnte, rief Müller: "Klasse, Ron!" Tatsächlich bewies der Menschenfreund Müller damit ein Gespür für die Geschehnisse, denn Zieler hatte seine Sache sehr ordentlich gemacht. Er war neben Antonio Rüdiger, Shkodran Mustafi, Sebastian Rudy und Kevin Volland an diesem Abend einer der Gewinner aus der zweiten Reihe der DFB-Elf.

Zieler selbst freute sich nach seinem vierten Länderspiel über "einen tollen Abend" und das "Vertrauen des Bundestrainers". Etwas überraschend durfte der Hannoveraner die ganzen 90 Minuten ins Tor - er rechtfertigte seinen Einsatz mit einigen ebenso höllenhundiartigen Paraden.

Joachim Löw hatte auf Job-Sharing mit Roman Weidenfeller verzichtet. Er nahm Zielers Leistung wohlwollend zur Kenntnis und baut wohl vorerst auf den 25-Jährigen als Nummer zwei hinter Manuel Neuer.

Überhaupt zeigte sich der Bundestrainer sehr angetan, dass nach der Enttäuschung gegen Gibraltar endlich seine Ersatzleute den Willen demonstrierten, ins Team zu drängen: "Ron hat mir sehr, sehr gut gefallen, vor allem in der zweiten Halbzeit", fand Löw, "die Ruhe, mit der er von hinten raus die Bälle gespielt hat," sei beeindruckend gewesen. Und die positiven Erkenntnisse zogen sich fort. Vor Zieler präsentierte sich der Stuttgarter Rüdiger als variabler, energischer Abwehrturm, der kleine technische Probleme mit viel puyolscher Rackerei ausglich.

Nebendran ordnete Mustafi als umsichtiger Direktor die Dreierkette. "Ich war heute eine Art Libero, da war es meine Aufgabe, zu führen", erklärte der Mann vom FC Valencia seine wortreichen Anweisungen ans Kollegium. Und auch das Hoffenheimer Duo Kevin Volland und Sebastian Rudy trug mit geschickten Laufwegen zum Gelingen dieses Abends bei - während vorne Karim Bellarabi Verwirrung stiftete. Dass Linksverteidiger Erik Durm weiterhin Probleme hat, fiel so kaum ins Gewicht.

Löw hatte nach dem Gibraltar-Durchhänger mit den Ersatzleuten gehadert - diesmal bekam er den geforderten Esprit. "Wir wollten heute das Gefühl erwecken, auch bei den Spielern, dass wir Bereitschaft, Willen und Einsatz haben", sagte er, "von daher war ich mit der Spielweise sehr einverstanden, auch wenn wir 0:0 gespielt hätten, wäre ich hochzufrieden gewesen." Der Bundestrainer entwickelt gerade ein Gefühl für die zukünftigen Möglichkeiten seiner Mannschaft und er ist dankbar über jede Alternative, die sich auftut.

DFB-Elf in der Einzelkritik
:Rüdiger werkelt wie ein Hafenarbeiter

Stuttgarter Verteidiger bremst die Turbowusler, Sami Khedira beschwört die Regengötter und am Ende denken die Spanier: "Krass, dieser Kross". Die DFB-Elf beim 1:0 in Spanien in der Einzelkritik

Von Jonas Beckenkamp, Vigo

Zu denen zählt in diesen Tagen explizit nicht Lukas Podolski, der zwar grinsend im Gequetsche vor dem Mannschaftsbus herumlief, aber trotz aller Personalvakanzen keine Minute gespielt hatte. Dass der einstige Löw-Liebling im kommenden Jahr noch eine Rolle spielt, wird immer unwahrscheinlicher. Schließlich kehrt mit Jérôme Boateng, Mats Hummels, Bastian Schweinsteiger, Marco Reus, Christoph Kramer, André Schürrle und Julian Draxler eine halbe Weltmeister-Elf aus dem Krankenstand zurück.

Wenn alle fit sind, wird das DFB-Team gewiss ein anderes Gesicht haben. Aber fürs Erste geht es mit der Gewissheit in den Winter, dass der Post-WM-Kater zwar einige Monate andauerte, aber überstanden ist.

© Süddeutsche.de/jbe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: