Leipzig im DFB-Pokal:Nkunku ist viel zu schnell

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Zu stark für Hannover: Leipzigs Christopher Nkunku. (Foto: Fabian Bimmer/Reuters)

RB Leipzig gewinnt sein Viertelfinale beim Zweitligisten Hannover 4:0 und muss sich nur eines vorwerfen lassen: dass das Ergebnis nicht noch viel höher ausfällt.

Von Carsten Scheele, Hannover

Christopher Nkunku hat sich den Ruf erarbeitet, für die meisten Bundesliga-Abwehrspieler zu schnell unterwegs zu sein. Wenn der Leipziger antritt, am besten noch eine kleine Trickserei einstreut, wird es für die meisten Abwehrmänner brenzlig. Da ist es schon eine Versuchsanordnung der gemeineren Art, wenn Nkunku im DFB-Pokal, wie am Mittwochabend bei Hannover 96, auf ein paar Zweitligaverteidiger trifft, die sich zwar ehrlich bemühen, den Franzosen dingfest zu machen, am Ende aber doch Zweitligaverteidiger sind.

Nkunku, 24, hat jedenfalls nur zwei Angriffe gebraucht, um dieses Viertelfinale zu entscheiden und sein Team in die Runde der letzten Vier des DFB-Pokals zu beordern: Eine Viertelstunde lang durfte der Zweitligist vom nächsten Pokalcoup und der möglichen Reise zum Pokalfinale nach Berlin träumen - 30 Jahre, nachdem 96 schon einmal hochüberraschend den Titel geholt hat, als bislang einziger Zweitligaverein, dem dieses Stück Fußballgeschichte gelungen ist.

Doch dann trat Nkunku am Mittwochabend zweimal an. Er erlief einen Steilpass von Dani Olmo und brachte den Ball aus elf Metern kühl im Tor unter (17.). Fünf Minuten später, quasi im nächsten Angriff, umkurvte Nkunku 96-Torwart Ron-Robert Zieler, legte sich den Ball etwas zu weit vor, erhaschte das Spielgerät aber, ließ Abwehrspieler Marcel Franke ins Leere rutschen und vollendete aus spitzem Winkel zum zweiten Treffer (22.). Ziemlich frech, aber auch ziemlich gut. Nkunkus Aktionen waren "der Öffner für dieses Spiel", sagte RB-Trainer Domenico Tedesco.

Hannover 96 beratschlagt über den Rauswurf von Gerhard Schröder

Mit lockerem Auslaufen war der weitere Pokalabend für die Leipziger gut umschrieben. Da Hannover nach dem frühen Doppelschlag gänzlich der Mut verließ, hätte RB mit Leichtigkeit ein richtig hohes Ergebnis rausschießen können. Doch es wurden "nur" noch zwei Tore durch Konrad Laimer (67.) und André Silva (73.), die den 4:0-Endstand besorgten. "Wir sind total dominant aufgetreten. Wir stehen absolut verdient im Halbfinale", sagte Mittelfeldspieler Kevin Kampl. RB ist weiter in drei Wettbewerben vertreten, neben der Bundesliga und dem Pokal auch in der Europa League. Da gefiel es Tedesco ganz gut, dass die Spieler ein paar Kräfte schonten.

Nkunku machte sich trotzdem noch einen Spaß, jonglierte erst den Ball an der Seitenlinie mit dem Fuß, schickte dann Steilpässe per Hacke auf seine Mitspieler - was ihn nicht unbedingt zum beliebtesten Leipziger im Stadion machte. Das Publikum pfiff ihn aus, aber Nkunku beschäftige das wenig. Während Hannover sich nun für die restliche Saison im Niemandsland der zweiten Liga (aktuell Tabellenplatz 12) motivieren muss, wartet RB Leipzig auf die Halbfinal-Auslosung am Sonntag. Und dürfte beim Blick auf das verbliebene Teilnehmerfeld, ohne den FC Bayern oder Borussia Dortmund, die bereits ausgeschieden sind, als Titelfavorit gelten.

Der Krieg in der Ukraine war auch vor diesem Spiel das beherrschende Begleitthema. Vor dem Stadion standen Busse, organisiert von Hannover 96, in die von den Fans mitgebrachte Hilfsgüter verladen wurden; das Ziel ist die polnisch-ukrainische Grenze. Im Stadion gab es die obligatorische Schweigeminute - und dann war da die Sache mit Gerhard Schröder, dem früheren Kanzler, der bei 96 alles andere als ein gewöhnlicher Fan ist.

Schröder gilt als guter Bekannter von 96-Boss Martin Kind und war sogar Aufsichtsratschef der Fußballgesellschaft, von 2016 bis 2019. Nun prüft der Mutterverein den Rauswurf Schröders wegen dessen Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin, von dem sich Schröder seit Kriegsausbruch nicht distanziert hat. Die Profigesellschaft, der Kind vorsteht, ziert sich indes. Schröder sei "für uns gerade kein Thema", sagte Kind, was in der niedersächsischen Hauptstadt als befremdlicher Kommentar aufgefasst wurde. Schließlich ist die Stadt Hannover gerade dabei, dem früheren Kanzler und Ministerpräsidenten die Ehrenbürgerwürde wegzunehmen.

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